US-Präsident in Saudi-Arabien

"Man setzt große Hoffnungen auf Donald Trump"

US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania Trump verlassen am 20.05.2017 am King Khalid International Airport in Riad (Saudi-Arabien) die Air Force One.
US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania Trump bei der Ankunft in Riad (Saudi-Arabien) © Evan Vucci/AP/dpa
Jens Heibach im Gespräch mit Ute Welty · 20.05.2017
Saudi-Arabien ist die erste Station der Nahost-Reise des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Ein gutes Verhältnis zwischen beiden Staaten sei den Gastgebern wichtig, sagt Politikwissenschaftler Jens Heibach. In letzter Zeit sei es durch Barack Obamas Kritik belastet gewesen.
Ute Welty: Es ist die erste Auslandsreise des amerikanischen Präsidenten. Und die führt Donald Trump ausgerechnet nach Saudi-Arabien. Der Mann, der Muslimen die Einreise verbieten will, ganz nah an den Heiligsten Stätten der Muslime, an Mekka und Medina.
Die Saudis wollen es ihrem Gast in allen Belangen offenbar recht machen und fliegen dessen Lieblingsmoderator und dessen Lieblingssänger ein. Aber lohnt der ganze Aufwand? Das kann ich jetzt mit Jens Heibach vom Hamburger GIGA Institut für Nahost-Studien besprechen. Guten Morgen, Herr Heibach!
Jens Heibach: Guten Morgen!
Welty: Warum geben sich die Saudis solche Mühe um den amerikanischen Präsidenten? Selbst mit der sprichwörtlichen arabischen Gastfreundschaft ist das ja alles nur schwer zu erklären!
Heibach: Das hat gleich mehrere Gründe, denke ich. Zum einen ist das saudisch-amerikanische Verhältnis ganz wichtig für die Sicherheit am Golf, zumindest aus Sicht vergangener amerikanischer Administrationen, aber auch aus Sicht Saudi-Arabiens. Und dieses Verhältnis hat unter Präsident Obama, unter der vergangenen Administration sehr gelitten.
Das hatte mehrere Gründe. Das hatte zum einen einen strategischen Perspektivwechsel und einen Politikwechsel eher Richtung Asien, das hat aber auch zu tun mit Obamas Kritik an Menschenrechten und Einforderung von politischen Reformen. Das hatte vor allen Dingen auch zu tun mit dem Iran-Abkommen, dem Wiener Iran-Abkommen, Atom-Abkommen.
Und all das gefiel Saudi-Arabien überhaupt nicht, sie sahen sich allein gelassen und sahen sich in ihrer Sicherheit gefährdet. Insofern setzt man große Hoffnungen in Donald Trump, auch und vor allen Dingen was die Konflikte im Nahen und Mittleren Osten anbetrifft.

Stillschweigen über das Thema Einreiseverbot für Muslime

Welty: Und da stört es auch niemanden, dass Trump zum Beispiel nicht jeden Muslim einreisen lassen möchte?
Heibach: Das sieht man in Saudi-Arabien natürlich nicht so gerne, versucht aber, darüber Stillschweigen zu behalten. Denn Saudi-Arabien genauso wie zum Beispiel der Partner Ägypten waren von diesem Bann ja nicht betroffen. Im Gegenteil, der Großmufti in Saudi-Arabien hatte vor kurzem noch Trump als Freunde der Muslime dargestellt. Also, offiziell versucht man das einfach kleinzuhalten.
Welty: Die Rolle Saudi-Arabiens gegenüber dem selbsternannten Islamischen Staat ist eine vielschichtige. Auf der einen Seite will man den IS, diese Terroristen bekämpfen, auf der anderen Seite fördert man aber auch Extremismus. Könnte sich das zum Knackpunkt der saudisch-amerikanischen Beziehungen entwickeln?
Heibach: Nein. Also, dass man keine gemeinsamen Werte verfolgt, war in der Vergangenheit eigentlich nie ein wirkliches Problem. Es gab immer Momente, an denen das Ganze hochkochte, zum Beispiel nach dem 11. September. Aber im Grunde genommen hat man darüber hinweggesehen.
Dieser sogenannte Export der Wahhabiyya ist im Übrigen auch nicht so leicht zu fassen, denn Saudi-Arabien weiß sehr wohl, dass die eigene Sicherheit, die Sicherheit des Herrscherhauses massiv gefährdet ist durch radikalen oder durch Terrorismus, durch islamischen Terrorismus.
Man sitzt allerdings in einer Zwickmühle: Die eigene Legitimität basiert auf eben dieser Verbreitung der Wahhabiyya. Andererseits kämpft man mit den sicherheitspolitischen Folgen, die sich gegen das eigene Herrscherhaus richten. Insofern ist es nicht ganz so leicht auf einen Punkt zu bringen, da hier im Grunde genommen zwei entgegengesetzte Tendenzen aufeinandertreffen.

Kompliziertes Verhältnis zum Iran

Welty: Versuchen wir es trotzdem noch mal von einer anderen Seite her auf den Punkt zu bringen: Sie haben das komplizierte Verhältnis Saudi-Arabien / Iran schon angesprochen. Geht es womöglich aus saudischer Sicht gar nicht so sehr um die USA, sondern vielmehr darum, sich gegen den Erzfeind Iran abzugrenzen?
Heibach: Das gehört zusammen, denke ich. Saudi-Arabien und der Iran, vor der Islamischen Revolution 1979, verfügten über sehr gute Beziehungen, über sehr belastbare bilaterale Beziehungen. Das Ganze änderte sich nach der Islamischen Revolution und mit dem Anspruch Irans, eben diese iranisch-islamische Revolution zu exportieren. Damit griff man Saudi-Arabien mehr oder weniger direkt an.
Zwar gab es Entspannungsphasen, allerdings nach 2003, dem Krieg im Irak, der als großer Geländegewinn für den Iran interpretiert wurde, und nach den Aufständen 2011 und dem Machtzuwachs Irans im Zuge dessen spitzt sich der Konflikt erneut zu und wird immer gefährlicher tatsächlich.
Und ja, wir können viele Konflikte, wenngleich nicht alle Konflikte, die derzeit im Nahen Osten vonstattengehen, tatsächlich in gewisser Hinsicht aus einer Perspektive des Stellvertreterkriegs zwischen Saudi-Arabien und dem Iran beleuchten. Das ist zumindest eine Dimension, allerdings nicht die einzige.
Welty: Die anderen sind dann welche?
Heibach: In der Regel sind es tatsächlich innenpolitische Konflikte. Sehen wir uns zum Beispiel den Konflikt im Jemen an, das wird gerade auch in saudischen Medien und in regionalen Medien, die von Saudi-Arabien oftmals dominiert werden, dargestellt als tatsächlicher Krieg gegen den Iran beziehungsweise gegen die vom Iran unterstützten Huthis.
Tatsächlich hat der Iran allerdings im Jemen recht wenige Interessen, geringe Interessen. Und die Unterstützung, die der Iran den Huthis zukommen lassen soll, wurde eigentlich gerade im Bereich der Waffenlieferungen nie wirklich konkret nachgewiesen. Beziehungsweise das Gegenteil wurde eigentlich von zum Beispiel dem Panel of Experts im Jemen – das ist ein Gremium, das dem UN-Sicherheitsrat berichtet – immer infrage gestellt. Also, insofern: Nein, diese Konflikte haben ganz oft natürlich eine innenpolitische Dimension, die den Anlass von diesem Konflikt gibt, aber dieser konfessionelle Konflikt und der Narrativ darüber wird immer wichtiger und leider auch wirkmächtiger.

Gefahr für die absolute Monarchie

Welty: Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie. Das sind Machtverhältnisse, von denen ein Trump nachts nur träumen kann, und Sonderermittler dürften in diesen Träumen keine Rolle spielen. Sehen Sie Anzeichen dafür, dass sich das jemals ändern könnte? Also nicht Trumps Träume, aber die Machtverhältnisse in Saudi-Arabien?
Heibach: Das ist eine schwere Frage. Es gab gerade unter der Bush-Administration erste Anzeichen einer Öffnung, allerdings war das eher Schaufensterpolitik. Es gab zum Beispiel die ersten freien Kommunalwahlen, dann auch eine Beteiligung des weiblichen Teils der Bevölkerung eben an diesen Wahlen, der letzten Runde der Kommunalwahlen.
Allerdings - nein, Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie. Und um die Herrschaft der Königsfamilie der Al Saud tatsächlich aufrechtzuerhalten kann es keine weitere Liberalisierung geben. Ansonsten: Gäbe es tatsächlich freie Wahlen, wäre ein Fortbestehen der Dynastie höchst fragwürdig.
Welty: Der amerikanische Präsident zu Besuch in Saudi-Arabien, darüber habe ich mit Jens Heibach vom Hamburger GIGA Institut gesprochen. Haben Sie herzlichen Dank für dieses Gespräch!
Heibach: Ich danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. DLFKultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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