Unterschätzte Elektroschock-Waffen

Taser können töten

07:53 Minuten
Polizeibeamte sind im Görlitzer Park in Berlin unterwegs.
Bei normalen Polizeistreifen sollten Taser nicht zur Standard-Ausrüstung zählen, meint Maria Scharlau. © picture alliance/dpa/Paul Zinken
Maria Scharlau im Gespräch mit Ute Welty · 27.05.2020
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Statt Schuss lieber Elektroschock: In immer mehr Bundesländern wird Streifenpolizei mit sogenannten Tasern ausgestattet. Was vermeintlich Leben schont, könne lebensgefährlich sein, warnt Maria Scharlau von Amnesty International.
In einigen Bundesländern ist es bereits erlaubt: Bei polizeilichen Streifen dürfen Elektroschock-Pistolen eingesetzt werden, eine Praxis, die Amnesty International kritisiert: "In Hessen und Rheinland-Pfalz kam es schon zu Todesfällen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Tasern", sagt Maria Scharlau, Juristin und Völkerrechtsexpertin bei AI.
Oft würden Taser als ein "Mittel zur Deeskalation" beworben. Amnesty warne aber davor, dass Polizei und Politik deren Gefährlichkeit "massiv unterschätzen". Beim Einsatz von Elektroschock-Pistolen werde ein schmerzhafter Stromschlag abgegeben, der den Menschen außer Gefecht setze, so Scharlau.
Grundsätzlich sei das nicht gesundheitsschädigend: "Aber es gibt eine Reihe von Ausnahmen, unter denen Menschen doch schwer verletzt werden können oder sogar sterben können."

Risiko für Menschen unter Drogeneinfluss

Risikofaktoren seien zum Beispiel Vorerkrankungen am Herzen. Gefährlich sei es auch für Menschen unter Drogeneinfluss. Sie seien aber häufig die "Zielgruppe" – etwa wenn sie randalieren. Dabei warnten selbst die Hersteller vor einem Einsatz in derartigen Fällen.
Dass sich der Taser als Mittel der Wahl innerhalb der Polizei immer mehr durchsetzt, bezweifelt Scharlau nicht. Es müsse aber klare Voraussetzungen geben. Dazu zähle eine genaue Schulung. Eine allgemeine Bewaffnung der Streifenpolizei mit Elektroschock-Waffen sollte es nicht geben, meint Scharlau, die zu dem Thema auch im aktuellen Grundrechtereport Stellung bezieht.
Das müsse weiterhin gut ausgebildeten Spezialeinheiten vorbehalten bleiben. Auch detallierte Einsatzvorschriften seien wichtig:
"Man muss sich auch klar sein: Da, wo eine Waffe ist, wird sie genutzt. Es kann auch immer einen Missbrauch geben."
(bth)
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