unitedberlin spielt Schönberg, Berg und Giesberg

Reduktion in Perfektion

Ein Kammerensemble hat sich mit seinen modernen Instrumenten in eine Gruppe gestellt und lächelt in die Kamera.
Gründungsmitglied Andreas Bräutigam (sitzend) zum Ensemble unitedberlin: "Wir verstehen uns als Galeristen musikalischer Avantgarde." © unitedberlin / Mathias Bothor
Moderation: Elisabeth Hahn · 20.02.2022
Konzerte mit kleinem Ensemble haben Vorteile. Das wusste schon Arnold Schönberg, der für Privataufführungen große Werke in der Besetzung genial reduzierte. Solche Kleinode präsentiert das ensemble unitedberlin samt Uraufführung von Arne Gieshoff.
Als Arnold Schönberg vor rund 100 Jahren den „Verein für musikalische Privataufführungen“ gründete, wollte er damit „ Künstlern und Kunstfreunden eine wirkliche und genaue Kenntnis moderner Musik verschaffen“.

Kammerklang statt Orchestersound

Weil ihm für die Konzerte kein Orchester zur Verfügung stand, wurden groß besetzte Werke von ihm einfach für Kammerensemble umgeschrieben. Zum Beispiel seine Fünf Orchesterstücke op. 16. Eine große Kunst, alle westenlichen Bestandteile im Kleinen zu behalten.
Das ensemble unitedberlin führt einen Brückenschlag zwischen dem Damals und Heute, indem es dieses Werk in der aktuellen Bearbeitung für Kammerensemble von Felix Greissle spielt.

Ein Lied drei Mal anders  

Die kompositorische Entwicklung des Schönberg-Schülers Alban Berg zeigt sich in seinem Kunstlied „Schließe mir die Augen beide“. Berg vertonte den Text von Theodor Storm gleich zwei Mal: 1907 und 1925. Diese Vertonungen zeigen, wie sehr sich der Stil von Alban Berg verändert hatte.
Diesen großen Schritt "verkleinert" der 1988 geborene Komponist Arne Gieshoff (*1988). Er rekomponiert das Lied und schafft damit eine Art musikalischen Brückenschlag zwischen den beiden Fassungen. Er setzt seine Fassung für Kammerensembles, zwei verstärkte Spieluhren und Zuspielungen. In diesem Konzert erhält das Werk seine Uraufführung.

„Weniger Eingriffe“

Neben dieser Berg-Rekomposition stehen auch zwei originale Werke von Arne Gieshoff auf dem Programm: die „Couplets“ von 2016 und sein „Schemenspiel“ aus dem Jahr 2017.
Im Hinblick auf seine persönliche Entwicklung beobachtet Gieshoff: „Ich habe das Bedürfnis, immer weniger einzugreifen“. Die Kunst der Reduktion spiegelt sich also auch in seinem persönlichen Schaffen.

Live or stream?

Das Konzert findet im Rahmen der Reihe „Live or stream?“ statt, in dem sich das ensemble unitedberlin unter anderem mit der Frage auseinandersetzt, wie performative Künste in Zukunft wahrgenommen werden sollen und können. Dabei spielen die Bearbeitungen und Reduktionen von großen Besetzungen eine besondere Rolle, ganz im Sinne des einst von Schönberg gegründeten Vereins.
Aufzeichnung vom 16. Februar 2022 aus dem Konzerthaus Berlin

Arnold Schönberg
Fünf Orchesterstücke op. 16 in der Bearbeitung von Felix Greissle

Alban Berg
"
Schließe mir die Augen beide", Text: Theodor Storm
Fassung 1907 und Fassung 1925

Arne Gieshoff
„herz ganzes mein du“ (Uraufführung)
nach Alban Bergs „Schließe mir die Augen beide“ für Ensemble, zwei verstärkte Spieluhren und Zuspiel

Couplets für Ensemble

Schemenspiel für Ensemble

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