Umweltforscher fordert neue Wege beim Papier-Recycling
Der Umweltwissenschaftler Michael Braungart hat grundsätzliche Kritik an der bisherigen Praxis des Papier-Recyclings geübt. Eigentlich sei das Recycling sinnvoll, sagte Braungart im Deutschlandradio Kultur. Die Papierhilfschemikalien und Druckfarben seien aber nicht für die Wiederverwendung geeignet, weil sie viele krebserregende Stoffe enthielten.
Dieter Kassel: Am Telefon begrüße ich Michael Braungart. Er ist Professor für Stoffstrommanagement an der Universität Lüneburg. Gründer und wissenschaftlicher Leiter des Umweltinstituts und einiges mehr und er hat es geschafft, unmittelbar vor diesem Gespräch sein Festnetztelefon zu vernichten und deshalb begrüße ich ihn jetzt am Handy. Hallo, Herr Braungart!
Michael Braungart: Guten Tag!
Kassel: Wenn Sie jetzt diese Geschichten hören, der größte Verlag der Welt, Random House, will umstellen auf Recycling. Andere Verlage wollen zumindest teilweise da mitmachen in Deutschland und anderswo. Ist das die große Lösung für das Umweltproblem Buch?
Braungart: Na ja, die Menschen brauchen weltweit etwa 130 Kilogramm Papier pro Kopf und in den USA brauchen die Menschen im Durchschnitt etwa 430 Kilo, also 300 Kilo mehr. Das heißt, wenn wir alle nur 200 Kilo weltweit brauchen würden, in Deutschland ist der Papierverbrauch 240 Kilo, dann gäbe es keine Bäume mehr. Also wir müssen tatsächlich auf Recycling umsteigen.
Kassel: Woran liegt das eigentlich in den USA? Dass die so viel mehr lesen als wir, kann ich mir spontan nicht vorstellen.
Braungart: Nein, das liegt daran, dass sie viel mehr irgendwelche Werbungs-, Druckerzeugnisse haben vor allem und dass sie sehr viel mehr Dinge aus Rechnern ausdrucken zum Beispiel, also in Büros wird auch sehr viel mehr Papier gebraucht. Es liegt auch daran, dass es in den USA so viele Anwälte gibt, also es gibt in den USA viel mehr Anwälte als weltweit insgesamt gibt, das heißt, es gibt ganz viele rechtliche Vorgänge, die ganz lange Dokumente sind.
Kassel: Also, kommen wir mal zurück zu Büchern. Wenn es nun zu schaffen wäre, dass weltweit alle Bücher, egal ob Belletristik, Sachbuch, egal ob etwas Schlaues, oder etwas Dummes auf Recyclingpapier gedruckt würden. Wäre dann das Umweltproblem, zumindest was Bücher angeht, schon zu 100 Prozent gelöst?
Braungart: Nein, das Problem ist natürlich, dass die Druckfarben nicht für Recycling hergestellt werden, das heißt, eigentlich wäre das Recycling sehr sinnvoll, aber dadurch, dass in Druckfarben eben sehr viel Krebs erzeugende Stoffe sind, verteile ich die nachher nur in der Umwelt und auch beim Recycling entsteht dadurch ein Schlamm. Zum Beispiel haben wir die deutsche Wiedervereinigung vom Westen aus kaltblütig dafür genutzt, über zehn Jahre etwa, rund 600.000 Tonnen Schlämme aus dem Papierrecycling auf ostdeutsche Felder zu kippen, als angebliche Bodenverbesserer. Dadurch sind große Flächen von Brandenburg hoch kontaminiert worden mit diesen Recyclingschlemmen, weil die Papierhilfschemikalien nicht zu recyceln sind, auch die Druckfarben nicht.
Und da gibt es viele Druckfarben, die im Textilbereich zum Glück lange schon lange verboten sind, aber im Druckbereich nach wie vor verwendet werden. Das heißt, wenn man Recycling macht von Dingen, die nicht für Recycling sind, dann verseucht man die Materialströme. Zum Beispiel wenn wir Recyclingtoilettenpapier nehmen, dann finden wir bis zu zwei Gramm Chlorkohlenwasserstoffe drin. Das heißt, das ist so viel, wie ausreicht, um 20 Millionen Liter Trinkwasser zu kontaminieren, dass man es nicht mehr als Trinkwasser nehmen kann. Damit ist der Klärschlamm kontaminiert und dann sagen die Leute, ach ja, jetzt müssen wir den Klärschlamm verbrennen, damit gehen alle Nährstoffe im Klärschlamm, Phosphor, was viel seltener ist als Öl zum Beispiel, geht alles verloren, weil das Altpapier, das zum Klopapierrecycling sozusagen verwendet wird, eben nicht für Recycling hergestellt wurde.
Kassel: Ist es denn so, wenn es offenbar ja Druckfarben gibt, die nicht giftig sind, die keine Probleme verursachen würden beim Papierrecycling, warum werden die nicht oder so wenig benutzt? Sind die so viel teurer oder gibt es kein entsprechendes Bewusstsein?
Braungart: Nein, das Schlimme ist sozusagen, dass die Druckereien hier, alles so gemacht haben, um zu minimieren, reduzieren, vermeiden, aber sie haben nie das Ziel gemacht, dieses Papier, was da ist, was in einen Katalog geht, zum Beispiel für Urlaubskataloge, so ist, dass es wirklich kompostierbar ist oder verbrennbar ist oder wirklich für Recycling. Das heißt, sie haben wegen Arbeitsschutz minimiert und reduziert und letztlich gesehen haben sie halt anstatt etwa 80 Krebs erzeugenden Chemikalien, die etwa vor 20 Jahren drin waren, jetzt noch 20 Krebs erzeugende Chemikalien drin. Aber bitteschön, wo ist der Unterschied, ob ich 20 Mal erschossen werde oder 80 Mal?
Das heißt, der letzte Innovationsschritt ist stecken geblieben, weil man mit der Wiedervereinigung meinte, Umwelt sei so eine Art Luxus, den man sich nicht leisten kann, das heißt, wir machen jetzt Recycling für Dinge, die nie für Recycling gemacht wurden und haben viel Geld reingesetzt, ohne dass ein wirklich wesensmäßiger Fortschritt entsteht, das heißt, wir machen Recycling für Dinge, die nie für Recycling gemacht worden sind. Und damit kontaminieren wir unsere Biosphäre.
Aber klar, das Recycling wäre das Richtige, aber der Gesetzgeber müsste jetzt hingehen und müsste sagen, es dürfen nur solche Druckchemikalien verwendet werden, die sich auch für Recycling eignen, das heißt dann könnte man in der Tat mit dem Recycling ganz, ganz viele Bäume retten.
Kassel: Aber man kann auf die Dauer ja nicht alle retten, weil es gibt doch sicherlich, selbst wenn wir jetzt ungiftige Farben haben und das Recycling ordnungsgemäß vonstatten geht, man kann das Papier doch nicht unendlich oft recyceln. Irgendein Baumverbrauch gibt es doch immer noch.
Braungart: Ja, das würde ja nichts machen. Wir könnten ja danach so zusagen, die Materialen, die Fasern ja wirklich nutzten als Brennstoffe, wie man sonst ja Holz auch als Brennstoff nutzt, aber in der Kaskade davon wären diese Fasern im Durchschnitt gesehen fast 20 Mal zu verwenden.
Aber wir haben durchaus eine andere Alternative hier in Lüneburg dazu entwickelt. Wir kucken uns ja Stoffströme an und dort arbeiten wir an Druckfarben, die man auswaschen kann und wieder als Druckfarben einsetzen kann. Und in dem Fall wird für Zeitungen auch nicht länger Papier eingesetzt, sondern eine Kunststofffolie, die sich aber durchaus anfühlt wie Papier, das heißt, ich gebe meine Zeitung praktisch wieder am Kiosk ab, ich kriege ein Pfand dafür zurück und die Druckfarbe wird ausgewaschen, die Folie wird eingeschmolzen und ich kann darauf wieder neu Papier drucken.
Diese Folien, das haben wir ausprobiert, die gehen über 80 Mal mindestens, dann haben wir damit aufgehört, dass ich dann wieder Zeitung als Zeitung als Zeitung einsetzen kann. Gut, bei der "Bildzeitung" würde ich vielleicht erst noch zwischendrin einen Blutfilter brauchen, aber ansonsten kann ich die Druckfarbe wieder als Druckfarbe einsetzen und dann habe ich nicht eben ein schmuddeliges, graues, ekliges Recyclingpapier oder entsprechend schädliche Schlämme, die auf die Felder gebracht werden, sondern ich habe wirklich weißes Papier als weißes Papier und das, wie gesagt, für die Zeitungen und die Bücher. Nur, wir könnten damit, das was an Holz nachwächst, dafür nutzen, es später eben in Kompost, in andere Verpackungen, in Kartons, in sonstige Gegenstände downcyceln und schließlich kompostieren oder es als echten Brennstoff verbrennen, ohne dass wir 20 Filter dahinter brauchen würden.
Kassel: Wird das Umweltproblem, das verursacht wird von der bisherigen Herstellung von Zeitungen, von, wir haben über die USA gesprochen, Werbeprospekten, aber von Drucksachen. Lassen wir Bücher, jetzt gerade Belletristik mal weg. Wird das eigentlich ein bisschen geringer, dadurch, dass immer mehr Sachen gar nicht mehr gedruckt werden, sondern online, virtuell passieren oder haben wir uns da getäuscht?
Braungart: Wir haben uns völlig getäuscht, der Papierverbrauch nimmt nach wie vor in Deutschland zu, weil die Leute nachher, das, was sie irgendwo sehen, ausgedruckt haben wollen. Also tendenziell gesehen nimmt durch die Elektronik der Papierverbrauch nicht ab, sondern zu, weil dadurch viel mehr Dinge, Texte leichter zu bearbeiten sind, ich mir die dann ausdrucke, korrigiere, gegenlese, anderen in die Hand gebe dabei. Das heißt, es war eine Illusion zu glauben, dass die Elektronik im Büro sozusagen das Papier ersetzten würde. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil, es gibt viel, viel mehr Vorgänge, die dann eben schnell ausgedruckt werden.
Was dazu kommt leider, ist auch, dass die Druckfarben zu Hause, die Tonerstäube nach wie vor eben erheblich gesundheitsschädlich sind. Das heißt, man kann nur dringend raten, wenn jemand einen Laserdrucker hat, dazu den extra zu stellen, in keinem Fall ins Schlafzimmer zu packen, weil die Tonerstäube auch nicht für die Umwelt hergestellt werden, also auch nicht für die menschliche Gesundheit. Die Teile sind teilweise so feinteilig, dass sie in der Lunge landen und im ganzen Köper verbreitet werden dabei. Das heißt, Sie finden die dann in Samenzellen oder im ganzen Körper, in den Nieren, etc. wieder.
Das heißt, um kurz zusammenzufassen, das Recycling ist toll und was in den USA jetzt passiert, ist dass die Menschen dort aufwachen, weil klar ist, der Präsident tut nichts, also tun sie alle selber etwas. Das gilt nicht nur dafür, es gibt auch Recycling für Matratzen beispielsweise, es gibt Rückgabeverpflichtungen für Teppichböden und sonst was. Amerika ist wirklich aufgewacht und wir können von dort viel lernen, was Eigeninitiative angeht, denn die Menschen wissen, auf die Regierung brauchen wir nicht zu warten. Entweder tun wir das selber oder es findet nicht statt.
Kassel: Herzlichen Dank. Also nicht nur das Papier ist das Problem, sondern auch das, was draufgedruckt wird. Michael Braungart war das, Umweltprofessor in Lüneburg und Mitentwickler des Plastikpapiers, wobei das natürlich ein Widerspruch in sich ist, aber wir haben das ja gerade erklärt, im Gespräch in Deutschlandradio Kultur.
Michael Braungart: Guten Tag!
Kassel: Wenn Sie jetzt diese Geschichten hören, der größte Verlag der Welt, Random House, will umstellen auf Recycling. Andere Verlage wollen zumindest teilweise da mitmachen in Deutschland und anderswo. Ist das die große Lösung für das Umweltproblem Buch?
Braungart: Na ja, die Menschen brauchen weltweit etwa 130 Kilogramm Papier pro Kopf und in den USA brauchen die Menschen im Durchschnitt etwa 430 Kilo, also 300 Kilo mehr. Das heißt, wenn wir alle nur 200 Kilo weltweit brauchen würden, in Deutschland ist der Papierverbrauch 240 Kilo, dann gäbe es keine Bäume mehr. Also wir müssen tatsächlich auf Recycling umsteigen.
Kassel: Woran liegt das eigentlich in den USA? Dass die so viel mehr lesen als wir, kann ich mir spontan nicht vorstellen.
Braungart: Nein, das liegt daran, dass sie viel mehr irgendwelche Werbungs-, Druckerzeugnisse haben vor allem und dass sie sehr viel mehr Dinge aus Rechnern ausdrucken zum Beispiel, also in Büros wird auch sehr viel mehr Papier gebraucht. Es liegt auch daran, dass es in den USA so viele Anwälte gibt, also es gibt in den USA viel mehr Anwälte als weltweit insgesamt gibt, das heißt, es gibt ganz viele rechtliche Vorgänge, die ganz lange Dokumente sind.
Kassel: Also, kommen wir mal zurück zu Büchern. Wenn es nun zu schaffen wäre, dass weltweit alle Bücher, egal ob Belletristik, Sachbuch, egal ob etwas Schlaues, oder etwas Dummes auf Recyclingpapier gedruckt würden. Wäre dann das Umweltproblem, zumindest was Bücher angeht, schon zu 100 Prozent gelöst?
Braungart: Nein, das Problem ist natürlich, dass die Druckfarben nicht für Recycling hergestellt werden, das heißt, eigentlich wäre das Recycling sehr sinnvoll, aber dadurch, dass in Druckfarben eben sehr viel Krebs erzeugende Stoffe sind, verteile ich die nachher nur in der Umwelt und auch beim Recycling entsteht dadurch ein Schlamm. Zum Beispiel haben wir die deutsche Wiedervereinigung vom Westen aus kaltblütig dafür genutzt, über zehn Jahre etwa, rund 600.000 Tonnen Schlämme aus dem Papierrecycling auf ostdeutsche Felder zu kippen, als angebliche Bodenverbesserer. Dadurch sind große Flächen von Brandenburg hoch kontaminiert worden mit diesen Recyclingschlemmen, weil die Papierhilfschemikalien nicht zu recyceln sind, auch die Druckfarben nicht.
Und da gibt es viele Druckfarben, die im Textilbereich zum Glück lange schon lange verboten sind, aber im Druckbereich nach wie vor verwendet werden. Das heißt, wenn man Recycling macht von Dingen, die nicht für Recycling sind, dann verseucht man die Materialströme. Zum Beispiel wenn wir Recyclingtoilettenpapier nehmen, dann finden wir bis zu zwei Gramm Chlorkohlenwasserstoffe drin. Das heißt, das ist so viel, wie ausreicht, um 20 Millionen Liter Trinkwasser zu kontaminieren, dass man es nicht mehr als Trinkwasser nehmen kann. Damit ist der Klärschlamm kontaminiert und dann sagen die Leute, ach ja, jetzt müssen wir den Klärschlamm verbrennen, damit gehen alle Nährstoffe im Klärschlamm, Phosphor, was viel seltener ist als Öl zum Beispiel, geht alles verloren, weil das Altpapier, das zum Klopapierrecycling sozusagen verwendet wird, eben nicht für Recycling hergestellt wurde.
Kassel: Ist es denn so, wenn es offenbar ja Druckfarben gibt, die nicht giftig sind, die keine Probleme verursachen würden beim Papierrecycling, warum werden die nicht oder so wenig benutzt? Sind die so viel teurer oder gibt es kein entsprechendes Bewusstsein?
Braungart: Nein, das Schlimme ist sozusagen, dass die Druckereien hier, alles so gemacht haben, um zu minimieren, reduzieren, vermeiden, aber sie haben nie das Ziel gemacht, dieses Papier, was da ist, was in einen Katalog geht, zum Beispiel für Urlaubskataloge, so ist, dass es wirklich kompostierbar ist oder verbrennbar ist oder wirklich für Recycling. Das heißt, sie haben wegen Arbeitsschutz minimiert und reduziert und letztlich gesehen haben sie halt anstatt etwa 80 Krebs erzeugenden Chemikalien, die etwa vor 20 Jahren drin waren, jetzt noch 20 Krebs erzeugende Chemikalien drin. Aber bitteschön, wo ist der Unterschied, ob ich 20 Mal erschossen werde oder 80 Mal?
Das heißt, der letzte Innovationsschritt ist stecken geblieben, weil man mit der Wiedervereinigung meinte, Umwelt sei so eine Art Luxus, den man sich nicht leisten kann, das heißt, wir machen jetzt Recycling für Dinge, die nie für Recycling gemacht wurden und haben viel Geld reingesetzt, ohne dass ein wirklich wesensmäßiger Fortschritt entsteht, das heißt, wir machen Recycling für Dinge, die nie für Recycling gemacht worden sind. Und damit kontaminieren wir unsere Biosphäre.
Aber klar, das Recycling wäre das Richtige, aber der Gesetzgeber müsste jetzt hingehen und müsste sagen, es dürfen nur solche Druckchemikalien verwendet werden, die sich auch für Recycling eignen, das heißt dann könnte man in der Tat mit dem Recycling ganz, ganz viele Bäume retten.
Kassel: Aber man kann auf die Dauer ja nicht alle retten, weil es gibt doch sicherlich, selbst wenn wir jetzt ungiftige Farben haben und das Recycling ordnungsgemäß vonstatten geht, man kann das Papier doch nicht unendlich oft recyceln. Irgendein Baumverbrauch gibt es doch immer noch.
Braungart: Ja, das würde ja nichts machen. Wir könnten ja danach so zusagen, die Materialen, die Fasern ja wirklich nutzten als Brennstoffe, wie man sonst ja Holz auch als Brennstoff nutzt, aber in der Kaskade davon wären diese Fasern im Durchschnitt gesehen fast 20 Mal zu verwenden.
Aber wir haben durchaus eine andere Alternative hier in Lüneburg dazu entwickelt. Wir kucken uns ja Stoffströme an und dort arbeiten wir an Druckfarben, die man auswaschen kann und wieder als Druckfarben einsetzen kann. Und in dem Fall wird für Zeitungen auch nicht länger Papier eingesetzt, sondern eine Kunststofffolie, die sich aber durchaus anfühlt wie Papier, das heißt, ich gebe meine Zeitung praktisch wieder am Kiosk ab, ich kriege ein Pfand dafür zurück und die Druckfarbe wird ausgewaschen, die Folie wird eingeschmolzen und ich kann darauf wieder neu Papier drucken.
Diese Folien, das haben wir ausprobiert, die gehen über 80 Mal mindestens, dann haben wir damit aufgehört, dass ich dann wieder Zeitung als Zeitung als Zeitung einsetzen kann. Gut, bei der "Bildzeitung" würde ich vielleicht erst noch zwischendrin einen Blutfilter brauchen, aber ansonsten kann ich die Druckfarbe wieder als Druckfarbe einsetzen und dann habe ich nicht eben ein schmuddeliges, graues, ekliges Recyclingpapier oder entsprechend schädliche Schlämme, die auf die Felder gebracht werden, sondern ich habe wirklich weißes Papier als weißes Papier und das, wie gesagt, für die Zeitungen und die Bücher. Nur, wir könnten damit, das was an Holz nachwächst, dafür nutzen, es später eben in Kompost, in andere Verpackungen, in Kartons, in sonstige Gegenstände downcyceln und schließlich kompostieren oder es als echten Brennstoff verbrennen, ohne dass wir 20 Filter dahinter brauchen würden.
Kassel: Wird das Umweltproblem, das verursacht wird von der bisherigen Herstellung von Zeitungen, von, wir haben über die USA gesprochen, Werbeprospekten, aber von Drucksachen. Lassen wir Bücher, jetzt gerade Belletristik mal weg. Wird das eigentlich ein bisschen geringer, dadurch, dass immer mehr Sachen gar nicht mehr gedruckt werden, sondern online, virtuell passieren oder haben wir uns da getäuscht?
Braungart: Wir haben uns völlig getäuscht, der Papierverbrauch nimmt nach wie vor in Deutschland zu, weil die Leute nachher, das, was sie irgendwo sehen, ausgedruckt haben wollen. Also tendenziell gesehen nimmt durch die Elektronik der Papierverbrauch nicht ab, sondern zu, weil dadurch viel mehr Dinge, Texte leichter zu bearbeiten sind, ich mir die dann ausdrucke, korrigiere, gegenlese, anderen in die Hand gebe dabei. Das heißt, es war eine Illusion zu glauben, dass die Elektronik im Büro sozusagen das Papier ersetzten würde. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil, es gibt viel, viel mehr Vorgänge, die dann eben schnell ausgedruckt werden.
Was dazu kommt leider, ist auch, dass die Druckfarben zu Hause, die Tonerstäube nach wie vor eben erheblich gesundheitsschädlich sind. Das heißt, man kann nur dringend raten, wenn jemand einen Laserdrucker hat, dazu den extra zu stellen, in keinem Fall ins Schlafzimmer zu packen, weil die Tonerstäube auch nicht für die Umwelt hergestellt werden, also auch nicht für die menschliche Gesundheit. Die Teile sind teilweise so feinteilig, dass sie in der Lunge landen und im ganzen Köper verbreitet werden dabei. Das heißt, Sie finden die dann in Samenzellen oder im ganzen Körper, in den Nieren, etc. wieder.
Das heißt, um kurz zusammenzufassen, das Recycling ist toll und was in den USA jetzt passiert, ist dass die Menschen dort aufwachen, weil klar ist, der Präsident tut nichts, also tun sie alle selber etwas. Das gilt nicht nur dafür, es gibt auch Recycling für Matratzen beispielsweise, es gibt Rückgabeverpflichtungen für Teppichböden und sonst was. Amerika ist wirklich aufgewacht und wir können von dort viel lernen, was Eigeninitiative angeht, denn die Menschen wissen, auf die Regierung brauchen wir nicht zu warten. Entweder tun wir das selber oder es findet nicht statt.
Kassel: Herzlichen Dank. Also nicht nur das Papier ist das Problem, sondern auch das, was draufgedruckt wird. Michael Braungart war das, Umweltprofessor in Lüneburg und Mitentwickler des Plastikpapiers, wobei das natürlich ein Widerspruch in sich ist, aber wir haben das ja gerade erklärt, im Gespräch in Deutschlandradio Kultur.