Umstrittenes Lenin-Denkmal

Gelsenkirchen kämpft gegen Legendenbildung

06:24 Minuten
Die 2,15 Meter hohe Lenin-Statue steht mit dem Rücken zugewandt in einer Werkshalle.
Lange stand die Lenin-Statue in einer Werkshalle, in Zukunft soll sie im Vorgarten der MLPD-Zentrale stehen. © picture-alliance/dpa/Marcel Kusch
Andrea Lamest im Gespräch mit Ute Welty  · 20.06.2020
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Vielerorts werden derzeit Denkmäler gestürzt. In Gelsenkirchen dagegen kommt eine Lenin-Statue neu ins Stadtbild und löst hitzige Debatten aus. Nachdem eine Klage vor Gericht gescheitert ist, setzt Kulturerreferentin Andrea Lamest auf Aufklärung.
Eine Lenin-Statue wird heute in Gelsenkirchen vor der Bundeszentrale der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) enthüllt. Die Stadt hatte erfolglos versucht, zu verhindern, dass die Statue im Vorgarten des Gebäudes aufgestellt wird. Die Aufstellung der 2,15 Meter hohen Statue des ehemaligen russischen Kommunisten und Revolutionärs Wladimir Iljitsch Lenin wurde mehrfach verschoben. Die Stadt Gelsenkirchen hatte zwischenzeitlich einen Baustopp verhängt, dann aber vor dem Oberverwaltungsgericht verloren.

Debatte über Kommunismus

Die MLPD-Vorsitzende Gabi Fechtner hatte vor der Enthüllung Lenin als "weltgeschichtlich bedeutenden Vordenker und Vorkämpfer für Freiheit und Demokratie für die Massen" gewürdigt. Die Stadt setzt nun auf Aufklärung durch eine Ausstellung über die Geschichte des Kommunismus und Diskussionsbeiträge, die die Bevölkerung informieren sollen.
Die MLPD-Zentrale befinde sich an einer zentralen Kreuzung direkt gegenüber eines Renaissance-Schlosses, beschreibt Andrea Lamest, Leiterin des Kulturreferats der Stadt, die Lage vor Ort. Dort sei auch die Ausstellung "Der Kommunismus in seinem Zeitalter" zu sehen, die der bekannte Osteuropa-Historiker Gerd Koenen im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem Deutschen Historischen Museum konzipiert habe. "Wir wollen damit der Mythenbildung und der Legendenbildung etwas entgegenstellen."
Es sei auch der Hashtag #keinplatzfuerlenin ins Leben gerufen worden, um die Debatte mit einem Online-Videoprojekt zu begleiten. Darüber hinaus seien Stellungnahmen von Persönlichkeiten aus Politik, Geschichte und Kultur gesammelt worden, die sich zum neuen Denkmal äußern.

Marx-Statue könnte noch dazu kommen

Lamest kommt ursprünglich aus Trier, wo eine Karl-Marx-Statue für einige Diskussionen sorgte. Sie war 2018 zum 200. Geburtstag von Karl Marx in dessen Geburtsstadt enthüll worden. Das Werk des Bildhauers Wu Weishan war ein Geschenk der Volksrepublik China und steht seither im Stadtzentrum. "Die wenigsten waren davon begeistert, genauso wie das jetzt in Gelsenkirchen auch der Fall ist", sagt die Kulturreferentin. Sie habe inzwischen erfahren, dass die MLPD auch noch eine weitere Marx-Statue nach Gelsenkirchen holen wolle. Die Stadtgesellschaft sei aufgefordert, darüber zu debattieren, welche Bedeutung diese Denkmäler im Kontext ihrer Geschichte hätten.
(gem)
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