Umstrittene Oettinger-Äußerungen

"Es ist aber Munition gegen die EU"

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger telefoniert mit einem Handy.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger © imago stock&people
Caroline Fetscher im Gespräch mit Anke Schaefer  · 30.05.2018
Nach der gescheiterten Regierungsbildung liegen in Italien die Nerven blank - nun hat sich an einem verkürzt wiedergegebenen Zitat des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger die Stimmung weiter aufgeheizt. Der deutsche Politiker sei leider nicht Diplomat genug für die Weltbühne, findet die Journalistin Caroline Fetscher.
Oettinger hätte wohl besser geschwiegen, sagt auch unser Studiogast, die Tagesspiegel-Journalistin, Caroline Fetscher. Sie könne zwar als Demokratin verstehen, was er gemeint habe. "Es ist aber Munition gegen die EU, die er genau den Populisten damit liefert, also Wasser auf ihre Mühlen", sagte Fetscher im Deutschlandfunk Kultur. Oettinger trage sein Herz auf der Zunge. Er klinge eher wie jemand, der nicht unbedingt auf der weltpolitischen Bühne, sondern unter seinen Parteifreunden das sage, was er auf dem Herzen habe. "Und da ist er nicht Diplomat genug, fürchte ich." Das liege Oettinger nicht.

Lob wäre besser

Wenn man wolle, dass die Demokraten in Italien und Brüssel gestärkt werden, dann müsste man das Pferd ganz anders aufzäumen. "Man müsste alles loben, was sie da Gutes machen und die Wirtschaft ist ja relativ stark geworden in Italien." Der Schuldenberg stamme eher aus den 1980er Jahren. "Da müsste man jede Anstrengung unterstützen und loben, statt auf die rechten und linken Ränder zu zeigen und genau damit, diese Ränder noch zu bestärken. "Denn die warten ja auch immer darauf, dass sie genannt werden."
Caroline Fetscher
Die Journalistin Caroline Fetscher© Deutschlandradio / Manfred Hilling
Auslöser für Roms Unmut war ein inzwischen entfernter Tweet von Bernd Riegert, einem Korrespondenten der Deutschen Welle. Dieser hatte nach einem Interview mit Oettinger dessen Haltung auf Twitter sinngemäß mit "Die Märkte werden die Italiener lehren, das Richtige zu wählen" zusammengefasst. Wörtlich hatte Oettinger im Interview der Deutschen Welle gesagt: "Meine Sorge und meine Erwartung ist, dass die nächsten Wochen zeigen, dass die Märkte, dass die Staatsanleihen, dass die wirtschaftliche Entwicklung Italiens so einschneidend sein könnten, dass dies für die Wähler doch ein mögliches Signal ist, nicht Populisten von links und rechts zu wählen."
Er fügte hinzu: "Schon jetzt ist die Entwicklung bei den Staatsanleihen, bei dem Marktwert der Banken, beim wirtschaftlichen Verlauf Italiens generell deutlich eingetrübt, negativ. Dies hat mit der möglichen Regierungsbildung zu tun. Ich kann nur hoffen, dass dies im Wahlkampf eine Rolle spielt, im Sinne eines Signals, Populisten von links und rechts nicht in die Regierungsverantwortung zu bringen."

Kritik in Brüssel

Selbst führende EU-Politiker gingen auf Distanz zu Oettinger. Kommissionssprecher Margaritis Schinas grenzte sich von den "unklugen Bemerkungen" Oettingers ab. Allein die Italiener würden über ihr Zukunft entscheiden und niemand sonst. Oettinger entschuldigte sich inzwischen für seine umstrittene Äußerung.

Caroline Fetscher ist Redakteurin des Berliner "Tagesspiegel". Zu ihren Themen gehören gesellschaftliche Debatten in den Bereichen Kultur und Politik, insbesondere Menschenrechte und Kinderschutz.

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