Ukraine-Konflikt

Zweifel an der Feuerpause

Eine Frau steht in einem völlig zerstörten Haus in dem Dorf Sartan nahe Mariupol
Völlig zerstörtes Haus in dem Dorf Sartan bei Mariupol: Trotz Verhandlungen, Absichtserklärungen und Beschlüssen findet der Bürgerkrieg kein Ende © picture alliance / dpa / Sergey Vaganov
Sabine Adler im Gespräch mit Katja Schlesinger und Frank Meyer · 27.08.2015
Das ukrainische Militär und die prorussischen Separatisten haben sich erneut darauf verständigt, die Waffen in der Ostukraine vorübergehend ruhen zu lassen. Unsere Korrespondentin Sabine Adler vermutet, dass das Vorhaben scheitern wird - wie schon so oft.
Nach Angaben der OSZE soll der Waffenstillstand in der Ostukraine zum Schuljahresbeginn am 1. September in Kraft treten. Dafür hätten sich alle in der Ukraine-Kontaktgruppe vertretenen Parteien bei Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk ausgesprochen. Zu der Kontaktgruppe gehören Vertreter der OSZE, der Ukraine und Russlands sowie als Gäste die Separatistenführer.
Deutschlandradio-Kultur-Korrespondentin Sabine Adler glaubt allerdings nicht wirklich, dass das Vorhaben auch gelingt: "Ich habe die Waffenruhen nicht gezählt, die verkündet worden sind", sagte sie. Und alle hätten schon zu Beginn nicht gehalten.
Die Gespräche in der Kontaktgruppe seien weiter schwierig, berichtete sie. Unter anderem gehe es jetzt noch um die Abzug von Geschützen, die einen Kaliber über 100 Millimeter hätten. Derzeit streite man sich darüber, von welcher Frontlinie diese Geschütze zurückgezogen werden sollen.
In den letzten 24 Stunden gab es sieben Tote bei Kämpfen
Nach Meldungen habe es in den letzten 24 Stunden sieben Tote bei Kampfhandlungen gegeben, so Adler. Die Spannungen im Donbass hatten zuletzt zugenommen. US-Präsident Barack Obama rief Russland auf, mehr zu tun, um den Konflikt zu entschärfen.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko reiste derweil nach Brüssel, um mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker über die Lage in seinem Land beraten. Schwerpunkt der Gespräche sind die Vermittlerrolle der Kommission im Gasstreit mit Russland sowie die Moskauer Bedenken gegen das zwischen der EU und der Ukraine geschlossene Freihandelsabkommen. Zudem geht es um mögliche Schritte zu einem endgültigen Ende des Bürgerkrieges.
Wegen des Bürgerkrieges steht die Ukraine vor der Staatspleite
Die EU unterstützt die pro-westliche Regierung in Kiew unter anderem mit Geld für ihre Reformbemühungen. Das Land steht wegen des Bürgerkriegs zwischen den Regierungstruppen und den Separatisten am Rande der Staatspleite. Im Moment wiesen alle Indikatoren nach unten, sagte Deutschlandradio Kultur-Reporterin Adler. Die Industrieproduktion sei um 30 Prozent gefallen, die Exporte nähmen deutlich ab.
Positiv wertete Adler aber die Nachricht, dass westliche Gläubiger der Ukraine nun fast vier Milliarden Dollar Schulden erlassen wollen. "Der von unseren Gegnern erwartete Staatsbankrott wird nicht stattfinden", sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk in Kiew.
Die Regierung habe nach fünfmonatigen zähen Verhandlungen ein Abkommen mit einer westlichen Gläubigergruppe unterzeichnet, teilte die ukrainische Finanzministerin Natalia Jaresko mit. Demnach werden der krisengeschüttelten Ex-Sowjetrepublik 20 Prozent ihrer Verbindlichkeiten in Höhe von 3,6 bis 3,8 Milliarden US-Dollar erlassen. Die Restschuld von etwa 15 Milliarden Dollar soll in einem Zeitraum von 2019 bis 2027 zurückgezahlt werden. Die Ukraine hatte die Schulden über Anleihen in Fremdwährungen gemacht.
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