Ukraine

"Der einzige Weg ist jetzt Druck"

In Kiew demonstrieren Menschen weiter gegen den Regierungskurs.
In Kiew demonstrieren Menschen weiter gegen den Regierungskurs. © dpa / picture alliance / Zurab Kurtsikidze
Von Sabine Adler · 12.12.2013
In Kiew gibt es weiter Proteste gegen die Regierung: 70.000 EU-Unterstützer aus Lemberg Lwiw, Ternopil und Iwano-Frankiwsk sind in Bussen in die Hauptstadt gekommen, um sich mit den Demonstranten hier zu solidarisieren
"Wie wär's mit einer heißen Suppe?", fragt die freundliche Köchin jeden, der sich der Feldküche auf dem Unabhängigkeitsplatz nähert. Heute herrscht Hochbetrieb, denn 70.000 Euro-Unterstützer aus Lemberg Lwiw, Ternopil und Iwano-Frankiwsk sind in Bussen in die Hauptstadt gekommen, um sich mit den Demonstranten hier zu solidarisieren. Die Küche bekommt täglich Essensspenden, hungern muss auf dem Maidan niemand.
Tausende Demonstranten sind vor die Generalstaatsanwaltschaft gezogen, um die Freilassung von mehren Dutzend Aktivisten zu fordern, die während des Polizeieinsatzes gestern Nacht festgenommen worden waren.
Auch deshalb war die erste Reaktion auf das Gesprächsangebot von Viktor Janukowitsch harsche Ablehnung. Julia Timoschenko, inhaftierte Chefin ihrer Partei Vaterland, forderte per Twitter: "Keine Gespräche mit der Bande."
Der Mann, der sich maßgeblich für die Freilassung der Ex-Ministerpräsidentin eingesetzt hat, findet eine solch kategorische Absage verkehrt, denn sie liefert dem Präsidenten unnötig und vermutlich unfreiwillig Argumente zu seinen Gunsten, sagte Polens Ex-Präsident Alexander Kwaschniewski.
"Die Opposition soll die Janukowyczs Einladung annehmen. Sonst wird sie verantwortlich gemacht, wenn es zu keiner Einigung kommt. Janukowicz kann dann sagen: 'Ich wollte sprechen, aber es ging nicht. Die Opposition ist nicht konstruktiv, zu keinerlei Gesprächen bereit, sie will nur den Wechsel.' Aber ich bin der demokratisch gewählte Präsident und sollen sie warten bis zur Präsidentschaftswahl im März 2015. Dann werden wir sehen, was die Ukraine will."
"Man muss die Janukowitsch-Frage hintenan stellen"
So Kwasniewski zu den Argumenten, die eine Opposition, die sich verweigert, liefern könnte. Der polnische ehemalige Staatspräsident war fast 30 Mal in die Ukraine gereist, um mit der Führung zu verhandeln. Er findet, dass man reden muss, allerdings dürfe die Opposition durchaus Vorbedingungen stellen, die jedoch keine Maximalforderungen sein sollten.
"Man muss die Janukowitsch-Frage hintenan stellen. Man kann nicht mit dem Präsident nicht sprechen, wenn man mit der Rücktrittsforderung beginnt. Aber es gibt andere, die die Regierung auf die Probe stellt: erstens Bestrafung derjenigen, die das harte Vorgehen gegen die Studenten angeordnet haben. Zweitens Freilassung der Gefangenen, die lediglich an friedlichen Manifestationen teilgenommen haben."
Janukowitsch hatte das Angebot, sich selbst an einen Runden Tisch mit der Opposition zu setzen, gestern unterbreitet, am Tag nach dem gewaltsamen Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten auf dem Maidan. Die Euro-Anhänger hatten den Räumungsversuchen standgehalten und ihren Zwischensieg gefeiert. Die Oppositionsführer zeigten sich erstaunt und empört, dass Janukowitsch erst Verhandlungen ausschlägt, dann die Polizei ruft, um danach erneut zu Gesprächen zu bitten.
"Der einzige Weg ist jetzt Druck, den die Gesellschaft auf den Präsidenten und die Regierung ausüben muss, sagte Vitali Klitschko. Druck solange, bis Neuwahlen stattgefunden haben. Die Situation heute kann sich nur durch Wahlen ändern."
Für den Europa-Politiker Elmar Brok ist das Dialogangebot kurz nach dem Polizeieinsatz eine bekannte Verhaltensweise des ukrainischen Präsidenten.
Der ukrainische Botschaft in Deutschland, Pawlo Klimkin nährte Hoffnungen auf eine schnelle Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens, auch gegenüber der EU-Außenbeauftragten Ashton hatte der ukrainische Präsident an diesem Wunsch festgehalten.
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