Ukraine

Auf Konfrontationskurs in Kiew

Proeuropäische Demonstranten auf einer Barrikade auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew am 14. Dezember 2013.
Proeuropäische Demonstranten auf einer Barrikade auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew am 14. Dezember 2013. © EPA/SERGEY DOLZHENKO
Von Sabine Adler · 14.12.2013
Nach wochenlangen proeuropäischen Protesten auf dem Unabhängigkeitsplatz hat jetzt Präsident Viktor Janukowitsch seine Anhänger mobilisiert. Etwa 10.000 versammelten sich nur wenige Hundert Meter entfernt vom Protestcamp der EU-Anhänger. Die Polizei versucht, die beiden Lager getrennt zu halten.
In Kiew ist es knackig kalt, trotzdem kann es hitzig werden. Seit Mittag wird an zwei nebeneinander gelegenen Orten demonstriert. Auf dem Unabhängigkeitsplatz wie gehabt Zehntausende Regierungsgegner, nebenan in Sichtweite die Janukowitsch-Anhänger. Ausgerechnet auf dem Europaplatz. Dabei hatte der Präsident die Unterschrift unter das EU-Assoziierungsabkommen beim Gipfel in Vilnius verweigert.
In Zügen werden die Gefolgsleute des Staatsoberhaupts aus Dneppetrosw und dem Donzeker Gebiet, der Heimat von Viktor Janukowtisch, in die Hauptstadt gebracht, wo heute und morgen jedes Lager seine Stärke demonstriert. Die Anhänger des Präsidenten gelten schon jetzt als die moralisch schwächeren, denn ihre Anwesenheit soll erzwungen bzw. gekauft worden sein. Angestellte und Beamte im besonders auf Linie gebrachten Osten hätten sich keineswegs frei entschieden, ihnen sich:
"Wir haben die Woche über gearbeitet, kommen deshalb erst jetzt am Wochenende, mit unserem Geld, die da drüben auf dem Maidan, das sind Arbeitslose."
"Ich unterstütze den Präsidenten, sagt ein junge Mann und ein anderer grinst: Ich bin freiwillig hier."
Regierungskritiker rechnen mit weiterer Polizeigewalt
Jewgeni Chatenko ist seit über drei Wochen auf dem Unabhängigkeitsplatz. Mit einem Stahlhelm auf dem Kopf und einem Spaten in der Hand bewacht er das Rathaus, das seit seiner Besetzung zum Notquartier umfunktioniert wurde, wo sich jeder aufwärmen und essen kann. Der 50-Jährige aus Saporisoscher Gebiet protestiert gegen die allgegenwärtige Korruption im Land.
„Ich habe zwei behinderte Kinder, wenn ich mit ihnen zum Arzt muss, bekomme ich nur einen Termin, wenn ich ein Schmiergeld gezahlt habe.“
Die beiden Kundgebungen heute und morgen werden durch einen Sicherheitskordon voneinander getrennt, um Provokateuren keine Chance zu geben, wer zum Regierungslager will, das sich erst langsam füllt, muss den Schutzring der Berkut-Sondereinheit passieren. Dennoch werden Ausschreitungen befürchtet. Die Regierungskritiker rechnen nach wie vor mit einem gewaltsamen Einschreiten der Sicherheitskräfte, da das dem Muster entsprechen würde, Gespräche zu führen und trotzdem die Polizei zu schicken.
Gestern hatte die Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz den drei Führern der Oppositionsparteien ihr Mandat gegeben, sie am Runden Tisch zu repräsentieren. Die Ergebnisse waren mager und bleiben weit unter den Erwartungen der Opposition. Als Klitschko danach zurückkehrte, sagte er, keine der Forderungen sei erfüllt worden, der Präsident strebe mit der Veranstaltung lediglich ein Moratorium an, spiele auf Zeit.
Nächste Woche erneuter Runder Tisch – wohl ohne Janukowitsch
Janukowitsch hatte zugesagt, die inhaftierten Demonstranten freizulassen. Doch das war peu a peu die ganze Woche schon geschehen. Verantwortliche für die unverhältnismäßigen Polizeieinsätze sollen bestraft werden, kündigte die Justizministerin Jelena Lukasch an. Das wirkliche Problem, wie nämlich die Ukraine doch noch die Annäherung an die Europäische Union schafft, wurde nicht angepackt. Der von der Opposition geforderte Rücktritt der Regierung abgelehnt. Mit dem Hinweis, dass das Misstrauensvotum im Parlament Anfang des Monas schließlich gescheitert sei.
Der Runde Tisch soll nächste Woche erneut stattfinden, wohl ohne den Präsidenten, wie es heißt. Ob die Oppositionsvertreter dann zu Gesprächen überhaupt bereit sein werden, haben sie noch nicht entschieden.
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