Kulturelles Erbe der Ukraine

Historiker befürchten Zerstörung der Archive

10:21 Minuten
Alte Bücher in einem Regal.
Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine werden auch zahlreiche Archive zerstört, in denen kostbare Bücher und historische Dokumente verwahrt werden. © picture alliance / Photoshot
Martin Schulze Wessel im Gespräch mit Vladimir Balzer · 11.04.2022
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Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist auch das kulturelle Gedächtnis der Nation in Gefahr. Dazu gehören die Archive, die gezielt angegriffen würden, sagt der Historiker Martin Schulze-Wessel.
Vor der Vernichtung wichtiger Archive in der Ukraine hat die Deutsch-Ukrainische Historikerkommission gewarnt. Die Bestände des ukrainischen Sicherheitsdienstes in der Stadt Tschernihiw sei durch russische Angriffe bereits zerstört worden, sagt der Osteuropahistoriker Martin Schulze Wessel. Er lehrt als Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist Sprecher der deutschen Sektion der Historikerkommission.

Prekäre Akten im Visier

Schulze-Wessel spricht von gezielten Attacken, weil dieses Archiv für Moskau prekäre Unterlagen über den sowjetischen Sicherheitsdienst enthalten habe. Es gebe aber auch Hinweise darauf, dass Bestände des ehemaligen Geheimdienstarchivs in Donezk und Luhansk bereits nach 2014 auf russisches Gebiet abtransportiert worden seien.
"Das alles weist darauf hin, dass Archive ein Gegenstand der Kriegsführung für Russland sind", sagt Schulze Wessel. "Russische Truppen führen eben nicht nur einen militärischen Krieg, sondern auch einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung und einen Krieg gegen das kulturelle Erbe der Ukraine." Teil dieses kulturellen Erbes seien auch die historischen Archive.

Zeugnisse der Geschichte in Gefahr

Dort lagern Bestände zur vorrevolutionären russischen Geschichte, zur Sowjetzeit und zur 30-jährigen Geschichte der unabhängigen Ukraine. "Insofern sind es viele historische Schichten, die sich über diese Archive erschließen lassen", sagt der Professor.
Dazu gehörten auch viele Zeugnisse über die deutschen Verbrechen in der NS-Zeit. "Wenn man die deutschen Besatzungsverbrechen erforschen will, braucht man auch ukrainische Archive."
In der Ukraine sei es für Historiker sehr viel besser möglich gewesen, archivarisch zu arbeiten als in Russland. Dort sind viele Archive für Wissenschaftler verschlossen.
(gem)

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