Überwachung und Datenschutz

Wie sich der Einsatz von Kameras im öffentlichen Raum verändert

Zwei Überwachungskameras an einer Hauswand.
Zwei Überwachungskameras an einer Hauswand. © imago / Rüdiger Wölk
Von Elmar Krämer · 06.07.2017
Flughäfen, Bahnhöfe, Busse und Bahnen: Dass Kameras zur Überwachung zunehmend im Alltag anzutreffen sind, liefert Diskussionsstoff. Die Zeiten unscharfer Aufnahmen in Schwarz-Weiß sind vorbei – längst wird hochauflösende Technik verwendet.
"Nach einer versuchten Vergewaltigung in einem Parkhaus in Stuttgart sucht die Polizei mit Bildern aus einer Überwachungskamera nach dem Täter und bittet um Hinweise."
"Die Münchner Polizei fahndet nach bewaffnetem Raub in einem Schmuckgeschäft nach Verdächtigem und veröffentlicht ein Überwachungsfoto."
"Die Polizei Köln sucht mit dem Foto aus einer Überwachungskamera nach einem Gewalttäter.
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"Mit Bildern und Videos aus einer Überwachungskamera bitten Ermittler der Berliner Polizei um Hilfe bei der Identifizierung eines Mannes, der eine Frau in einem U-Bahnhof eine Treppe hinuntergetreten hat."
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben, so wie auch die Betriebe in anderen Deutschen Städten, auf allen U-Bahnhöfen, in allen Bussen und Straßenbahnen und auch den Depotgeländen Kameras – rund 2500 sind es in Berlin allein im Bereich der U-Bahnhöfe.

Nach 48 Stunden wird bei der BVG gelöscht

Petra Reetz: "Also wenn sie die Treppe runterkommen oder wenn sie die Treppe auf der anderen Seite wieder hochgehen, dazwischen sind Kameras angebracht. Die Kameras zeichnen auf und nach 48 Stunden, wenn keiner die Bilder abruft, überschreiben sie sich automatisch wieder."
Doch die Bilder werden immer öfter abgerufen, sagt Petra Reetz, die Pressesprecherin der BVG. Vor knapp zehn Jahren gab es rund 200-300 Anfragen im Jahr von Seiten der Polizei:
"Jetzt kommen wir im Jahr auf 5000 bis 7000. Wir haben immer bessere Bilder das ist auch für uns wichtig, Vandalismus-Schäden sind deutlich rückläufig. Es spricht sich natürlich rum, dass ich gesehen werden kann und das hilft im Zweifel auch den Kollegen von der Polizei."
Professionelle Überwachungskameras bieten längst Bilder in einer Qualität, die einen Tatverdächtigen eindeutig identifizieren lassen. Die Zeiten verrauschter Aufnahmen in Schwarz-Weiß sind von technischer Seite aus längst vorbei, sagt Jan Engelschalt von Axis-Communication. Die schwedische Firma ist weltweit einer der Marktführer auf dem Gebiet der digitalen Video-Überwachungskameras:
"Stand der Technik ist, dass sie lichtempfindlich sind und auch in dunklen Räumen Farbbilder machen können, dass sie Full-HD-Bilder liefern können oder sogar 4K, das ist die Auflösung, dass sie sehr hohe Bilddichte haben und die Bilder auch sehr stark komprimieren können, damit man sie lange speichern kann."

Funktionstüchtig bei Nacht, Wind und Wetter

Egal ob Privathaushalt, Flughafen, Bahngelände oder Tunnel – oft müssen die Kameras ohne Lichtquelle auskommen, um beispielsweise in der Nacht keine Anwohner zu belästigen oder die Fahrer von Fahrzeugen nicht zu blenden. Sie müssen mit tiefstehender Sonne ebenso zurrechtkommen, wie mit starkem Regen und möglichst robust sein, um Vandalismus standzuhalten.
Jan Engelschalt: "Die Anwendung von Kameras ist sehr, sehr vielfältig aber eigentlich gibt es keinen Bereich mehr, den man nicht abdecken kann."
Es gibt sogenannte Dome-Kameras, also Kameras mit einer runden Glaskuppel, wie man sie zum Beispiel aus Bahnen und Bahnhöfen kennt, sog. Fix-Box Kameras, das sind oft große weiße Kästen, die gerne an Sicherheitsbereichen angebracht werden oder auch PTZ-Kameras, die in alle Richtungen bewegbar sind.
Jan Engelschalt: "PTZ kommt aus dem englischen, das heißt Pan, Tilt, Zoom, das heißt schwenken, neigen, zoomen."
Mit diesen Kameras kann eine Person auch über mehrere Kilometer verfolgt werden – das macht allerdings in der Regel einen Menschen am Monitor erforderlich, der die Kamera steuert - und den gibt es in Deutschland jedenfalls im Bahnbereich derzeit in der Regel nicht.

Sichtbare Kameras zur Abschreckung

Dass Überwachungskameras meist sichtbar angebracht sind, ist gewollt. Nutzer versprechen sich davon Abschreckung, Petra Reetz von der BVG:
"Ich weiß, es gibt die Diskussion, die sagt, Kameras können keine Straftat verhindern, sondern sie kann höchstens bei der Aufklärung helfen, aber Übergriffe auf unser Personal gehen zurück, Straftaten gehen zurück und es spricht sich einfach herum. Und es spricht sich auch bei denen herum, die eine Straftat begehen wollen, dass man sie sehen kann. Sie werden bestimmte Dinge nie verhindern, Dinge die aus dem Affekt passieren – das ist so das kann auch keine Kamera verhindern."
Gegner der Überwachungstechnik sprechen von einer Scheinsicherheit, die durch das Installieren von Kameras geschaffen würde. Befürworter sprechen von Abschreckung und heben die Vorteile der Strafverfolgung hervor.
In einer Zeit, in der bereits winzige Handy-Kameras Fotos in hervorragender Qualität liefern, ist nicht die Bildauflösung das Problem, sondern die aus hochauflösenden Bildern resultierende Fülle an Daten. Werden diese hochauflösenden Bilder nun aber zu stark komprimiert kann unter Umständen im Bedarfsfall ein Ausschnitt nicht in ausreichender Qualität vergrößert werden.
Jan Engelschalt: "Weil wenn es einmal komprimiert ist das Bild, dann geht es nicht wieder zurück. Das geht nicht wie in CSI-Miami: Bitte drück den Knopf und verbessern ... das funktioniert nicht."

Hohe Auflösung vs. Datenmenge

Um dem zu begegnen, arbeiten Hersteller an immer neuen Kompressionsverfahren.
Jan Engelschalt: "Wir haben da zum Beispiel ein Verfahren entwickelt, das nennt sich Axis-Zip-Streaming, da werden die Bereiche, die nicht relevant sind stärker komprimiert als die Bereiche, wo die Bewegung stattfindet zum Beispiel und damit kann man sehr viel Bandbreite sparen, hat dann weniger Netzwerklast und braucht weniger Festplatte zum Speichern."
Hersteller und Anwender befinden sich im Spagat zwischen Datenschutz und bestmöglichem Einsatz ihrer Überwachungstechnik. Bei der BVG ist man überzeugt, dass die Vorteile überwiegen und das sehen demnach auch die Fahrgäste so, sagt Petra Reetz:
"Also wir haben unsere Kunden auch gefragt: 80 Prozent unserer Kunden sagen, sie wollen Kameras."
"Die Berliner Polizei hat einen 27-Jährigen festgenommen, der verdächtigt wird, eine Frau in einer U-Bahnstation brutal angegriffen zu haben. Die Tat hatte bundesweit Empörung ausgelöst." (O-Ton aus der ARD-Tagesschau)
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