Tyson Barker über Trumps Attacke auf Metropole

„Baltimore – politisch, charmant, urban"

05:23 Minuten
Schüler protestieren vor dem Rathaus in Baltimore gegen Waffengewalt im März 2018.
Schüler protestieren vor dem Rathaus in Baltimore gegen Waffengewalt im März 2018. © picture alliance/dpa/Lloyd Fo
Moderation: Shanli Anwar · 30.07.2019
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US-Präsident Trump hat auf Twitter Baltimore als von "Nagetieren befallenes Chaos" bezeichnet. Immer wieder sei die Stadt wegen ihres schlechten Rufs angegriffen worden, sagt Tyson Barker vom Aspen Institute in Berlin. Man tue der Stadt aber unrecht.
US-Präsident Donald Trump attackierte am Wochenende auf Twitter die US-amerikanische Stadt Baltimore mit den Worten: "Kein Mensch würde hier leben wollen." Baltimore sei "widerliches, von Ratten und Nagetieren befallenes Chaos". Der Angriff galt nicht explizit der Stadt, sondern ihrem demokratischen Kongressabgeordneten Elijah Cummings. Dennoch: Trump trifft Baltimore mit Kalkül.
Die Stadt ist auch für Gewalt und Kriminalität bekannt. Schon Künstler wie Randy Newmann und Nina Simone haben darüber gesungen, wie schwer es sei in Baltimore zu leben. Über die Stadt und ihre kulturelle Bedeutung haben wir mit Tyson Barker, Programm Direktor des Aspen Insitute in Berlin gesprochen.


So sei Baltimore, eine der größten Städte an der amerikanischen Ostküste mit mehr als 600.000 Einwohnern, gar nicht so trostlos, sagte Tyson Barker im Deutschlandfunk Kultur.
Stimmung bei Nacht mit Blick über das Wasser auf die Stadt Baltimore. Im Vordergrund ein Boot mit der Aufschrift Baltimore.
Baltimore – eine Stadt mit einer langen Geschichte als Arbeiter- und Hafenstadt. © Unsplash / Bob Burkhard
Die Stadt habe vielmehr eine lange Geschichte, die auf die Kolonialzeit zurückgehe. Sie sei schon immer eine Arbeiter- und Hafenstadt gewesen. "Und aus dieser Arbeiterkultur, sowohl weiß also auch schwarz, gibt es viele kulturelle Erben, die wir immer noch spüren können."

HBO-Serie "The Wire" prägte mit das Image

Weltweit hat das Bild von Baltimore die HBO-Serie "The Wire" wohl mitgeprägt, eine Serie über Polizei und die Drogenszene, die auch dokumentarische Elemente hat.
Tyson Barker sagte, die Serie liefere einen 360-Grad-Blick auf die Stadt. "Fast schon ein bisschen anthropologisch." So habe Baltimore in den letzten 30 Jahren schwere Zeiten bezüglich Kriminalität und Armut erlebt. Aber es gebe dort auch eine Hipster- und Start-Up-Szene. Die Stadt habe einen Charme, den vor allem Menschen aus Washington D.C., wo das Leben wesentlich teurer sei, dort hinlocken würde, so Barker.
"Das ist etwas, was wir aus Deutschland und Berlin aus der Vergangenheit kennen, dass eine Stadt, die relativ billig und charmant ist, und die ein urbanes Flair hat, schon eine gewisse Anziehungskraft hat."

Baltimores Kampf für soziale Gerechtigkeit

Ein weiterer wichtiger Punkt sei, so Barker, dass die Stadt durch die soziale Gerechtigkeit geprägt ist, die in der Musik und in der Literatur thematisiert wird. Angefangen mit Frederick Douglass, einer der größten schwarzen Abolitionisten, bis zum heutigen Schriftsteller Ta-Nehisi Coates.
"Es ist wirklich eine sehr politisch bewusste Stadt mit einem sehr interessanten literarischen Erbe, auf das man noch immer zurückgreifen kann."
Auf Trumps Angriff wehrt sich die Stadt im Internet mit dem Hashtag #wearebaltimore, wo Menschen Fotos teilen. Für Tyson Baker eine nachvollziehbare Reaktion. Die Stadt sei nicht zum ersten Mal angegriffen worden, ohne dass der Ruf der Stadt gelitten habe.
(jde)
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