Baltimore

Hoffnung auf Gerechtigkeit

Menschen protestieren in Baltimore gegen Polizeigewalt.
Menschen protestieren in Baltimore gegen Polizeigewalt. © picture alliance / /RIA Novosti / Caitlin Ochs
Von Marcus Pindur · 02.05.2015
Sechs Polizisten müssen sich wegen des Todes von Freddie Gray verantworten. Einer wird wegen Mordes angeklagt, die anderen wegen Totschlags oder fahrlässiger Tötung. In Baltimore sorgte dies bei vielen Menschen für Erleichterung.
Das schnelle Vorgehen der obersten Staatsanwältin von Maryland, Marylin Mosby, hat viele überrascht. Mosby traf ihre Entscheidung nur Stunden, nachdem der Autopsiebericht vorgelegt worden war.
"Nach unseren gründlichen und umfassenden Ermittlungen und der Feststellung des Pathologen, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt, haben wir entschieden, Anklage zu erheben."
Freudenschreie und Erleichterung in Baltimore. Tausende von Menschen gingen am Nachmittag friedlich auf die Straßen. Der Stimmungsumschwung ist mit Händen zu greifen, diese junge Frau ist erleichtert.
"Es ist ein unglaublicher Unterschied zum Montag, als es die Krawalle gab. Heute sind alle erleichtert und stolz auf Marylin Mosby."
Das Gefühl, dass erst jetzt der Rechtsstaat einwandfrei arbeitet, teilt sie mit vielen.
"Ich glaube, dass jetzt die Gerechtigkeit ihren Lauf nehmen kann. Es konnte nicht so bleiben, es war eine furchtbare Situation, wir sind froh, dass es vorbei ist."
Mord mit bedingtem Vorsatz
Die Polizeibeamten hatten Gray an Händen und Füssen gefesselt in den Polizeitransporter geschleppt. Entgegen der Vorschriften war der 25-Jährige nicht angeschnallt. Der Fahrer des Transporters muss sich einer Anklage wegen Mordes mit bedingtem Vorsatz stellen. Ihm drohen 30 Jahre Gefängnis. Er hatte auf dem Weg zum Polizeipräsidium fünf Mal angehalten, hatte aber auf die Klage Grays, er könne nicht atmen, nicht reagiert. Die anderen Polizisten müssen sich wegen Totschlags oder Körperverletzung mit Todesfolge verantworten, so Staatsanwältin Mosby.
"Ich habe Freddie Grays Familie versichert, dass niemand über Recht und Gesetz steht und dass ich für sie Gerechtigkeit einklagen werde."
Mosby sagte außerdem, die Festnahme Grays sei illegal gewesen. Auch der Präsident meldete sich zu Wort.
"Es ist absolut unverzichtbar, dass die Wahrheit darüber ans Licht kommt, was Freddie Gray zugestoßen ist."
Nach derzeitigem Stand ist es wahrscheinlich, dass der junge Mann in dem Polizeitransporter so hin- und hergeschleudert wurde, dass drei seiner Halswirbel brachen und der Kehlkopf zerschmettert wurde.
Jurist begrüßt rasches Vorgehen
Der Jurist David Harris von der Universität Pittsburgh hat ein Buch über Polizeiübergriffe geschrieben. Er begrüßt das rasche Vorgehen der Staatsanwältin.
"Es ist ungewöhnlich, dass Polizisten angeklagt werden. Ich war auch überrascht, dass das Ganze so schnell ging. Allzuoft sitzen die Polizei und die Staatsanwaltschaft viel zu lange auf ihren Ermittlungsergebnissen und wollen nicht handeln. Das hätten wir so vor einem Jahr noch nicht gesehen, und das liegt an der gewandelten Atmosphäre nach den Vorfällen in Ferguson."
Immer noch patrouilliert in Baltimore die Nationalgarde, die Ausgangssperre zwischen zehn Uhr Abends und fünf Uhr früh ist noch in Kraft. In mehreren Städten der USA gab es Demonstrationen gegen Polizeibrutalität, unter anderem in Chicago, Dallas, Seattle und San Francisco.
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