Antirassismus-Coach Tupoka Ogette

"Wir alle sind rassistisch sozialisiert"

15:01 Minuten
Tupoka Ogette mit ihrer Auszeichnung, dem "About You Award".
Die Autorin Tupoka Ogette wurde 2021 für ihre aufklärerische Arbeit mit dem "About You Award" ausgezeichnet. © picture alliance / dpa / Henning Kaiser
Tupoka Ogette im Gespräch mit Christian Rabhansl · 16.04.2022
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Die Antirassismus-Trainerin Tupoka Ogette empfiehlt, Rassismuskritik nicht an moralische Urteile zu knüpfen, sondern nüchtern auf die Verletzungen zu schauen. So könnten Rückmeldungen zum Thema Rassimus als Chance begriffen werden.
Tupoka Ogette ist Trainerin und Beraterin für Rassismuskritik und Antirassismus. Sie leitet Workshops zu Rassismus und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft und berät Unternehmen, Organisationen und Verbände. Sie betrachtet ihre Arbeit als Angebot und freut sich , dass in den letzten Jahren viele Menschen dieses Angebot angenommen hätten, erzählt sie im Gespräch.
"Ein großes Privileg von Weißsein ist ja, dass man sich nicht mit Rassismus beschäftigen muss, wenn man es nicht möchte. Das kann ich auch nicht ändern. Also mache ich eine Einladung und freue mich wenn die Menschen verstehen, dass es auch für sie eine Befreiung bedeutet, wenn sie sich mit Rassismus auseinandersetzen."

Das "Happyland" verlassen

In ihren Workshops und in ihrem neuen Buch "Und jetzt du. Rassismuskritisch leben" fordert sie die Menschen auf, die Vorstellung aufzugeben, dass Rassismus nur bei Nazis und Rechtsradikalen vorkomme.
"Das nenne ich das 'Happyland': Den Bewusstseinszustand, dass Rassismus lediglich in der rechten Ecke sitzt und dass allein die Ablehnung von Rassismus reicht, damit man selber nichts damit zu tun hat und ihn auch nicht reproduzieren kann. Für die 'rassismuskritische Reise' ist es zentral, diesen Bewusstseinszustand hinter sich zu lassen."

Linktipp: In ihrem TuPodcast spricht Tupoka Ogette mit Schwarzen Frauen über ihre Erfahrungen.

Die Basis rassismuskritischen Denkens und Lebens bestehe in der Einsicht, dass alle in eine "rassistische Schieflage" hineingeboren worden seien, sagt Ogette.
"Wir haben das an allen Stellen unseres Alltags, in Kinderbüchern, Schulbüchern, in der Sprache, es umgibt uns. Unabhängig davon, ob wir Rassismus schlecht finden oder nicht, haben wir ihn quasi inhaliert. Der erste Schritt ist, das zu verstehen."

Reproduktion von Rassismus

Ogette empfiehlt, die Kritik von Rassismus nicht mit Moralurteilen zu verknüpfen. "Das führt dazu, dass es unmöglich wird, im Alltag über Rassismus zu sprechen, weil natürlich niemand als schlechter und unmoralischer Mensch betrachtet werden möchte. Denn man kann durchaus ein 'guter' Mensch sein und trotzdem Rassismus reproduzieren, das ist eine traurige Wahrheit."
Wenn man stattdessen das Verständnis entwickle, dass wir alle rassistisch sozialisiert seien, könne man nüchterner darauf schauen, was eigentlich in einer konkreten Situation passiert sei, wo genau und wodurch eine Verletzung entstanden sei. So betrachtet, könne man eine Rückmeldung zu einem als rassistisch empfundenen Verhalten als Chance begreifen, auch wenn das im Alltag alles andere als leicht sei.
"Rassimus definiert sich über den Effekt und nicht über die Intention", sagt Ogette. Sie lebe nicht in dem Glauben, dass eine rassismusfreie Gesellschaft möglich sei. "Aber was wir erleben können und woran wir arbeiten können, ist, eine rassismuskritische Gesellschaft herzustellen, eine Gesellschaft, die sich dem Rassismus stellt und ihn bekämpft. Und dafür brauchen wir viele, viele Menschen."
(rja)

Tupoka Ogette: "Und jetzt du. Rassismuskritisch leben"
Penguin Random House 2022
336 Seiten, 22 Euro

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