"True Detective" - zweite Staffel

Düstere Krimikost aus LA

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Ein US-amerikanisches Polizei Fahrzeug mit der Aufschrift Sheriff Los Angeles Country Police Departemen © picture alliance / dpa / Horst Galuschka
Von Hartwig Tegeler · 22.06.2015
Die Serie "True Detective" begeisterte 2014 das Publikum und die Kritik. Die erste Staffel wurde zum Riesenhit. Spielte diese in den Sümpfen Louisianas, führt die gerade angelaufene zweite Staffel in die Straßenschluchten von Los Angeles.
Die Zeit, die erzählte Zeit. Acht Stunden - sprich acht Folgen der ersten Staffel - eine Geschichte von Anfang bis Ende zu erzählen, durchzuerzählen, und das mit hochkarätigen Schauspielern der Hollywood-A-Liga wie Matthew McConaughey und Woody Harrelson.
"Ich wollte eine Geschichte mit Anfang, Mitte und Schluss erzählen", sagte der Schriftsteller Nic Pizzolatto. Und das ist dieses Prinzip einiger der neuen Serien wie "Fargo" oder eben "True Detective", dieses anthologische Erzählen, was man vor einigen Jahren noch schlicht Miniserie nannte. "True Detective" - Staffel eins - präsentierte uns auf Kino-Niveau, was Schauspieler und die Inszenierung betraf, eine wunderbar düstere Geschichte aus den Sümpfen von Louisiana, wo sich Symbolik, Mythologie und so richtig schön kaputte Cops über Jahre auf die Jagd nach dem Bösen begaben.
Eine Erzählung über die Abgründe des Menschen
Aber das war und ist natürlich - bei diesem Niveau der neuen Serien - das die Macher eben ausführlich Zeit haben, sie nicht in eine anderthalb-Stunden-Kino-Zeitstruktur gepresst sind. Und manchmal kommt da eben eine besondere Erzählung über die Abgründe des Menschen heraus oder über - wie Autor Pizzolatto - das Thema der ersten Staffel benannten, eine Erzählung über eine "unheimliche Wirklichkeit".
Es gibt inhaltlich keine Verbindung von Staffel eins zu Staffel zwei. Erzählt wird von den Folgen eines bizarren Mordes in Los Angeles, in der drei Polizeibeamte und ein ehemaliger Gangster, der an sich immer noch Gangster ist, in ein dichtes Netz aus Verschwörung und Betrug geraten. Eben in Los Angeles.
Und wer jetzt an Polanskis "Chinatown" oder an die hardboiled-Stories eine Raymond Chandlers oder James Elroy denkt, der liegt vollkommen richtig: Nic Pizzolatto hat auch seiner zweiten True-Detective-Geschichte wieder genau diese Aura verliehen.
Wobei das düster-mythisch-verlorene Louisiana sozusagen in verwandelter Form mit diesen Bildern von Los Angeles aus der Luft auftaucht. Wenn hier die ewigen Linien der Autobahn wie die Wasserläufe im Mississippi-Delta aussehen, dann wissen wir: Dschungel war da, am Fluss, Dschungel ist hier, in der Stadt. Und die Menschen sind hier so kaputt wie da.
Rückblenden und Sprünge
Wenn man Colin Farrell, Vince Vaughn, Rachel McAdams und Taylor Kitsch - als Schauspieler aus der oberen Hollywood-Liga - sehen, dann bestätigt "True Detective" den Trend, dass es für Schauspieler wie noch vor wenigen Jahren keinen Unterschied mehr gibt zwischen Fernsehen und Kino. Aber das Niveau von Staffel eins und Staffel zwei unterscheidet sich dann doch, wie ich es nach drei gesehenen Episoden von Staffel zwei empfinde, was mir jetzt eben noch einmal besonders deutlich geworden ist.
Das Besondere von Staffel eins war nicht der Serienmörder-Plot, nein, es war das Dunkle und Nihilistische war, das von die Figuren ausging, und über das sie dauernd redeten, ja, philosophierten und damit ihre eigenen Seelenabgründe offenbarten.
Und das Besondere war eben, wie uns das auf ganz ungewohnte Weise präsentiert wurde. Nicht linear erzählt, sondern mit vielen Rückblenden und Sprüngen nach vorne versehen. Zeit löste sich also tendenziell auf.
Eine Zigarette nach der nächsten
Die Charaktere der beiden Ermittler Rust und Hart entstanden quasi in einer Art Talking-Head-Kammerspiel und trieben in ihrer Erinnerung, also auch der Erinnerungszeit, an die jahrelange Suche nach dem Serienmörder sozusagen umher. Wir sehen minutenlang, wie sie von anderen Polizisten befragt werden, und das bot vor allem Matthew McConaughey eine schauspielerische Leistung, die unfassbar war. Ich meine, wie der Typ, heruntergekommen, eine Zigarette nach der nächsten paffend, eine Bierdose nach der nächsten austrinkend, dann die Dosen zerschneidend und damit kleine Figuren formend, die er vor sich auf den Tisch stellte, und die düstere Welt, in der er noch mal "trieb" - enthüllte. - Das war das, was wir in einer solchen Intensität ewig nicht gesehen hatten.
Und ich meine, da konnten sich der krebskranke Chemielehrer in "Breaking Bad" oder die Werbefritzen in "Mad Men" anstrengen, wie sie wollten. Das war groß. Und dieses Besondere, und das sage ich nach drei Stunden, die ich gesehen habe, das meine ich, das werden wir in Staffel zwei nicht zu sehen bekommen.
Ohne Frage: Sehenswerte düstere Krimikost mit soziopathischen Charakteren - und zwar nicht nur auf Seite des Verbrechens, sondern auch auf der des Gesetzes, sozusagen herumgebaut um den Satz, den Collin Farrell einmal zu Rachel McAdams sagt:
"Ich habe die starke Vermutung, dass wir genau die Welt kriegen, die wir verdient haben."
Staffel eins ist einzigartig
Aber künstlerisch steht Staffel eins von "True Detective" einzigartig da. Und vielleicht ist es ja auch gut oder auch beruhigend, dass sich so etwas Besonderes nicht einfach "in Serie" wiederholen lässt.
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