Tony Juniper: "Unsere Erde unter Druck"

Planet am Abgrund

Buchcover Tony Juniper: Unsere Erde unter Druck
Der Zustand der Erde ist kritisch. © dpa-picture-alliance / Dorling Kindersley Verlag
Von Eva Hepper · 12.09.2017
Klimawandel, Umweltverschmutzung, Artensterben - die Folgen von Bevölkerungswachstum und steigendem Ressourcenverbrauch sind dramatisch. Ohne Trendwende wird unser Planet kollabieren - das zeigt Tony Juniper in "Unsere Erde unter Druck".
Auf den ersten Blick wirken die vier bunten Grafiken harmlos: Sie zeigen in ihrem Zentrum einen Apfel, eine Ähre, ein Tetra Pak Milch und ein Steak, um die herum verschieden farbige Linien kreisen. Diese symbolisieren die Kontinente, die Farben stehen für die Landwirtschaft, die Ernte/Schlachtung, die Verarbeitung, den Handel und den Verbraucher.

Wer die Grafiken genauer betrachtet, erkennt unmittelbar, dass es hier mitnichten um Harmloses geht, zumal sie in schwarzen Lettern mit "Lebensmittelschwund" überschrieben sind und mit einer Zahl: 1,3 Milliarden Tonnen. Das ist die Menge aller jährlich weltweit produzierten Lebensmittel, die verschwendet wird; insgesamt ein Drittel.

800 Millionen Menschen unterernährt

Die Abbildung zeigt, wo und in welchem Stadium des Prozesses der Verlust einsetzt: Europa und Nordamerika sind Weltmarktführer im Wegwerfen, Afrika hat große Mängel bei der Produktion von Fleisch, Südasien bei der von Obst und Gemüse. Keine Frage: "Lebensmittelschwund" ist ein globales und gravierendes Problem, denn weltweit sind über 800 Millionen Menschen unterernährt.

Die so einfache wie vielsagende Darstellung ist eine von über 1000 Grafiken, die Tony Juniper in "Unsere Erde unter Druck" versammelt. Mit Kurven, Tabellen, Diagrammen und vielen anderen geometrischen Figuren und Vignetten illustriert der international renommierte Aktivist und Umweltschützer den aktuellen Zustand des Planeten. Die Daten und Fakten entstammen sämtlich der Forschung der letzten Jahrzehnte, die Quellen finden sich am Ende des Buches.

In drei Kapitel unterteilt, identifiziert Tony Juniper zunächst die wichtigsten Triebkräfte der sich rasant verändernden Erde (darunter die Bevölkerungsexplosion, der steigende Energie-, Wasser- und Nahrungsmittelbedarf sowie die wachsende Konsumlust), zeigt anschließend deren Folgen (Klimawandel, Umweltverschmutzung, Artensterben) und unterbreitet schließlich Lösungsansätze, um den Negativtrend zu brechen.

Folgen des Bevölkerungswachstums und der Industrialisierung

Es ist bestechend, wie der britische Autor die Vielzahl an Informationen strukturiert und gemeinsam mit einem Redaktions- und Designteam aufbereitet. So vermitteln die Infografiken nicht nur sehr prägnant die dargestellten Phänomene – nicht selten durch steil ansteigende Kurven, die fast über das Seitenformat hinauswachsen – sondern zeigen auch Zusammenhänge auf. Die Diagramme etwa zu Welternährung, Hunger, Lebensmittelschwund, Düngemitteleinsatz, Schädlingsbekämpfung, Bodenzerstörung, Rodung und Wassergewinnung folgen aufeinander, denn sie sind allesamt Folgen des Bevölkerungswachstums und der Industrialisierung.

Mut macht, dass der Autor auch Positives berichtet. Eindrücklich zeigt er, dass erst Globalisierung Zugang zu Bildung, Elektrizität, Gesundheitsversorgung sowie sauberem Wasser ermöglicht und sich die extreme Armut weltweit seit Jahren verringert.
Dennoch müsse jetzt eine Trendwende einsetzen, so Tony Juniper, soll der Planet nicht kollabieren. Seine exzellente und Laien nicht überfordernde Zusammenschau liefert dazu jedes erdenkliche Argument.

Tony Juniper: "Unsere Erde unter Druck. Bevölkerungswachstum – Ressourcenknappheit – Klimawandel"
Übersetzt von Gerd Hintermaier-Erhard
Dorling Kindersley Verlag, München 2017
224 Seiten, 19,95 Euro

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