Theaterstück "Die Show"

Killer jagen einen Spielkandidaten

Lichtstreifen auf einer Autofahrbahn
Sechs Tage lang flüchtet Kandidat Berhard Lotz in "Die Show" vor einem Killerkommando quer durch die Stadt. © imago/STPP
Von Stefan Keim |
Der Dortmunder Schauspielintendant Kay Voges inszeniert die "Die Show" nach einem Fernsehspiel von Wolfgang Menge, das in den 70ern Beachtung fand. Herausgekommen ist eine opulente und sensationelle Satire auf die Überwältigungsästhetik großer Unterhaltungsshows.
Es gibt schon viele abstruse Shows im deutschen Fernsehen. Kandidaten fressen Spinnen und springen in Schlangentümpel, um Dschungelkönig zu werden. Einen Kandidaten vorsätzlich zu töten, damit er das Preisgeld nicht bekommt, hat es bisher noch nicht gegeben – aber in dem satirischen Fernsehfilm "Das Millionenspiel" von Wolfgang Menge. Schon 1970 erzählte er davon, wie ein Mensch als Teil der Show von Killern durch die Stadt gejagt wird.. Das Theater Dortmund hat nun eine neue Fassung dieser Geschichte auf die Bühne gebracht - unter dem Titel "Die Show".
Bernhard Lotz wagt alles. Er hat sich als Kandidat bei der "Die Show" beworben und wurde angenommen. Sechs Tage lang jagt ihn ein Killerkommando durch die Stadt. Wenn er es schafft, während der Livesendung lebend ins Studio zu kommen und einen roten Knopf zu drücken, bekommt er eine Million Euro.
In Rückblenden zeigen die Moderatoren, welche Prüfungen Lotz schon bestehen musste. Er wurde von Hunden durch die Schächte unterhalb Dortmunds gejagt, von Motorradfahrern mit Elektroschockern gequält und von den Killern beschossen.
Regisseur und Ko-Autor Kay Voges hält sich in seinem Stück "Die-Show" dramaturgisch an die Vorlage, den berühmten Fernsehfilm "Das Millionenspiel" aus dem Jahr 1970. In den einzelnen Szenen spitzt er die Handlung auf die Gegenwart zu. Als Lotz einer Killerin die Waffe abnimmt und eine der Fernsehkameras, die ihn beobachten, zerschießt, reagieren die Moderatoren entrüstet. Plötzlich ist Lotz kein Sympathieträger mehr, sondern ein Flüchtling, ein Fremder, vor dem man Angst haben muss, weil er an das Geld der Reichen will.
Brutalste Sätze, die niedlich klingen
Das Theater Dortmund hat eine richtige Fernsehshow auf die Bühne gebracht. Das gesamte Ensemble spielt mit, Livekameras filmen das Geschehen, es gibt vorproduzierte Einspielungen, eine Band und Feuereffekte. Eine Monumentalproduktion, eine opulente Satire auf die Überwältigungsästhetik großer Unterhaltungsshows.
Frank Genser lässt als Moderator verlogene Kalendersprüche genussvoll-zynisch aus den Mundwinkeln tropfen, Julia Schubert glänzt als Assistentin Ulla mit holländischem Akzent, in dem die brutalsten Sätze irgendwie niedlich klingen. Kritiker werden nicht aus der Show verbannt, im Gegenteil, zwei Medienwissenschaftler dürfen sich äußern. Dadurch werden sie zum Teil des Systems, zwei eitle Egomanen, die nur ihre Bücher verkaufen wollen.
Der Abend dauert doppelt so lang, wie der Film, drei Stunden ohne Pause. Die geraten sehr kurzweilig, der Humor ist tiefschwarz, und manche surrealen Szenen erinnern an Monty Python. Zum Beispiel wenn Dortmunds Oberbürgermeister aus dem Bett ins Rathaus eilt, eine Betroffenheitsrede hält und gar nicht merkt, dass er nackt ist.
Das Dortmunder Ensemble spielt mit riesiger Energie, parodiert lustvoll Klischees des Trashkinos, die Shownummern gelingen zum Teil sensationell. Vor allem Eva Verena Müller begeistert als völlig durchgeknallte japanische Popsängerin Baebi Beng.
Die Aufführung ist enorm unterhaltend, es fehlen verstörende Momente, in denen das Lachen gefriert. Die Show bricht niemals auseinander, das System ist so flexibel und die Moderatoren agieren so souverän, dass sie niemals wirklich in Gefahr geraten. Das könnte man als Schwäche der Inszenierung verstehen, aber auch als Teil ihrer Aussage. Das Leben ist eine Show, wir können ihr nicht entkommen.
Die nächsten Aufführungen sind am 29. August sowie am 13. und 30. September zu sehen.
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