Theatermacher gegen rechten "Kulturkampf"

Widerstand statt Verunsicherung

Mitglieder der AfD sitzen 2015, am AfD-Parteitag, in Bremen in einer Musical-Vorstellung.
Mitglieder der AfD sitzen 2015, am AfD-Parteitag, in Bremen in einer Musical-Vorstellung. (Symbolfoto) © imago stock&people
Von Susanne Burkhardt · 14.02.2019
Störungen von Aufführungen, Einschüchterungen, Kürzungsanträge – die AfD und andere politische Kräfte attackieren die Arbeit der Theater. Eine Broschüre gibt Tipps zum "Umgang mit dem Kulturkampf von rechts".
Nicht zuletzt die Debatte um die Absage an ein linkes Punk-Konzert am Bauhaus Dessau hat gezeigt: Der Kulturkampf von rechts hat längst begonnen auf ganz unterschiedlichen Ebenen.
Bei der Präsentation der Broschüre "Alles nur Theater?" bringt Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) gleich zu Beginn ein Beispiel aus Berlin: Versuchte Zensur über Kürzungsanträge gegenüber drei Theatern, und zwar dem Gorki Theater, dem Deutschen Theater und dem Friedrichstadtpalast. Denn an diesen Häusern, so die Begründung der AfD, würde mit Steuergeldern "Gesinnungs- und Propagandatheater" gemacht. Klaus Lederer sagt: "Dahinter steht ein Verständnis, das lautet: Kunst ist das, was wir dazu erklären. Wir definieren, was förderwürdig ist, wir definieren, was überhaupt Kunst ist – und das andere ist keine. Man braucht nicht lange zu assoziieren, um sich zu erinnern, wo das schon mal stattgefunden hat."

Wie Rechte versuchen, die Freiheit der Kunst einzuschränken

Auf 35 Seiten erläutert die schmale Broschüre "Alles nur Theater? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts" vor allem Inhalte, Motive und Techniken des rechten Kulturkampfes, bei dem die Freiheit der Kunst erklärtermaßen eingeschränkt werden soll und Worte wie "Heimat" und "Nation" eindeutig als Kampfbegriffe benutzt werden. Wie können die Theater weiter politisch demokratische Haltungen bewahren und diese offensiv und selbstbewusst nach außen vertreten? Bianca Klose, Gründerin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus und Herausgeberin der Broschüre, stößt meist auf zwei Reaktionen wenn es um Anfeindungen von rechts geht: "Einerseits: vorrauseilende Unterwerfung – wie bei der Absage des Konzertes in Dessau durch das Bauhaus. Oder es gibt einen anderen Pol: der Weg des Haltungsbewahrens, der öffentlichen Positionierung und des Zusammenschließens mit anderen Betroffenen."

Große Verunsicherung

Alle - besonders die öffentlich geförderten Einrichtungen - teilten die große Verunsicherung, sagt Bianca Klose: "Sie müssen sich plötzlich rechtfertigen für die angeblich fehlende politische Neutralität, für eine angeblich übertriebene Political Correctness, für die Unterstützung vielleicht sogar von Linksextremismus und eine Verschwendung von Steuergeldern."
Ulrich Khuon, Präsident des Deutschen Bühnenvereins und Intendant des Deutschen Theaters Berlin, der selbst schon Störungen durch Mitglieder der Identitären Bewegung an seinem Haus erlebt hat, plädiert für selbstbewusstes Auftreten: "Wir nehmen für uns selber viel Spielraum und Kunstfreiheit in Anspruch. Ich finde, die Gesetze reichen völlig aus. Es gibt das Strafgesetzbuch, wenn mich jemand mit Gewalt – und das ist ja eine Intervention - stört. Die Interventionen haben ja eine lange Geschichte. Uns wird ja immer gesagt: 'Ihr habt das Theater erfunden, jetzt müsst ihr Euch nicht wundern.' Deswegen muss man Strategien finden, wie man sich dagegen verhält."

Kreativer Widerstand

Die Broschüre bringe Strategien auf den Punkt, sagt Bianca Klose: "Sich nicht verunsichern zu lassen und ruhig zu bleiben. Einschüchterung ist ja gerade das Ziel des Rechtspopulismus und seiner Politik der Angst." Außerdem wird empfohlen: Positionen schärfen, ein eigenes Selbstverständnis definieren, an kreativem Widerstand arbeiten und Argumentationsmuster durchschaubar machen. Ulrich Khuon sagt: "Wenn von der Seite gesagt wird: 'Wir wollen kein Gesinnungstheater!', dann sag ich: 'Genau das wollt ihr!' Die Rechte will ein nationalistisches Theater. Wir haben Geöffnetheit, wir haben den kritischen Raum. Diese Muster muss man entlarven und dazu muss man sich damit auseinandersetzen – das ist ganz klar."

Ideologieträgern keine Bühne bieten

Wie wichtig auch die Vernetzung untereinander ist, zeigt der Erfolg des Vereins "Die Vielen", dem sich bislang 2300 Kulturinstitutionen angeschlossen haben, um gegen Diskriminierung und für Toleranz zu kämpfen. Und soll man nun mit Rechten reden? Ulrich Khuon plädiert – gerade mit Blick auf Städte wie Chemnitz und Weimar – sich mit den Ideologieträgern auseinandersetzen, ihnen aber keine Bühne zu bieten. Anders dagegen verhält es sich mit den Problemen der AfD-Wähler, die, so Khuon, müssten die Theater ernst nehmen: "Wenn wir über Öffnung sprechen, heißt das auch, dass wir geöffnet sind gegenüber denen, die uns kritisieren oder die sagen: 'Ihr seid uns zu liberal.' Die Auseinandersetzung muss man verkraften. Theaterarbeit ist immer Beziehungsarbeit in der Stadt. Und sobald man sagt: ' Die 20 Prozent - mit denen rede ich gar nicht!' würde das dem eigenen Anspruch diametral entgegengesetzt sein."
Der Kulturkampf hat nicht nur längst begonnen, er wird sich in Zukunft verstärken, besonders in den kleineren Städten und in einigen Bundesländern. Wichtig ist, dass auch die Selbstverständigungsprozesse weitergehen.
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