Theater

Sympathie für Charles Manson?

Die Schauspieler Alicia Aumüller (l-r), Jörg Pohl und Maja Schöne während der Probe des Stückes «Charles Manson: Summer of Hate - Das Musical» im Thalia Theater in Hamburg.
Die Schauspieler Alicia Aumüller (l-r), Jörg Pohl und Maja Schöne während der Probe des Musicals "Charles Manson: Summer of Hate" in Hamburg. © picture alliance / dpa / Foto: Christian Charisius
Von Alexander Kohlmann · 26.09.2014
Das Hamburger Thalia-Theater macht Charles Manson zur Hauptfigur eines Musicals "Charles Manson: Summer of Hate". Und verliert dabei jede Distanz zu dem verurteilten Mörder. Der Einsatz der Hamburger Band "Trümmer" gerät zur bloßen Staffage.
Hübsche junge Frauen in Hippie-Kostümen wiegen ihre Körper verträumt an der Rampe, im Hintergrund spielen Männer mit langen, zotteligen Haaren und ungepflegten Bärten eine Musik, die den bekannten Songs der Hippie-Ära zwar wenig neues hinzuzufügen weiß, aber gut klingt. Und eine Stimmung im Thalia-Theater verbreitet, bei der man meint, Marihuana-Geruch in der Nase zu verspüren. So muss er sich angefühlt haben, der "summer of love", jene verklärte Ära der späten sechziger Jahre, in der eine ganze Generation gegen die überkommen Rituale einer restriktiven Gesellschaft anfeierte.
Komplett misslungen
Leider ist das "Charles Manson" - Musical, das da am Freitag am Hamburger Thalia-Theater seine Uraufführung feierte kein Lieder-Abend zum "Summer of Love", sondern als eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Ikone Charles Manson angekündigt. Eine Auseinandersetzung, die komplett misslingt, weil dem Team um Regisseur Stefan Pucher am Ende nicht viel mehr eingefallen ist, als die wirre Ideologie des erfolglosen Musikers Mansons nachzubeten - um nicht zu sagen, dem Mörder noch im Gefängnis komplett auf dem Leim zu gehen.
Interviews mit Manson werden von den Schauspielern hinter den Stäben eines riesigen Gefängniszauns nachgespielt und per Video auf eine Leinwand übertragen. Das gesamte männliche Bühnenpersonal spielt den Guru mit langen Haaren und Bärten, das gilt auch für die Hamburger Jung-Band "Trümmer", deren Einsatz zur reinen Staffage gerät. Die diktatorischen Züge von Mansons, mit brutaler Gewalt geführten Family-Sekte werden komplett ausgeblendet, dafür ein Flowerpower-Ideal gekonnt in Szene gesetzt, das so mit Sicherheit nie Wirklichkeit gewesen ist.
Schrecklich schief gelaufen
Und die Morde? Die werden praktisch im Handstreich an der Rampe erzählt, bevor einer der vielen kleinen Mansons sofort in die Verteidigung übergehen darf, "in euren Welt werden täglich tausende getötet, nur niemand sieht es". Der Abend sollte ursprünglich über drei Stunden lang sein, hört man im Umfeld des Thalia-Theaters, alle Kompositionen der "Trümmer"-Band seien kurzfristig gestrichen worden, bis nur noch die Musik von Manson übrig geblieben sei. Irgendetwas muss in den Endproben dieses Abends schrecklich schief gelaufen sein, diese Rumpffassung jedenfalls lässt jede ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Phänomen Manson vermissen - und kann, schlimmer noch, als eine offene Sympathiebekundung für einen Mörder missverstanden werden.
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