"The Harder They Fall" bei Netflix

Der erste Black-Power-Western

07:59 Minuten
Szenenfoto aus dem Western "THE HARDER THEY FALL". Zu sehen sind die Schauspieler Regina King, Idris Elba, und Lakeith Stanfield Credit: David Lee / © Netflix / Courtesy Everett Collection
Der Western "The Harder They Fall" kombiniert Black Power mit einer Star-Besetzung: Regina King ist als Stagecoach Mary zu sehen, Idris Elba (Mitte) spielt den Gangster Rufus Buck. © picture alliance / David Lee / Netflix / Everett Collection
Susanne Burg im Gespräch mit Massimo Maio · 03.11.2021
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Regisseur Jeymes Samuel stellt ein Genre auf den Kopf, das bislang fest in der Hand weißer Männer war. Sein Western "The Harder They Fall" hat nur Schwarze Protagonisten und dazu starke Frauen zu bieten. Er bricht auch mit manch anderem Klischee.
Von Spike Lee ist der Satz "Fuck John Ford" überliefert. Der afroamerikanische Regisseur spielt damit auf den Western als urtypisches Genre für die Überlegenheit der Weißen an. Die Helden sind immer weiße Männer, die gegen Indigene kämpfen und diese am Ende besiegen, wenn nicht gar auslöschen.
Interessanterweise lieferte ausgerechnet Regisseur John Ford mit "Sergeant Rutledge" 1960 den ersten US-Western mit einem Schwarzen Helden (gespielt von Woody Strode). Doch blieb dies eine Ausnahme.

Toughe, Schwarze Westernheldinnen

Aber der echte Wilde Westen war nicht nur weiß. Es gab Schwarze Outlaws und Cowboys wie Nat Love, Rufus Buck oder Cherokee Bill. Es gab auch toughe Schwarze Frauen wie Stagecoach Mary, die sich von den Kerlen nichts bieten ließen. Doch die suchte man bislang vergeblich in den klassischen Western.
Der britische Regisseur und Musikproduzent Jeymes Samuel vereint mit seinem Western "The Harder They Fall" beides: Black Power und Frauenpower. Der Film läuft derzeit in den US-Kinos und ist parallel, auch fürs deutsche Publikum, bei Netflix zu sehen.
Es ist der erste Film dieses Genres mit nahezu komplett Schwarzer Besetzung, mit Stars wie Regina King oder Idris Elba als Stagecoach Mary und Rufus Buck. Für die Filmmusik verpflichtete Samuel den Rapper Jay-Z. Weiße sind allenfalls unwichtige Randfiguren. Das heißt: Der Regisseur lässt jetzt jene kommen zum Zuge kommen, die in traditionellen Western nur Nebenrollen spielten.
Die Story: Als der Outlaw Nat Love erfährt, dass sich Gangster Rufus Buck auf freiem Fuß befindet, reaktiviert er seine alte Gang. Denn vor vielen Jahren ermordete Buck Loves Eltern und ritzte dem Jungen, den er damals verschonte, ein Kreuz in die Stirn. Doch auch Buck hat gewaltbereite Kumpane um sich versammelt.

Eine sehr besondere Rachegeschichte

Im Prinzip sei es eine Rachegeschichte, wie man sie aus fast allen Western kenne, sagt Filmjournalistin Susanne Burg. Die Umsetzung sei jedoch "sehr besonders", das gelte für das gesamte Styling des Films.
Eine Verfolgungsjagd durch Wäscheleinen, an denen bunte Kleidung hängt, wirke "wie ein Verpackungskunstwerk von Christo, und die Kämpfe selbst könnten auch aus dem neuen James-Bond-Film oder aus einem Martial-Arts-Film sein: sehr akrobatisch, sehr elegant", schwärmt Burg.

Ironische Spitzen gegen das weiße Genre

Auch gehe es bei dem Kampf zweier Gangs nicht so sehr um "gut" und "böse", sondern eher um das Aufeinanderprallen konkurrierender Geschäftsinteressen, sagt die Filmkritikerin. Alle seien auf ihre Art Anti-Helden und -Heldinnen.
"The Harder They Fall" tue jedoch keineswegs so, als gebe es keinen Rassismus und keine Sklaverei. Einige der Figuren seien davon gezeichnet, in anderen Szenen treibe der Regisseur seine Anspielungen auf das weiße Genre ironisch auf die Spitze: Ein Dorf, das von Weißen bewohnt wird, ist tatsächlich komplett weiß, inklusive aller Häuser.
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