Actionheldinnen im Kino

Ihr Name ist Bond, Jane Bond

Karin Dor und Sean Connery in einer Szene des James-Bond-Films "Man lebt nur zweimal"
Wer hat hier das sagen? Karin Dor und Sean Connery in einem Bond-Film - demnächst auch mal mit vertauschten Rollen? © imago
Anna Wollner im Gespräch mit Max Oppel · 22.12.2017
Filme wie "Atomic Blonde" mit Charlize Theron als Geheimagentin haben es vorgemacht. Wie realistisch ist ein weiblicher James Bond, fragen wir die Filmkritikerin Anna Wollner nachdem sich kürzlich die britische Premierministerin Theresa May dafür stark gemacht hat.
Mit "Eines Tages sollte es auch einmal einen weiblichen James Bond geben", lässt sich die britische Premierministerin Theresa May kurz vor Weihnachten zitieren. Nicht nur die BBC-Zeitreisen-Serie "Doctor Who" hat es bereits vorgemacht. Sie ist für die Briten ein ähnliches Nationalheiligtum wie "James Bond". Im Weihnachtsspecial 2017 spielt die Schauspielerin Jodie Whittaker als erste Frau die Hauptrolle. Doch was ist mit 007, dem legendären britischen Geheimagenten? Eine weibliche Hauptfigur scheint nicht mehr so unrealistisch wie noch vor ein paar Jahren.
Bis zu seiner Zusage hat sich der letzte Bond-Darsteller Daniel Craig lange bedeckt gehalten, ob er weitermacht und wenn nicht, wer für ihn als 007 übernehmen soll. Neben einer Frau in dieser Rolle wird auch immer wieder über einen schwarzen James Bond spekuliert. Der Name des schwarzen Schauspielers Idris Elba fällt in diesem Zusammenhang. Aber auch davon sind wir wohl noch genauso weit entfernt wie von einer Frau, meint Anna Wollner, obwohl mit Barbara Brocoli als Produzentin das Franchise in weiblicher Hand ist.
James Bond - ein Typ, der die Welt rettet und mit vielen Frauen schläft – hat in den letzten 60 Jahren Männlichkeit definiert. Dies mit einer Frau zu ersetzen, sei darum nicht so einfach, erklärt die Filmkritikerin. Es könnte gebrochene Geschlechterklisches bedeuten, aber auch ein Emanzipationskampf auf der Leinwand, weil sich die Figur erst einmal etablieren müsste.
Die Schauspielerinnen Melissa McCarthy (Abby), Kristen Wiig (Erin), Kate McKinnon (Holtzmann) und Leslie Jones (Patty) in einer Szene des Films "Ghostbusters".
Die Schauspielerinnen Melissa McCarthy (Abby), Kristen Wiig (Erin), Kate McKinnon (Holtzmann) und Leslie Jones (Patty) in einer Szene des Films "Ghostbusters".© picture alliance / dpa / Sony Pictures

Von "Spy" bis "Ghostbusters" - Sehnsucht von Frauen nach Identitätsfiguren

Jüngstes Beispiel ist der US-amerikanische Actionfilm "Atomic Blonde" aus diesem Jahr. Dort spielt Charlize Theron eine Geheimagentin des MI6 im Kalten Krieg, die Männer verprügelt und mit Frauen schläft. Bei der Action steht sie den männlichen Kollegen in nichts nach. Herzstück des Films ist eine achtminütige Sequenz ohne Schnitt, in der sie sich durch ein Treppenhaus prügelt, es mit einer Handvoll Russen aufnimmt, selbst einsteckt und am Ende den letzten mit einer Herdplatte ausschaltet.
Melissa McCarthy spielte 2015 in der US-amerikanischen Geheimagenten-Parodie "Spy: Susan Cooper Undercover" die CIA-Agentin Susan Cooper mit viel Slapstick und der körperlichen Präsenz ihrer übergewichtigen Hauptfigur. McCarthy spielte im letzten Jahr auch im neuen "Ghostbusters", der ausschließlich mit weiblichen Hauptrollen besetzt war. Dieser Film hatte nie eine Chance, erklärt Wollner, weil schon bei der Ankündigung, dass es eine weibliche Version der "Ghostbusters" geben soll, das Internet übergeschäumt sei. Es sei ein Shitstorm gewesen, wie ihn Hollywood bis dahin noch nicht erlebt hatte. Er wurde in erster Linie von weißen Männern um die Vierzig ausgelöst, die sich um ihre Kindheit betrogen fühlten, weil der heilige Gral ihrer popkulturellen Filmsozialisation angefasst wurde. Damit sei der Film leider überschattet worden, auch wenn er ohne Frage Schwächen habe, wie Wollner einräumt.
Die israelische Schauspielerin Gal Gadot als Diana in einer Szene des US-amerikanischen Films "Wonder Woman".
Die israelische Schauspielerin Gal Gadot als Diana in einer Szene des US-amerikanischen Films "Wonder Woman".© Clay Enos/ TM & © DC Comics
"Wonder Woman" unter der Regie von Patty Jenkins in diesem Jahr ist das beste Beispiel, wie groß die Sehnsucht von Frauen ist, eine Identifikationsfigur des eigenen Geschlechts im Actionkino zu haben. Hier arbeitete eine Frau nicht nur Frau vor, sondern auch hinter der Kamera, etwas, was man auch ästhetisch sieht. In dem Film geht es um eine weibliche Kampfkunst.

"Star Wars" hat es heimlich gemacht

"Star Wars" hat mit Daisy Ridley und der Figur der Schrottsammlerin Rey schon in Episode 7 eine starke Frauenfigur etabliert und in Episode 8 still und heimlich noch mehr: Laura Dern als Vice Admiral Holdo und Carrie Fisher als Leia. Es gibt leidende und unsichere Männerfiguren auf der dunklen und der hellen Seite der Macht wie Luke Skywalker, Kylo Ren. Die Frauen sind es, die den Männern erklären müssen, dass ihre Taten auch Konsequenzen haben werden. Es gibt keine reine Glorifizierung der männlichen Helden mehr, sondern eine Verlagerung hin zu den Frauen, die wissen, wie die Galaxie zu retten ist. "Star Wars" hat das mehr oder weniger heimlich gemacht – fast schon subversive feministische Propaganda in diesem Film, sagt Wollner.
Im Juni startet "Ocean's 8" mit Sandra Bullock, Cate Blanchett, Rhianna, Mindy Kailing, Helena Bonham Carter, Sarah Paulson, Awkwafina und Anne Hathaway in den US-amerikanischen Kinos. Und es wird eine neue Lara Croft in der Besetzung mit Oscarpreisträgerin Alicia Vikander geben, die in der Computerspielverfilmung "Tomb Raider" in die Fußstapfen von Angelina Jolie treten wird. Auch 2018 wird es Frauenpower auf der Leinwand geben.
Roger Moore 1983 als James Bond in dem Film "Octopussy"
Roger Moore 1983 als James Bond in dem Film "Octopussy"© dpa / picture alliance / Goldschmidt

"Jetzt zieh dich an und ich kauf dir ein Eis"

Anna Wollner findet die Diskussion um weibliche Actionheldinnen sehr gut. Aber warum dürfen Frauen nicht ihre eigene Kultfigur etablieren? Warum auf Krampf eine männlich geprägte, männlich definierte Figur zu einer Frau ummodeln? Es wäre auch interessant zu sehen, wie der Sexismus, den die Filme haben, dann auf einmal umgedreht werden müsste - wenn Roger Moore (1927 - 2017) in "Tödlicher Mission" von 1981 zum Beispiel zu seiner Bettgefährtin sagt: "Jetzt zieh dich an und ich kauf dir ein Eis". Das aus dem Mund einer Frau zu einem Mann, das hätte einen ganz anderen Unterhaltungswert!
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