"Schlafende Frau" in Wuppertal

Das Chaos einer bedrohten Welt

06:44 Minuten
Eine Tänzerin liegt angestrahlt von Scheinwerfern am Boden
Inspiriert von "Solaris": die Tanzchoreographie "Schlafende Frau" von Rainer Behr © Tanztheater Wuppertal
Elisabeth Nehring im Gespräch mit Vladimir Balzer · 20.01.2022
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Rainer Behr hat am Tanztheater Wuppertal die Tanzchoreographie „Schlafende Frau“ inszeniert. Für das Ensemble gab es Standing Ovations vom Publikum, sagt Kritikerin Elisabeth Nehring – und ist trotzdem von der Premiere eher enttäuscht.
Nach monatelanger Verschiebung wegen der Pandemie konnte jetzt die Tanzchoreographie „Schlafende Frau“ in Wuppertals Opernhaus vor Publikum uraufgeführt werden. Für seine erste große Arbeit mit dem Tanztheater Wuppertal Pina Bausch habe sich der Choreograph Rainer Behr von Andrei Tarkowskis Science-Fiction-Film „Solaris“ inspirieren lassen, sagt Kritikerin Elisabeth Nehring.

Das Setting regt die Fantasie an

Schon die Anfangsszene mit abgestellten Bühnenscheinwerfern, einem schiefen Tisch und einer schlafenden Frau erinnere an diesen Klassiker – und rege die Fantasie an, ohne zu plakativ zu sein.
„Der Tänzer Andrey Berezin steht in einer Art Lager, es kann aber auch ein Labor oder ein Versteck sein. Der Blick in die Außenwelt geht nur über Computerscreens – und er selbst könnte alles Mögliche sein: ein Forscher, ein letzter Überlebender.“
Die Inszenierung arbeitet sich im Laufe immer weiter vor in die Gegenwart einer bedrohten Welt "mit ihren Unsicherheiten und ihrem Chaos". Behr versuche das Thema Auflösung und die Sehnsüchte, die daraus entstehen können, mit einem großen Bogen zu umfassen, erläutert Nehring.
Dabei gebe es viele gut gearbeiteten Szenen. Behr folge damit der legendären Choreografin Pina Bausch. Behr war ab 1995 selbst Ensemblemitglied unter Bauschs Leitung in Wuppertal. Seine choreografische Handschrift lebe von der Feinheit, sehr elegischen Gesten, aber auch wilderen Momenten „wie den durch die Luft geworfenen Haaren“.

Die Szenen halten nicht zusammen

Trotz einer bestechenden Präsenz des Ensembles und toller Figuren hat die Aufführung die Kritikerin jedoch nicht überzeugt. Für Nehring fehlte dem Abend der narrative Zusammenhalt.
„Es gab einfach zu viele lose Enden, die dann eben nicht wie bei Pina Bausch unmerklich zusammengewebt wurden. Es gab tolle Szenen, aber als Ganzes hat es nicht wirklich überzeugt.“

"Schlafende Frau"
am Tanztheater Wuppertal Pina Bausch
Choreographie: Rainer Behr
mit Anrey Berezin, Emma Barowman u.a.

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