"Take-Away-Show": Reiner Maria Matysik

Kunsthalle Wilhelmshaven verleiht Skulpturen

07:10 Minuten
Eine Wolkenlandschaft von Reiner Maria Matysik.
Die meisten der Werke von Reiner Maria Matysik können unter dem Arm nach Hause transportiert werden. Nur für den Abtransport dieser Wolkenlandschaft waren vier Menschen und ein Lkw nötig. © Ricardo Nunes, VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Reiner Maria Matysik im Gespräch mit Vladimir Balzer · 18.04.2020
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Vom Corona-Shutdown sind nicht nur Theater, sondern auch Galerien und Museen betroffen. Der Künstler Rainer Maria Matysik verleiht seine Plastiken, damit sie trotzdem ein Publikum finden – aber dafür gibt es eine Bedingung.
Eigentlich hätte Rainer Maria Matysik seine Werke in der Kunsthalle Wilhelmshaven ausstellen sollen, doch dann kam alles anders und die fertig geplante Schau konnte nicht eröffnet werden: Corona-Shutdown! Nun werden seine Skulpturen und Objekte, insgesamt 400 an der Zahl, an Interessierte verliehen.
"Die Ausstellung darf nicht von einem Publikum besucht werden. Darum habe ich gesagt: Okay, wir bringen dann die Objekte zu den Betrachterinnen", berichtet Rainer Maria Matysik. Im Augenblick sei dies die einzige Möglichkeit, etwas zu tun, zudem eine gute Möglichkeit, wie der Professor für Dreidimensionales Gestalten sagt. Dadurch schaffe man nämlich eine "ganz intensive Situation", weil die Objekte bis zu sechs Wochen – bis zur sogenannten Rückrufaktion – bei den Betrachterinnen und Betrachtern zu Hause bleiben können.
Der Künstler Reiner Maria Matysik.
Für Reiner Maria Matysik sind seine Kunstwerke keine Objekte, sondern gewissermaßen auch Akteure. Nun schickt er sie wie Satelliten in private Wohnzimmer, wo sie eine Beziehung mit den Gastgebern eingehen. © Roland Baege
Schon vor der Coronakrise wollte der Kunstprofessor kein herkömmliches Ausstellungskonzept. Er fragt sich: Sind die Objekte, die er herstellt, Akteure? Können sie anders gelesen werden als eine Skulptur, die irgendetwas abbildet?

Objekte losschicken wie Satelliten

Ein Teil der Plastiken sollte von Anfang an in einer Art Assemblage präsentiert werden, "wo halbfertige Objekte und Naturobjekte vom Publikum hätten transformiert werden können – zu anderen Arrangements".
Anstatt die Objekte an einem zentralen Ort zu sammeln, sollten sie nun wie Satelliten losgeschickt werden, sagt Matysik: "Und diese Satelliten sind sozusagen die zersplitterte Ausstellung, die in privaten kleinen Orten einsam isoliert stattfindet."

Einzige Bedingung: Tagebuchführen

Dort bleiben die Werke, bis sie zurückgerufen werden – "in diese eigentliche, konzipierte Ausstellungssituation". Eine Bedingung gibt es allerdings: Die Betrachter sollen bei der Rückgabe der Kunstwerke eine Art Tagebuchbericht mitliefern: ein Stück Musik, einen Text oder ein Bild. Es soll wiedergeben, was zwischen dem Objekt und der Person passiert ist.
Die Hoffnung ist, dass diese Historie Teil der Ausstellung wird, sobald sie an einem zentralen Ort stattfindet.

(ckr)
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