Syrische Autorin Rasha Abbas

Das Bizarre am Neu-Sein in Deutschland

Porträtfoto der syrischen Schriftstellerin Rasha Abbas vor einer Wand mit Graffiti. Sie lebt momentan in Berlin im Exil.
Die syrische Schriftstellerin Rasha Abbas, die momentan in Berlin im Exil lebt. © privat
Von Julia Schlager |
Absurde Wettstreite unter Flüchtlingen, schrullige Vermieter, höhepunktlose Texte in Integrationskursen: Die syrische Schriftstellerin Rasha Abbas hat in ihrem Berliner Exil mit "Die Erfindung der deutschen Grammatik" einen humorvollen Bericht über den Alltag von Neuankömmlingen in Deutschland verfasst.
Berlin, Schöneberg. Die syrische Schriftstellerin Rasha Abbas spaziert durch ihre neue Nachbarschaft Richtung Kaffeehaus. Rasha Abbas hat in ihrem Berliner Exil ein Buch geschrieben. Eine Kurzgeschichtensammlung mit dem Titel "Die Erfindung der deutschen Grammatik".
"Sagen wir, ich wollte Deutsch in der Schule des Lebens lernen. Aber leider war die Schule geschlossen. Deutsch auf der Straße aufzuschnappen, ist schwer und wenn man langsam spricht, antworten die Leute sofort auf Englisch."
Rasha Abbas schlug doch den klassischen Weg ein und machte einen Kurs. Der sei, wider Erwarten, sehr ergiebig gewesen, erzählt die Autorin auf dem Weg in ihre Wohnung. Vor allem als Inspirationsquelle für Geschichten, lacht sie, und holt ein Übungsbuch aus ihrem Arbeitszimmer.
"It's a letter, supposedly: 'Liebe Sarah, du bist nicht da. Ich bin traurig. Ich spiele Klavier. Ich arbeite, ich schreibe, ich warte. Wann kommst du? Bist du traurig? Wartest du?' So, you will find maybe a little bit of more action. In the Arab world or places like Syria."
"Verbesserungsvorschläge für die Lehrpläne von Integrationskursen" heißt eine der Erzählungen. Es ist ein ironischer Erfahrungsbericht, der erzählt wie es ist, als Flüchtling an einem Integrationskurs teilzunehmen und mit höhepunktlosen Texten wie diesem Brief gelangweilt zu werden. Für Rasha Abbas ist das ein erfrischendes Spiel mit Stereotypen.

Die Herausforderung, gerade jetzt etwas Leichtes zu schreiben

"Die Erfindung der Deutschen Grammatik" ist kein sprachanalytisches Werk, sondern ein humorvoller Bericht über das Neu-sein in Deutschland.
"This is a mysterious paper. 'Unterkunftsplatznachweis'. Is this right?"
Rasha Abbas erzählt, schmückt aus, führt den Leser in ihr Berlin und schickt ihn nicht selten wieder raus, in bunte Fantasiewelten.
"Derzeit würde man sich von syrischen Autoren wohl eher Geschichten voller Gewalt und Schwermut erwarten. Solche Texte habe ich zwar auch, aber gerade jetzt was anderes zu schreiben, war die größere Herausforderung."
Und so berichtet Rasha Abbas von bizarren Asyldistanzierung- und Wer-ist-weniger-Flüchtling-Wettstreiten, von schrulligen Vermietern oder der drohenden Hipster-Apokalypse.
"Die Atmosphäre in Syrien war so restriktiv, dass heute in der Literatur viele Genres komplett abwesend sind. Ich würde gern wieder mal wen einen Krimi schreiben sehen. Oder Science Fiction, oder diesen romantischen Trash. Wir brauchen das, auch diese leichten Sachen."

Rasha Abbas: Die Erfindung der deutschen Grammatik (Kurzgeschichensammlung)
übersetzt von Sandra Hetzl
Verlag mikrotext, Berlin, 2016
ebook

Rasha Abbas wurde 1984 in der syrischen Küstenstadt Latakia geboren, und wuchs in Damaskus auf. 2013 zog sie aus politischen Gründen nach Beirut, 2014 erhielt sie ein Stipendium und flog nach Deutschland. Per Flugzeug und mit einem offiziellen Visum einzureisen sei eine "Luxussituation" gewesen, sagt die Autorin. Jetzt lebt sie in Berlin im Exil.

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