Ein Roman mit Soundtrack
Sybille Hein im Gespräch mit Andrea Gerk · 25.09.2017
Sybille Hein ist ein Multitalent: Sie ist Kabarettistin, Illustratorin und Musikerin. Nun hat sie ersten Roman für Erwachsene veröffentlicht. Das Besondere: Es gibt einen Soundtrack zum Buch – mit Songs der Künstlerin.
"Die Lieder waren einfach zuerst da. Ich wusste erst auch gar nicht, dass ich da einen Roman schreibe. Das hat sich dann so ergeben", sagt Sybille Hein. "Das war wirklich ein Zufall."
Als die Künstlerin nach der Geburt ihres zweiten Kindes nach neuer Inspiration suchte, war ihr schnell klar: Ein Comeback als Kabarettkünstlerin würde es nicht geben.
"Es passt irgendwie nicht so richtig zu so einem Familienalltag dieses Kabarettleben."
Berlin-Blues trotz Familienleben
Stattdessen begann Sybille Hein Lieder zu schreiben und darin ihren Berlin-Blues auszudrücken. Denn obwohl sie selbst verheiratet ist und zwei Kinder hat, wurde die Einsamkeit in Berlin zum Hauptmotiv ihrer Songs.
"Daraus haben sich dann immer mehr Geschichten entwickelt. Und plötzlich dachte ich, was wird denn das jetzt? Und dann meinten gute Freunde, das wird wahrscheinlich ein Roman."
Immer wieder sind in dem Roman Liedtexte integriert, die Sybille Hein schon vor einigen Jahren komponiert hat. Sie liefern den Soundtrack zur Prosa.
"Ich stelle mir natürlich schon vor, dass es an den Stellen im Text, wenn der Liedtext abgedruckt wird, dass man sich vielleicht schon das Lied anhört, weil es ja dann auch zur Stimmung der Hauptperson passt."
Verliebt in einen Großstatdtcasanova
Emotional durchlebt Pia, die Hauptfigur ihres Romans, eine emotionale Achterbahnfahrt. Sie ist eine lebenslustige Frau Mitte Dreißig, die sich in einen Großstadtcasanova verliebt, der ihr am Tiefkühlfach eines Supermarkts über den Weg läuft. Natürlich ist der Typ eine Enttäuschung, trotzdem gibt es für Pia ein Happy End. In ihrem Roman, erzählt Sybille Hein, habe sie letztendlich sogar ihre eigene Sehnsucht nach einer neuen Liebe verarbeitet.
"Ich war Anfang 40 und hatte unglaubliche Lust mich neu zu verlieben."
Mit Mann und Kindern war das für Sybille Hein aber keine Option. Deshalb schrieb sie lieber einen Roman. Anfangs sei ihr das aber schwer gefallen.
"Ich komme vom Kabarett, vom kurzen pointierten Text. Ich wusste am Anfang gar nicht, wie man eine Begegnung ausführlicher schreibt. Das musste ich lernen. Das war hart. Sie können meinen Mann fragen, der hat wirklich schlimme Stunden mit mir erlebt."
Musik statt Schreibblockade
Nicht nur ihr Mann auch die Musik half Sybille Hein beim Schreiben ihres Romans.
"Das mache ich manchmal, wenn ich mich festgeschrieben habe, so ganz viele Knoten im Kopf habe und ganz verkrampft bin, dass ich dann Musik laufen lasse, Damit ich mich nicht so sehr auf meine eigenen Worte im Kopf konzentriere."
Musik ist somit ein Leitmotiv von Sybille Heins Leben und Schreiben. "Vorwärts küssen – rückwärts lieben" ist aber nicht nur ein Buch mit einem Soundtrack, sondern eine Art Gesamtkunstwerk. Denn Sybille Hein hat dem Buch auch Skizzen beigefügt.
Schreiben, Zeichnen und Musizieren sind für die Künstlerin nicht grundsätzlich etwas Verschiedenes, sondern unterschiedliche Arten ihre Kreativität auszuleben.
"Ich habe in den letzten drei Jahren gelernt, dass das, was mir beim Zeichnen leichtfällt, dass das beim Romanschreiben doch sehr ähnlich ist. Im Guten, wie im Schlechten."
(mw)
