Nach Supreme-Court-Entscheidung

Wo das Abtreibungsrecht in den USA eingeschränkt wurde

Der demokratische Senatsmehrheitsführer Chuck Schumer steht in einer Gruppe Menschen hinter einem Rednerpult vor dem US Kongress. Vor ihm steht ein Schild: "Senate Democrats will defend abortion access."
Lagerbildung: Während sich die meisten Republikaner gegen ein Recht auf Abtreibung aussprechen, sind die meisten Demokraten dafür. © Getty Images / Drew Angerer
06.03.2023
Im Juni 2022 kippte der Oberste Gerichtshof der USA das liberale Abtreibungsrecht. Das Urteil des mehrheitlich konservativen Supreme Court hat in einigen US-Bundesstaaten schon zu strengeren Abtreibungsgesetzen geführt - und weitere könnten folgen.
Mit seiner Entscheidung, die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch künftig den Bundesstaaten zu überlassen, hat das Oberste Gericht der USA das bislang liberale Abtreibungsrecht des Landes kassiert - nach fast einem halben Jahrhundert.
Die Entscheidung macht Schwangerschaftsabbrüche zwar nicht illegal, jedoch "gewährt die Verfassung kein Recht auf Abtreibung" mehr, heißt es in der Urteilsbegründung. Einzelne US-Bundesstaaten können nun selbst darüber entscheiden.
Einschränkungen und Verbote von Abtreibungen folgten daraufhin in vielen republikanisch regierten Bundesstaaten. Republikanische Kandidaten machten bei Wahlen „Pro Life“-Wahlkampf.

Welche Grundsatzurteile galten bis Juni 2022 zur Abtreibung in den USA?

Das Recht auf Abtreibung wurde 1973 durch ein Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshof im Fall Roe v. Wade festgeschrieben. Weiterhin wegweisend ist das Urteil Planned Parenthood v. Casey. Hier wurde das Recht auf Abtreibung 1992 nochmals bestätigt.
Damals entschied das höchste Gericht, dass einzelne US-Staaten kein Recht haben, Schwangerschaftsabbrüche vor der 24. Schwangerschaftswoche zu verbieten. Dies ist der Zeitpunkt, ab dem ein Fötus außerhalb des Mutterleibes als lebensfähig gilt.

Was hat der Supreme Court 2022 entschieden?

Der Richterspruch hat die Garantie auf Abtreibung beendet. Jeder Bundesstaat kann entscheiden, ob er Schwangerschaftsabbrüche einschränken oder verbieten will. Staaten im Süden und Mittleren Westen haben umgehend umfassende Abtreibungsverbote verhängt. Diese werden allerdings juristisch angefochten.
Anlass der Gerichtsentscheidung war das Abtreibungsrecht im US-Bundesstaat Mississippi. Dies verbietet Abtreibungen nach der 15. Woche. Die Mehrheit der neun Richter des Supreme Courts kommt seit der Präsidentschaft von Donald Trump aus dem konservativen Lager. Nur drei Richter stehen den Demokraten nahe. Diese stimmten gegen den Gesetzentwurf.

Wie begründet das Gericht seine Entscheidung?

"Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung", heißt es in der Urteilsbegründung. Über Abtreibungsgesetze müssten die politischen Institutionen entscheiden, nicht die Gerichte. Der konservative Richter Samuel Alito schrieb in dem Urteil, die Entscheidung im Fall Roe vs Wade 1973 sei immer falsch gewesen.
Die meisten Bürgerinnen und Bürger der USA sind allerdings für ein Recht auf Abtreibung. Abtreibung sollte „in den meisten oder allen Fällen“ legal sein, sagten 64 Prozent der Befragten in einer Umfrage des Public Religion Research Institut. 34 Prozent finden hingegen, Schwangerschaftsabbrüche sollten in allen oder in den meisten Fällen verboten sein.
Ergebnisse einer nationalen Umfrage in den USA nach Parteizugehörigkeit im Juli 2022 zur Entscheidung des Supreme Court zur Abtreibung
© Statista / SCRI; New York Times

Wo sind Schwangerschaftsabbrüche eingeschränkt oder verboten?

Fast vollständig wurde Abtreibung bisher in zwölf Bundesstaaten verboten: Alabama, Arkansas, Idaho, Kentucky, Louisiana, Mississippi, Missouri, Oklahoma, South Dakota, Tennessee, Texas und West Virginia. Es laufen aber noch Klagen gegen die Entscheidungen.
Verbote in Ohio, Indiana und Wyoming wurden von Gerichten gestoppt. Es gibt aber noch Berufungsverfahren. Das oberste Gericht von South Carolina kassierte ein Abtreibungsverbot nach der sechsten Schwangerschaftswoche ein. Dieses verstoße gegen das Recht auf Privatsphäre, hieß es. Insgesamt wird geschätzt, dass rund die Hälfte der 50 Bundesstaaten Abtreibungen verbieten werden.

Welche Folgen hat das für Schwangere in den USA?

Die Vereinigten Staaten werden im Abtreibungsrecht zu einem Flickenteppich. Ein Bild wie vor 50 Jahren: Wer über Geld und Bildung verfügt, kann in möglicherweise weit entfernte liberale Bundesstaaten reisen und dort die Schwangerschaft beenden lassen. Andere Frauen müssen "Hinterzimmer-Abtreibungen" auf sich nehmen.
Der Tag

Nicht Maschinen, sondern Menschen: Ab 9:51 spricht USA-Korrespondentin Doris Simon über Auswirkungen des Supreme-Court-Urteils.

25.02.2023
21:05 Minuten
Ein dunkelrot eingebundener Pass mit folgender Prägung in goldenen Buchstaben: Europäische Union. Bundesrepublik Deutschland. Reisepass und dem Bundesadler.
Ein dunkelrot eingebundener Pass mit folgender Prägung in goldenen Buchstaben: Europäische Union. Bundesrepublik Deutschland. Reisepass und dem Bundesadler.
Schwangerschaftsabbrüche haben immer eine soziale Dimension. Die Zahlen sind dort besonders hoch, wo es schlechten Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung gibt. Mit der Frage "Wie kann ich richtig und sicher verhüten" sind in armen Gegenden viele überfordert. Gerade hier wirkt sich ein Abtreibungsverbot negativ auf das Leben vieler Frauen aus.
(dlf/epd/AP/Doris Simon/beb)

Abonnieren Sie unseren Denkfabrik-Newsletter!

Hör- und Leseempfehlungen zu unserem Jahresthema „Die wehrhafte Demokratie“. Monatlich direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

Willkommen zurück!

Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.
Mehr zum Thema