Südafrika

Zahnchirurgen helfen Nashörnern im Krüger-Nationalpark

Nashorn im Krüger-Nationalpark in Südafrika
Nashorn im Krüger-Nationalpark in Südafrika © imago/Anka Agency International
Von Michael Lange |
Allein im letzten Jahr töteten Wilderer mehr als 1200 Nashörner in Südafrika wegen ihrer kostbaren Hörner, die nach Ostasien geschmuggelt werden. Um die Tiere dauerhaft zu schützen, versuchen Mediziner im Krüger-Nationalpark dauerhaft die Hörner zu entfernen.
Die Sonne ist gerade aufgegangen über dem Krüger-Nationalpark, dem größten Refugium für Wildtiere in Südafrika. Der Bus mit den Besuchern fährt langsam durch das offene Gelände. Alle halten gespannt Ausschau. David Bunn begleitet die Besuchergruppe. Im Hauptberuf leitet der Professor ein Forschungs- und Studienzentrum für den ländlichen Raum. Es gehört zur University of the Witwatersrand. Die kleine Elefantenherde zur Linken ist für ihn nichts besonders, aber dann zeigt er in die andere Richtung – und wird plötzlich ruhig.
"They are wonderful. Really wonderful…"
Ein etwa drei Tonnen schweres Nashorn steht im hohen Gras der Savanne – begleitet von einem Jungtier. Das Fahrzeug, das sich langsam nähert, scheinen die beiden Rhinozerosse gar nicht zu bemerken.
"Ich bin sehr überrascht, diese Tiere hier zu sehen. Der zuständige Wildhüter hat mir gestern berichtet, dass fast alle Tiere in diesem Teil des Parks von Wilderern getötet wurden. Der Nationalpark verliert viele hundert Tiere jedes Jahr."
Im letzten Jahr töteten Wilderer über 1200 Nashörner in Südafrika. Ein trauriger Rekord. Viele Wilderer kommen aus dem Nachbarland Mosambik. Sie verschwinden mit ihrer Beute blitzschnell über die Grenze, und von Mosambik werden die kostbaren Hörner nach Ostasien geschmuggelt. Dort zahlen Kunden bis zu 150.000 Euro für ein einziges Nashorn. Es gilt als Heilmittel in der traditionellen chinesischen Medizin, aber auch als Statussymbol.
Kein Beweis für medizinische Wirkung
Dabei besteht das Nashorn ausschließlich aus Keratin. Das ist das gleiche Eiweiß, aus dem Fingernägel aufgebaut sind. Für die medizinische Wirkung des Horns oder des Hornpulvers gibt es keinerlei wissenschaftlichen Beleg. Um das Nashorn zu schützen hat sich der Chirurg Gerhard Steenkamp vom tierärztlichen Institut der Universität Pretoria gemeinsam mit Kollegen etwas Besonderes einfallen lassen. Während er bei einem Wildhund unter Narkose eine Zahnbehandlung durchführt, berichtet er über seine Erfahrungen mit Nashörnern.
"Ich habe regelmäßig mit Nashörnern zu tun, hier in der Tierklinik, aber meist draußen auf den Farmen und in Safari-Parks. Die Tiere sind einfach zu groß, um sie hier auf den Operationstisch zu legen."
Mehrfach wurde Steenkamp gerufen, wenn ein Nashorn von Wilderern schwer verletzt wurde. Eigentlich haben es die Wilderer nur auf das Horn der Tiere abgesehen. Aber das lassen sich die wehrhaften Nashörner nicht so einfach abschlagen. Deshalb werden die Tiere mit schweren Waffen getötet oder verletzt, so dass sie sich nicht mehr bewegen können. Dann schlagen die Wilderer das Nashorn ab, meist mit einer Art Machete.
"Wenn das Nashorn den Angriff der Wilderer überlebt, versuchen wir es zu retten. Und zwar so, dass es in die Wildnis zurückkehren und sich wieder fortpflanzen kann."
Projekt zum Schutz der Nashörner
Während er mit seinem feinen Zahnarztinstrumenten den Wildhund weiter behandelt, berichtet Gerhard Steenkamp von seinem neuesten Projekt zum Schutz der Nashörner.
"Wenn wir das Horn der Tiere dauerhaft entfernen, so dass es nicht mehr nachwächst. Dann könnten wir in Reservaten oder Parks kleine Herden entthronter Nashörner vor Wilderern schützen – als Versicherung für die Zukunft. So lange sie kein Horn besitzen, sind die Tiere für Wilderer. "
Mit Methoden, die er selbst entwickelt hat, entfernt der Chirurg die Wurzel des Nashorns vollständig, ohne dass das Tier eine dauerhafte Verletzung davonträgt. Diese Operation kann nur von Spezialisten durchgeführt werden und findet unter Narkose statt. Nur wenn alle Stammzellen aus dem Oberkiefer beseitigt werden, wächst das Nashorn nicht mehr nach.
Die Prozedur ist rein chirurgisch, betont Gerhard Steenkamp. Die Nachkommen dieser Tiere werden wieder ein ganz normales Horn tragen. Aber dieses Verfahren kann nur einzelne Tiere in einer geschützten Umgebung retten. Das weiß der Chirurg. Leider ist es nicht möglich, tausende Nashörner in freier Wildbahn so zu behandeln, aber eine kleine Gruppe könnte ohne Horn überleben.
"Wenn alle Tiere auf einem begrenzten Gelände kein Horn besitzen, dann verhalten sie sich ganz normal. Sie zeigen ihr typisches Imponier-Verhalten und können auch miteinander kämpfen. Wir wissen aber nicht, was geschieht, wenn einige Tiere ein Horn besitzen und andere nicht. Das müssten wir eigentlich ausprobieren, aber die Zeit haben wir nicht. Wenn wir fünf Jahre forschen, sind weitere 5.000 Tiere verschwunden."
Gerhard Steenkamp hofft, dass die Nashörner in freier Natur gerettet werden können. Aber wenn nicht, soll sein Verfahren die Rückkehr der Tiere irgendwann ermöglichen. Es würde reichen einige Dutzend Tiere ohne Nashorn in einem kleinen Reservat zu schützen. Sie könnten dann, wenn die Wilderei irgendwann besiegt ist, eine neue Nashorn-Population begründen.
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