Protestwelle in China

"Das ist wahnsinnig mutig"

05:42 Minuten
Menschen in Peking stehen teilweise ohne Maske dicht aneinander und halten weißer Blätter hoch. Sie protestieren gegen die strikte Null-Covid-Strategie der Regierung sowie gegen Zensur.
Das weiße Blatt als Zeichen gegen Zensur: In Peking gehen Menschen teilweise ohne Maske auf die Straße, um gegen die strikte Null-Covid-Strategie der Regierung sowie gegen Zensur zu protestieren. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Koki Kataoka
Ann-Katrin Müller im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 28.11.2022
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In China werden die Proteste gegen die Null-Covid-Strategie der Regierung lauter. Das gibt der Journalistin Ann-Katrin Müller Hoffnung. Sie spricht über die Unterdrückungsmethoden des Regimes und die Verantwortung der Bundesregierung.
Sie recken weiße Blätter in die Höhe oder posten weiße Quadrate in den sozialen Netzwerken. In China demonstrierten zuletzt am Sonntagabend wieder Tausende gegen die Null-Covid-Politik der Regierung unter Xi Jinping.
Das weiße Blatt steht symbolisch für das, was in dem kommunistischen Land noch geäußert werden darf: wenig bis nichts. Denn neben einer zu strikten Corona-Bekämpfung kritisieren die Menschen vor allem die mangelnde Meinungs- und Pressefreiheit sowie eine staatliche Zensur. Einige fordern den Machthaber gar zum Rücktritt auf.
"Das ist wahnsinnig mutig", sagt die Journalistin Ann-Katrin Müller über die öffentlichen Proteste. "Das Corona-Regime in China ist definitiv übertrieben und autoritär." Daher können sie den Unmut der Menschen verstehen, so die "Spiegel"-Autorin. Einige sehen die Protestmärsche bereits als Zeichen für eine Öffnung des Landes und der Gesellschaft.

Unterdrückter WM-Jubel

Man dürfe aber die staatliche Zensur nicht unterschätzen, meint Müller. "Es geht jetzt sogar so weit, dass die Fanbilder aus Katar im chinesischen Fernsehen herausgeschnitten werden, weil man dort sieht, dass die Menschen keine Maske tragen", erklärt sie. Diese Art der Zensur sei sehr weitgehend, aber auch jahrelang so erprobt.
Ein wenig Hoffnung habe die Journalistin dennoch in Hinblick auf die freie Meinungsäußerung in den sozialen Netzwerken. Diese würden immer wieder Ausschnitte aufblitzen lassen, sagt sie. Aber auch hier setzt die Regierung auf Unterdrückung.
Eine Luftaufnahme aus Zhengzhou in der chinesischen Provinz Henan zeigt eine große leere Autostraße sowie Straßenzüge ohne Menschen während des strikten Covid-Lockdowns.
Die Hauptstadt in Chinas Provinz Henan, Zhengzhou, sieht während des strikten Covid-Lockdowns aus wie eine Geisterstadt.© picture alliance / Photoshot
Sollte es zu einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste kommen wie 1989, wünscht sich Müller ein deutliches Zeichen von Deutschland.
"Die neue China-Strategie der Bundesregierung ist nicht so scharf, wie sie hätte ausfallen können, und gleichzeitig dem Kanzleramt noch zu scharf." Die Redakteurin sieht dahingehend künftig viel Diskussionspotenzial innerhalb der deutschen Regierung.
(lsc/AFP)
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