Kanzlerbesuch in China

"Appelle können die Chinesen weglächeln"

07:41 Minuten
Chinas Präsident Xi Jinping empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Chinas Präsident Xi Jinping empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz: "Die Umstände dieser Reise sind schwierig", sagt Martin Bialecki. © picture alliance / dpa / dpa Pool / Kay Nietfeld
Martin Bialecki im Gespräch mit Jana Münkel · 04.11.2022
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Der Bundeskanzler ist zu Besuch in China. Den Zeitpunkt der Reise halten viele für unglücklich, auch der Journalist Martin Bialecki. Kritisch sieht er außerdem, dass es wieder einmal nur bei einer Erinnerung an die Wahrung der Menschenrechte bleibt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zu seinem ersten Amtsbesuch nach China gereist. Inhaltlich soll es unter anderem um die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen, Russlands Angriffskrieg in der Ukraine und die Taiwanfrage gehen.
Viele sehen die Visite des Kanzlers allerdings kritisch und fragen sich, warum ausgerechnet er der erste westliche Regierungschef sein muss, der Präsident Xi Jinping nach seiner Wiederwahl als allmächtiger Parteichef besuchen kommt.
„Das ist sicher nicht der beste Zeitpunkt für diese Reise gewesen“, findet auch Martin Bialecki, der Chefredakteur der Zeitschrift „Internationale Politik“ (IP). „Die Umstände dieser Reise sind schwierig, die Wirtschaftsdelegation, die er dabeihat, ist schwierig. Er setzt damit ein ganz merkwürdiges Signal.“

Wirtschaftsinteressen wieder mal im Vordergrund

Olaf Scholz‘ Erklärung, er habe in Peking auch an die Wahrung und Umsetzung der Menschenrechte erinnert, bringt aus Sicht von Bialecki vergleichsweise wenig. „Das ist eine klassisch deutsche Herangehensweise.“ Der Kanzler versäume es dabei, eine weitere Vertiefung der Handelsbeziehungen an die Einhaltung der Menschenrechte zu knüpfen.
„Dieses Verharren im Appellativen, was die Kanzlerin vor ihm ja auch immer gemacht hat – darüber werden sich die Chinesen freuen, weil das können sie einfach weglächeln.“ Bedauerlich findet Bialecki auch, dass Scholz den Schwerpunkt nur auf die Wirtschaftsinteressen gelegt und „diese sagenhaft große Delegation“ nicht mit Menschenrechtler*innen aufgestockt hat. „Diese Freiheit hätte der Kanzler gehabt.“

Keine abgestimmte Position mit der EU

Mit Blick auf die europäischen Partner hätte es der IP-Chefredakteur gutgefunden, wenn Scholz „nicht nur als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland dahin fahren würde, sondern eine abgestimmte Position mit der Europäischen Union im Gepäck hätte".
Im Vorfeld sei es eine große Hoffnung gewesen, dass der Bundeskanzler sein Auftreten in China nutzen würde, um klar zu machen, worum es Europa im Zusammenhang mit China geht. „So kommt er halt nicht als Vertreter Europas und schwächt damit auch ganz eindeutig die geostrategische Position der Europäischen Union.“

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