Streitgespräch zur Landtagswahl in Thüringen

Sollte die CDU mit der Linkspartei koalieren?

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Die Hände der Spitzenkandidaten Mike Mohring (CDU) und Bodo Ramelow (Die Linke) auf einem Tisch.
Nebeneinander oder Miteinander? Die Hände der Spitzenkandidaten Mike Mohring (CDU) und Bodo Ramelow (Die Linke) nach der Wahl. © picture alliance/dpa/Martin Schutt
Nadine Lindner und Vladimir Balzer im Gespräch mit Julius Stucke · 28.10.2019
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Die Regierungsbildung in Thüringen gestaltet sich schwierig. Eine mögliche Lösung wäre eine Koalition der Linkspartei mit der CDU – doch davon könnte am Ende nur die AfD profitieren. Könnte eine Minderheitsregierung den Parlamentarismus stärken?
Komplizierte Wahlergebnisse erfordern ungewohnte Koalitionsideen. Bodo Ramelow hat mit seiner Linkspartei bei den Landtagswahlen in Thüringen zwar als stärkste Partei abgeschnitten. Weiterregieren wie bisher, in einer rot-rot-grünen Koalition, kann er jedoch nicht. Nun richtet sich der Blick auf Koalitionsmöglichkeiten, denen vorher eigentlich eine Absage erteilt wurde nämlich auf ein Bündnis der Linkspartei mit der CDU.
Die Journalistin Nadine Lindner steht einer solchen Koalition kritisch gegenüber, und argumentiert mit der Funktion der CDU in der Parteienlandschaft: "Die CDU ist extrem wichtig, um die rechte Mitte zu binden und nicht noch mehr Wähler an die AfD, oder möglicherweise an die Nichtwähler, zu verlieren", sagt die Journalistin. Die bundespolitischen Nachwirkungen und "Kollateralschäden" eines solchen Experiments seien nicht abzusehen. Immerhin dürfe man nicht vergessen, dass auf einem Bundesparteitag der CDU beschlossen wurde, nicht mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten, so Nadine Lindner.

Koalition, Duldung oder Kooperation?

"Wenn man dieses Türchen öffnet, dann werden die Stimmen lauter, die sagen: ‚Wenn wir mit der Linken etwas machen, warum dann nicht mit der AfD?‘" Schon jetzt könne man beobachten, wie die AfD, namentlich Alexander Gauland, genau hier ansetze: "Da wird er so lange draufhauen, bis die CDU wirklich Schaden nimmt."
Der Journalist Vladimir Balzer hingegen sieht viele Gründe für die CDU, mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten. Und betont dabei, dass auch andere Modelle neben einer Koalition denkbar seien, etwa eine Kooperation oder die Duldung einer Minderheitsregierung.

Westdeutsche in ideologischen Gräben

"Das wäre eine Stärkung des Parlamentarismus und der Debatten, weil das Parlament über vieles entscheiden müsste", so Vladimir Balzer. Außerdem dürfe man nicht außer Acht lassen, dass sich laut einer Allensbach-Umfrage 72 Prozent der CDU-Wähler in Thüringen dafür ausgesprochen hätten, zumindest darüber nachzudenken, mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten.
Weiter sei die politische Kultur auf Landesebene eine andere als auf bundespolitischer Ebene, so Balzer. "Ich glaube, dass die Linkspartei in Thüringen bei weitem keine sozialistisch-ideologische Partei ist, sondern eine sehr pragmatische Partei, mit der die CDU durchaus zusammenarbeiten könnte."
Es seien interessanterweise vor allem die westlichen Politiker, die in ideologischen Gräben säßen. Die Linkspartei in Thüringen hingegen habe das "landesväterliche Bewusste, sozial Verankerte, kulturell Miteinschließende – und das könnte auch die CDU haben. Das könnte die beiden wirklich verbinden."
(rod)
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