Nach der Thüringen-Wahl

Warum nicht mal eine Minderheitsregierung?

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Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen (Die Linken), kommt auf die Wahlparty seiner Partei nach der Landtagswahl in Thüringen.
Landtagswahl in Thüringen: Für Bodo Ramelow und die Linken geht es jetzt an die Regierungsbildung. Die wird kompliziert. © dpa/ Jan Woitas
Christoph Schönberger im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 28.10.2019
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Nach der Landtagswahl in Thüringen wird eine Minderheitsregierung ins Spiel gebracht. Eine solche Regierung wäre "politisch verlässlich", sagt der Verfassungsrechtler Christoph Schönberger.
Nach der Landtagswahl in Thüringen ist eine erneute rot-rot-grüne Koalition aufgrund des Wahlergebnisses rechnerisch ausgeschlossen.
Ministerpräsident Bodo Ramelow hat mit den Linken die Wahl zwar klar gewonnen, aber seine bisherige rot-rot-grüne Regierung hat keine Mehrheit mehr.
Jenseits der AfD wäre eine Regierungsbildung nur möglich, wenn Union oder FDP mit den Linken kooperieren - denkbar wäre es dann, keine Koalition einzugehen, aber eine Minderheitsregierung zu dulden.
"Das ist schon gut vorstellbar, dass hier am Ende eine Minderheitsregierung herauskommt", sagt dazu der Verfassungsrechtler Christoph Schönberger, "denn es drängt sich ja nach dem Wahlergebnis keine Parteienkonstellation auf, von der man erwarten könnte, dass sie eine Koalition bildet und dann einen Ministerpräsidenten mit Mehrheit des Landtags wählt."
Schönberger erläutert, dass nach einer Wahl der neue Ministerpräsident in Thüringen in den ersten beiden Wahlhgängen vom Parlament mit absoluter Mehrheit gewählt werden muss, ab dem dritten Wahlgang reiche aber eine relative Mehrheit. Daher könne Ministerpräsidente Bodo Ramelow, der aktuell mit seiner Ministerriege noch geschäftsführend im Amt ist, auch mit einfacher Mehrheit wiedergewählt werden.

AfD geriert sich als System-Opposition

Eine Minderheitsregierung sei "nicht so tragisch", wenn es eben einen Duldungspartner gebe, sagt Schönberger. "Wenn wir uns etwa vorstellen: Die rot-rot-grüne Regierung macht weiter und es gelingt ihr, die FDP zum Beispiel für eine Duldung zu gewinnen. Und die FDP würde dann regelmäßig dieser Regierung im Landtag für politische Projekte die Mehrheit verschaffen. Dann hätten wir technisch eine Minderheitsregierung, tatsächlich wäre das aber politisch verlässlich."
Schönberger glaubt, dass derzeit keine Konstellation gegeben ist, in der irgendjemand in Thüringen mit der AfD regieren könnte. Die AfD geriere sich ja ohnehin als System-Opposition. Sie versuche, Kapital daraus zu schlagen, dass sie nicht in Regierungen eintritt und dass sie keine Mitverantwortung übernimmt.
Auf die Frage, ob es klug sei, die AfD von einer Regierungsbeteiligung auszuschließen, sagt Schönberger: "Demokratietheoretisch geboten ist natürlich nicht, dass man jede Partei, die im Landtag ist, an der Regierung beteiligt."
(huc)
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