Interimspräsidium zur Zukunft des PEN-Zentrums

"Wir brauchen jetzt eine Form von Aussöhnung"

06:36 Minuten
Deniz Yücel (li.) und Christoph Nix auf dem Podium bei der PEN-Tagung 2022 in Gotha.
Vergiftetes Klima: Deniz Yücel unter Verbalattacke von Christoph Nix bei der PEN-Tagung 2022 in Gotha. © picture alliance / dpa / Martin Schutt
Maxi Obexer im Gespräch mit Marietta Schwarz · 16.05.2022
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Wie kann es nach der Tagung in Gotha und dem Rücktritt von Deniz Yücel mit dem PEN-Zentrum weitergehen? Die Schriftstellerin Maxi Obexer ist Teil des neuen Notvorstandes und hofft auf professionelle Hilfe, um wieder ins Gespräch zu finden.
Auf der Mitgliederversammlung der Schriftstellervereinigung PEN am Wochenende in Gotha wurde stundenlang heftig gestritten, Schimpfwörter und Beleidigungen flogen hin und her. Man schrie sich an, drohte mit Unterlassungsklagen - und am Ende trat der erst seit Herbst amtierende Präsident Deniz Yücel zurück. Kurz darauf folgte das gesamte Präsidium.

Eine unverzichtbare Institution

In den danach gewählten Notvorstand wurde neben Interimspräsident Josef Haslinger auch die Schriftstellerin Maxi Obexer berufen. Das PEN-Zentrum müsse als wichtige Institution erhalten werden, sagt sie. Das gelte umso mehr in Zeiten zunehmender Konflikte und Kriege.
"Viele Menschen sind aufgrund ihrer Äußerungen bedroht und die Meinungsfreiheit ist in vielen Ländern gefährdet. Der deutsche PEN ist Anlaufstelle und Zufluchtsort. Er bietet Solidarität und Unterstützung an, und es wäre Irrsinn, diese lange gewachsene Institution einfach so fahren zu lassen."
Viele Teilnehmer der Versammlung seien über die Art des Umgangs und die heftigen Angriffe untereinander schockiert gewesen. "Ich glaube, dass viele am nächsten Tag über einen Austritt nachgedacht haben. Es ist sehr viel aneinander geraten und es sind unglaubliche Verletzungen passiert."

Inhaltliche Erneuerung des PEN

Jetzt sei es wichtig, die Vision des PEN aufrechtzuerhalten und die Anstöße weiterzuführen, die Yücel gegeben habe, so Obexer. Darunter die Ausweitung und Verbesserung des Programms "Writers in Exile" für verfolgte Schriftstellerinnen und Schriftsteller.
"Außerdem geht es um einen divers aufgestellten PEN, in dem sich eine pluralistische Gesellschaft widerspiegelt, in dem Debatten über Rassismus, Homophobie und Rechtsextremismus auf der Höhe der Zeit geführt werden. Das sind Debatten, die Yücel und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeschoben haben."
Der PEN sei kein Club alter weißer Männer, auch wenn einige von ihnen bei der Tagung dominant aufgetreten seien. Diese sprächen bei weitem nicht für alle Mitglieder. Obexer hofft, dass sich die Schockstarre über die Tagung bald löst und man sich auf die Gemeinsamkeiten besinnt:
"Wir brauchen jetzt eine Form von Aussöhnung, ohne jeden einzelnen Vorgang aufs Tablett bringen zu müssen. Ich glaube, wir sollten jetzt Profis einsetzen, um wieder gemeinsam ins Gespräch zu finden", sagt Obexer.
(rja)

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