Streamingdienste in Russland

Spotify startet mit Einschränkungen

07:35 Minuten
Das Logo von Spotify wird auf einem Smartphone angezeigt.
"Ausgerechnet die Podcasts sind in Russland bisher gar nicht erhältlich", wundert sich Thielko Grieß über die Strategie von Spotify. © picture alliance/onw-images/Marius Bulling
Thielko Grieß im Gespräch mit Oliver Schwesig · 21.07.2020
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Spotify ist letzte Woche in mehreren osteuropäischen Ländern gestartet. Nachdem der schwedische Streamingdienst Russland 2015 noch mied, ist er nun auch dort am Markt. Unserem Korrespondenten sind einige Besonderheiten des Angebots aufgefallen.
2015 hat Spotify den Schritt nach Russland aus wirtschaftlichen und politischen Gründen nicht gemacht, doch jetzt will das schwedische Unternehmen das Land mit 144 Millionen Einwohnern doch bedienen. Unser Russlandkorrespondent Thielko Grieß berichtet, offizielle Nutzerzahlen gibt es nach dem Start vor einer Woche noch nicht, aber immerhin eine sehr gute Bewertung im App-Store: 4,9 Sterne.
Weitere Daten, die bekannt geworden sind: Die meisten Nutzer kommen offenbar aus den russischen Großstädten, vorneweg Moskau und Sankt Petersburg. Die größte Nutzergruppe ist die zwischen 18 und 34 Jahren, und in der Mehrzahl sind es Männer.

Eilmeldung für eine App

In jedem Fall sei der Start von Spotify ein Ereignis im Land, sagt Thielko Grieß: "Ich habe selten erlebt, dass die Veröffentlichung einer App im App Store mit Eilmeldungen begleitet wurde." Es scheint so, als hätten doch viele Menschen in Russland darauf gewartet, dass der Dienst mit 50 Millionen Titeln im Katalog und 286 Millionen Nutzern weltweit auch den russischen Markt betrete.
Der Erfolg in Russland müsse aber nicht garantiert sein, meint Grieß. Das mobile Internet sei zwar sehr günstig, aber es gebe auch schon etablierte Konkurrenz. Große internationale Player wie Apple Music – und natürlich auch diejenigen, die in Russland groß geworden seien.
Boom, das zum VK-Netzwerk gehört, dem russischen Pendant zu Facebook, sei einer davon. Zudem habe das russische Google Yandex den Dienst Yandex Musik entwickelt, der auch schon recht verbreitet sei. Auch die verschiedenen Mobilfunkanbieter hätten ihre eigenen Streamingdienste, die Abos anböten. "Ein Monat kostet ungefähr so zwei Euro und da ordnet sich jetzt auch Spotify ein", erklärt Grieß.
Von einer Zensur hat Thielko Grieß nichts bemerkt. Erstaunlich angesichts des großen Angebots von Spotify für neue Podcasts im internationalen Markt sei allerdings, dass diese in Russland fehlen. "Ausgerechnet die Podcasts sind in Russland bisher gar nicht erhältlich." Was zu der kuriosen Situation führe, dass es zwar russischsprachige, auch politische Podcasts gebe, man allerdings kein russisches, sondern ein Konto aus einem anderen Land brauche, um diese Podcasts hören zu können, verdeutlicht Grieß.
"Das ist einigermaßen merkwürdig", sagt er. "Es gibt von Spotify auch keine Erklärung dafür, weshalb die Podcasts bisher nicht im Programm beworben werden oder mit enthalten sind."

Die Krim ist Tabu

Und noch eine Besonderheit gibt es: "Wer seinen App Store auf der Krim anwirft, der kann sich die App dorthin nicht herunterladen", berichtet Grieß. "Das Unternehmen ist diesen Weg gegangen, um europäische und US-Sanktionen zu vermeiden."
Grieß hat zudem das Gefühl, Spotify kenne den russischen Markt noch nicht besonders gut. "Es gibt bisher auch nicht die große Auswahl an russischer Musik – Spotify tritt auf mit dem internationalen Bouquet." Da muss das Unternehmen noch einiges tun, um auf diesem Markt mehr Fans zu bekommen, meint er.
Spannend könnte laut Grieß sein, ob Spotify für russische Bands eine in politischer Hinsicht neutrale Klammer sein könne. "Denn Services wie Yandex zum Beispiel sind eben russisch", erklärt er. "Die haben Schwierigkeiten in der Ukraine – auch ein russischsprachiger Markt. Weshalb es dort sozusagen auch technische Hürden gibt."
(mfu)
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