Stadtplanung in München

Eine "flächige" Metropole will hoch hinaus

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Münchner Stadtlandschaft mit der schnurstracks geraden Ludwigstraße und dem Siegestor. Rechts hinten ist die Frauenkirche zu sehen.
Die Münchner Skyline ist arm an hohen Gebäuden - die Frauenkirche (rechts im Bild) sollte bisher das Maß aller Dinge bleiben. Nun gibt es neue Hochhaus-Pläne. © AllOverMEV / imago-images
Nikolaus Bernau im Gespräch mit Vladimir Balzer · 24.07.2019
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In München wurden Pläne für zwei Hochhäuser vorgestellt, die 155 Meter hoch werden sollen. Damit würde ein Bürgerentscheid unterlaufen, sagt Architekturexperte Nikolaus Bernau. Für den Wohnungsmarkt seien solche Türme "vollkommen unsinnig".
Auf den Illustrationen, die das Architekturbüro Herzog & de Meuron vorgestellt hat, sähen die geplanten Hochhäuser sehr leicht und sphärisch aus, sagt Architekturkritiker Nikolaus Bernau:
"Sie schweben geradezu in ihre 155 Meter Höhe in den blauen bayerischen Himmel. Das ist schon hervorragend gezeichnet. Das Problem ist nur, dass so eine Architektur, wenn sie mal da steht, niemals schwebt. Das ist eine Masse, da hat man dann einfach mal zwei 155 Meter hohe Klötze."

Bedienung des Luxussegments

Das immer mal ins Feld geführte Argument, dass München wegen des überhitzten Immobilienmarktes auch nach oben wachsen müsse, lässt Bernau nicht gelten. Denn der Markt für Gewerbe-Immobilien in München sei relativ entspannt:
"Das große Problem ist der Wohnungsmarkt, und für den sind solche Türme vollkommen unsinnig. Denn die darin geplanten Wohnungen, die über den Gewerbeflächen und Büros entstehen sollen, werden auf jeden Fall Luxuswohnungen sein. Das ergibt sich schon durch die hohen Erschließungskosten bei solchen Projekten. Städte, die versuchen, Wohnungsnot auch mit Hochhäusern zu bekämpfen, beschränken sich auf eine Höhe von ca. 60 Metern. Da scheinen sich die Erschließungskosten und die notwendige technische Infrastruktur für normale Wohnungen zu rechnen. Darüber hinaus betritt man dann das Luxussegment."

Nichts darf die Frauenkirche überragen

Zudem würde die alte Paketposthalle in allernächster Nachbarschaft vollkommen ausgeweidet werden. "Das ist ein grandioses Stück Architektur der Nachkriegszeit, einer der phänomenalsten Bauten der 60er-Jahre. Von der wird dann eine Art großes Freidach übrig bleiben."
Mit dem grünen Licht für dieses Projekt würde auch eine Volksabstimmung aus dem Jahr 2004 unterlaufen werden, die Hochhäuser verbietet, die die Frauenkirche mit ihren knapp 100 Metern überragen. Außerdem sei München eine sehr flächige Stadt, relativ niedrig mit sehr langen Perspektiven und großen Aussichten: "Das bedeutet, dass die ganze Stadt von überall diese Türme sehen würde. Ich glaube, dass dieses Projekt noch sehr heftig debattiert werden wird."
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