Kanupolo

Auf dem Wasser geht's zur Sache

06:34 Minuten
Kanupolo bei der Deutschen Meisterschaft in Duisburg
Rund 50 Vereine spielen hierzulande Kanupolo auf Wettkampfebene. © dpa / picture alliance / Norbert Schmidt
Von Thomas Wheeler · 17.09.2023
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Kanu, Paddel, Helm: Damit kämpfen die Sportler beim Kanupolo um den Ball. Viele schützen sich zudem vor Verletzungen mit Weste und Ellbogenschoner - auch bei der Europameisterschaft in Brandenburg. Dort gab es nun starke deutsche Leistungen zu sehen.
Herrliches und heißes Spätsommerwetter brachte nicht nur die Kanupolo-Sportlerinnen und Sportler, sondern auch die zahlreichen Zuschauer auf den Tribünen ins Schwitzen. 2.000 waren es am Finalwochenende Anfang September bei der Europameisterschaft auf der Regattastrecke in Brandenburg an der Havel.
Mittendrin Ronald Rauhe, mehrfacher Kanu-Olympiasieger und Weltmeister in unterschiedlichen Disziplinen:

Ich bin tatsächlich als Kanupolo-Spieler groß geworden. Es ist eine sehr dynamische Sportart, sehr schnelle Sportart, die viel mit sich bringt: Koordination, Kraft, aber auch Taktik. Also vieles, was eigentlich aus vielen Sportarten zusammengesetzt ist, wird alles im Kanupolo abgefordert.

Ronald Rauhe, mehrfacher Kanu-Olympiasieger

Kanupolo habe ihm in seiner Entwicklung technisch viel gebracht, da er dadurch seinen Körper noch besser kennengelernt habe. Wo, wann und wie dieser Sport entstanden ist, ist bis heute unklar. Dazu gibt es mehrere Theorien.
Ronald Rauhe
Ronald Rauhe war Kanu-Weltmeister in unterschiedlichen Disziplinen. © dpa / picture alliance / Rene Weiss
Thilo Liebmann vom Verein Märkischer Wanderpaddler:

„In Großbritannien, wo man in Whiskeyfässern gefahren ist. Eine ganz witzige Geschichte, aber ob die stimmt, weiß keiner so ganz genau. Wahrscheinlicher ist, dass Wanderfahrer in ihren Booten auch mal einen Ball mitgenommen haben - und dann festgestellt haben, da kann man vielleicht auch ein Spiel draus machen.“

Erste Spielregeln vor knapp 100 Jahren

Das muss vor knapp 100 Jahren gewesen sein. 1926 wurde die Idee vom Deutschen Kanu-Verband aufgegriffen, und es wurden die ersten Spielregeln entwickelt. Sie erinnerten stark an Wasserball und Fußball.
Bis in die 90er-Jahre spielte man Kanupolo weltweit nach sehr unterschiedlichen Regeln. Erst dann wurden die Regeln vereinheitlicht. So wurden beispielsweise die Spieleranzahl auf Fünf gegen Fünf und die Spieldauer von 2 mal 30 auf 2 mal 10 Minuten reduziert. Was zu einer deutlich größeren Dynamik geführt hat.

„Insgesamt muss man sagen, dass der Ball schneller gespielt wird. Dadurch, dass man eine Shotclock eingeführt hat, also die Angriffszeit eben begrenzt ist auf 60 Sekunden, werden auch viel mehr Torabschlüsse gesucht. Als es diese Shotclock nicht gab, sind eben auch Spiele mal 1:0 ausgegangen. Das ist heute eher die Seltenheit.“

Spannende Spiele bei der Europameisterschaft

Spiele mit nur wenigen Toren gab es auch bei der Europameisterschaft in Brandenburg an der Havel nur selten. Meist waren die Spiele spannend und eng. Wie auch das Männer-Finale, in dem der Titelverteidiger und Gastgeber seinen dritten EM-Titelgewinn in Folge verpasste und mit 1:2 gegen Dänemark verlor.
Mit dabei war auch Leon Konrad vom Bundesligisten Rote Mühle Essen. Leon stammt aus einer Kanupolo-Familie. Seine Mutter und sein Vater haben früher selbst gespielt. Während der Partien tragen die Sportler einen Helm und eine Weste, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.

„Ehrlich gesagt sind die meisten Verletzungen eher an den Händen von den ganzen Paddeln. Und sonst, Ellbogen tuen unheimlich weh. Deswegen sieht man ganz oft die Spieler, dass die so kleine Ellbogenschoner haben.“

Boot kostet zweieinhalbtausend Euro

Kanupolo ist aber nicht nur ein kontaktaktiver, sondern auch ein kostspieliger Sport.  

„So ein Boot kostet mittlerweile, so ein Top-Modell, was wir wahrscheinlich alle fahren in der Bundesliga, zweieinhalbtausend Euro. Und die Paddel sind so im 200-, 300-Euro-Bereich.“

Bei Bundesligaspielern hält ein Boot maximal zwei, drei Jahre. Trainiert wird auf Spitzenniveau bis zu fünfmal pro Woche.

Der Sport hat sich weiterentwickelt

Der Kanupolosport hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und professionalisiert.
Das gilt auch für die Nachwuchsspielerinnen und Nachwuchsspieler. Zu ihnen gehört Lia Kölling, Kapitänin des U21-Nationalteams, das bei der EM die Silbermedaille gewonnen hat.

Die Gleichberechtigung bei uns ist schon gegeben. Natürlich ist der Männersport körperlich noch mal ein bisschen härter. Und entsprechend pfeifen die Schiedsrichter auch ein bisschen anders. Aber das finde ich auch völlig okay. Der Damensport ist dann mehr ein bisschen taktisch geprägt, bei den Männern ein bisschen mehr körperlich, aber ich finde diese Unterschiede sind völlig in Ordnung.

Lia Kölling, Kapitänin des U 21-Nationalteams

Lia Kölling kommt wie Leon Konrad aus einer Kanupolo-Familie. In den Kinder- und Jugendklassen trainieren Mädchen und Jungen bis zum 16. Lebensjahr gemeinsam. Gesichtet wird an Schulen und bei Ferienveranstaltungen.

Idealerweise beginnen Kinder zwischen acht und zehn Jahren

Acht bis zehn Jahre ist das ideale Alter, um mit dem Kanupolo zu beginnen.
Thoma Jondral, U21-Bundestrainer bei den Juniorinnen:
„Je früher die in so einem Boot sitzen, das ist einfach von Vorteil. Das ist genauso wie Laufen lernen. Bei denen ist das nachher so, die setzen sich in ein Boot, genauso wie wir jetzt von A nach B laufen. Ist in dem Boot nicht so einfach, wie es von außen aussieht. Ist sehr kippelig.“
Ohne Unterstützung der Eltern geht es aufgrund der hohen Materialkosten und sonstiger Herausforderungen allerdings nicht.

„Teilweise fahren die Eltern auch zu den Trainingslagern, zu den Wettkämpfen. Wir haben auch viele dabei, die unter 18 sind, die selber noch gar nicht fahren können. Bei eigentlich allen sind die Eltern die größten Fans und unterstützen das auch gerne.“

Eine Sportart, "die die Menschen cool finden"

Ungefähr 50 Vereine spielen hierzulande Kanupolo auf Wettkampfebene. Bei der deutschen Meisterschaft treten die Männer in vier Leistungsklassen gegeneinander an. Bei den Frauen gibt es momentan zwei Ligen. In der Jugend sind es derzeit etwa 20 Teams.
Kanu-Olympiasieger und Weltmeister Ronald Rauhe, sieht die Entwicklung des Kanupolo-Sports positiv.

„Man muss einfach sehen, was wir bisher geschafft haben. Wir haben sehr viel geschafft. Gerade auch bei den Finals, die dieses Jahr wieder stattgefunden haben, sieht man auch an den Einschaltquoten, dass es eine Sportart ist, die die Menschen einfach sehen wollen, die die Menschen cool finden. Wir sind auf einem guten Weg. Irgendwann haben wir vielleicht auch die große Chance, damit auch olympisch zu werden.“

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