Spitzengastronomie

Russland bekommt den ersten Guide Michelin

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Illustration: Grosse Gabel mit verschiedenen aufgespießten Lebensmitteln.
Nun wird es auch für russische Restaurants einen Michelin-Führer geben. Dort einen Stern (oder zwei oder drei) zu bekommen, ist beste Werbung. © imago / Ikon Images / Nick Lowndes
Von Florian Kellermann |
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Zum ersten Mal wird es einen Guide Michelin für Russland geben. Von 8000 getesteten Restaurants werden 50 in den Michelin-Führer aufgenommen. Mehrere Monate waren die Michelin-Experten im Sommer unterwegs, inkognito natürlich.
Der internationale Direktor der Michelin-Führer, Gwendal Poullennec, hat sich für den kurzen Werbefilm auf dem Roten Platz positioniert: "Ich bin sehr froh, endlich einen Michelin-Guide für Moskau anzukündigen", sagt er.
Der Film ist schon fast ein Jahr alt, seitdem fiebere die Gastronomie in der russischen Hauptstadt dem Ereignis entgegen, sagt der Restaurantkritiker Wladimir Gridin, der seit zehn Jahren für verschiedene Zeitschriften schreibt. (*)
"Er soll uns zeigen: Diese Typen, diese Chefköchinnen und -köche haben es drauf. Vor allem die Kunden warten auf diese Einschätzung. Na, und die Chefs wollen gestreichelt werden. Und auch die Geschäftswelt wird aufmerksam werden. Wenn es amtlich ist, dass unsere Restaurants auf weltweit höchstem Niveau kochen, dann wird es noch mehr Investitionen geben."

Moskau unterstützt Michelin-Führer

Aus den Worten des Restaurantkritikers ist eine gewisse Skepsis herauszuhören, denn Michelin denkt nach eigenen Angaben zwar schon lange über eine Ausgabe in Russland nach. Den Ausschlag gab nun aber die Unterstützung der Stadt Moskau, die das Projekt auch intensiv bewirbt.
Die Webseite von Michelin zitiert Bürgermeister Sergej Sobjanin: Er sei sicher, dass das Buch die Stadt für Touristen neu erschließen werde. Wladimir Gridin hofft, dass die Prüfer von Michelin ihre Sache trotzdem ernst genommen haben:
"Die Frage ist, ob die Michelin-Experten wirklich bewerten können, was in unseren Restaurants passiert. Wenn zum Beispiel bei uns etwas stark gesalzen ist, dann ist das für einen Franzosen schon furchtbar versalzen. Bei uns mögen die Menschen süße und leicht saure Geschmäcker. Wie kann also ein Franzose das Essen bewerten, das auf den russischen Geschmack zugeschnitten ist?"

50 Restaurants werden ausgezeichnet

50 Restaurants und Cafés in Moskau wird Michelin heute auszeichnen – von insgesamt rund 8.000. Mehrere Monate waren die Expertinnen und Experten im Sommer unterwegs, teilte das Unternehmen mit, inkognito natürlich.
Einer, der laut Branchengerüchten auf einen Michelin-Stern oder sogar mehrere hoffen darf, ist Chefkoch David Hemmerle. Am Telefon ist zu hören, wie er gerade die ersten Gäste begrüßt im Restaurant Grand Cru.
Der gebürtige Franzose aus dem Elsass spricht fließend Russisch, denn er kam schon 2001 nach Moskau. Seitdem arbeitete er immer wieder hier, mit Unterbrechungen. Zwischenzeitlich kochte er unter anderem in Paris, London und Dubai, darunter auch in einem Drei-Sterne-Restaurant.
"Ja, die Russen lieben Süße. Ich spiele damit. Ich entsafte Gemüse mit Dampf, Pastinaken zum Beispiel. Den Saft gebe ich zur Soße hinzu. Das gibt einen markanten Geschmack mit ein wenig Süße. Wenn ich so etwas mache, höre ich die Leute schwärmen, wie gut es ihnen schmeckt."

Französische Küche in Russland

Er führe seine Gäste eher behutsam an herbe und bittere Geschmacksnoten heran, sagt Hemmerle augenzwinkernd. Er beschreibt seine Küche als französisch. Dennoch schöpft er aus der Vielfalt des riesigen Russlands. Auf der Karte stehen Garnelen von der Insel Sachalin im Pazifik, zur Gänsebrust gibt es eine Soße aus heimischen Preiselbeeren.
Auf Auszeichnungen hoffen dürfen auch etwa das berühmte Café Puschkin und das "White Rabbit", zwei Restaurants mit dezidiert russischer Küche. Letzteres verbindet sogar russische Extreme – Weißkohl auf der einen und Kaviar auf der anderen Seite, zusammen in einer Pastete.
"Es kommt immer wieder vor, dass ich mich von der russischen Küche inspirieren lasse. Gerade habe ich mir so eine Suppe mit Weißkohl und roten Rüben ausgedacht. Die erinnert an Borschtsch. Ich mache auch Pelmeni, also Teigtaschen, die auf meiner Karte Ravioli heißen und für die ich eine Brühe aus Steinpilze verwende", sagt Hemmerle.
An den Speisekarten der Moskauer Spitzenrestaurants wird aber auch deutlich, dass sie im internationalen Trend liegen: Relativ simple Küche dominiert, Speisen, die Gäste verstehen und deren Zutaten sie kennen.
Zumindest die Voraussetzungen dafür, dass der Moskauer Michelin ein Erfolg wird, seien erfüllt, sagt der Kritiker Wladimir Gridin. Es gebe nicht nur viele Restaurants, in denen auf höchstem Niveau gekocht werde, es gebe auch einen rasch wachsenden Markt mit immer anspruchsvolleren Kunden.
(*) Redaktionelle Anmerkung: Wir haben die Schreibweise des Namens korrigiert.
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