Spanische Melancholie im Hörsaal
Lieder über eine verlorene Liebe, Heim- und Fernweh: Der Potsdamer Studentenchor Coro Pura Vida hat sich der spanischsprachigen Musik verschrieben. Für die Studenten ist das wöchentliche Treffen auch eine Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern.
Reni Gretsch: „Ja. Und wie spät ist es jetzt? Fünf vor halb acht. Um halb acht ist Eintrudeln. Eine ist schon da, die kopiert grad für mich. Und ich rechne mit zwischen acht und dreizehn Leuten.“
Nach und nach kommen fünf Studentinnen in den riesigen Hörsaal, holen sich glänzende Alu-Stühle aus der Cafeteria nebenan und stellen sie zwischen der Tafel und den aufsteigenden Sitzreihen im kleinen Kreis auf. Zusammen machen sie sich locker und singen sich ein. Karolin ist 25 Jahre alt. Sie studiert Spanisch und Englisch auf Lehramt.
„Mir macht das totalen Spaß, hier zu singen und ich fühl‘ mich hier immer wohler. Also ich hab angefangen, da war ich noch sehr sehr schüchtern, ganz am Anfang des Studiums, und wollte mich auch unbedingt in Spanisch verbessern. Hab das auch erst hier an der Uni gelernt, und dachte, der Chor in Verbindung mit Gesang ist die perfekte Gelegenheit dafür.“
Reni Gretsch: „Und einmal Lippenflattern … Wir machen heute ein komplett Neues, das heißt ‚Pal abrojal‘ und ist aus Uruguay. Das ist ein fröhliches Lied. Das hab ich über einen Freund kennengelernt, der ist Argentinier, und der singt das in einer Band.“
Reni Gretsch verteilt die Noten, Kopien eines handgeschriebenen Chorsatzes, den sie selbst arrangiert hat.
„Das ist mir total wichtig, und das ist für mich eins der wesentlichen Merkmale von dem Chor auch. Und ich kann mich so ausprobieren und machen und tun und probieren und kann gucken, zu wem passt welche Stimme. Und weil´s mir total Spaß macht.“
Reni Gretsch singt die Stimmen erst mal vor, weil sie weiß, dass es den meisten geht wie Karolin, die wenig Chorerfahrung hat und kaum Noten lesen kann.
Karolin: „Ich orientier‘ mich zwar an den Noten – es geht jetzt rauf, es geht jetzt runter –, aber ich könnte nicht nach dem Chorsatz singen.“
Langsam arbeiten sie sich durchs Stück. Erste Stimme, zweite Stimme. Bis zu vierstimmig singt der Coro Pura Vida. Die spanischen Texte gehen allen leicht von den Lippen, entweder studieren sie Spanisch oder haben schon mal in einem spanischsprachigen Land gelebt, so wie Anne, die Informatik studiert.
„Ich war zwischen der zehnten und elften Klasse in Argentinien für einen Schüleraustausch, und danach wollte ich Spanisch beibehalten, da kam der Chor mir grade recht.“
Wenn´s mal Unklarheiten gibt, wegen der Aussprache, dann schauen alle zu Claudia. Claudia Isabel Moriena Pardo ist in Argentinien geboren und aufgewachsen, jetzt ist sie Dozentin für Spanisch an der Uni Potsdam. Hier hat sie nicht nur Deutsch gelernt, sondern auch singen.
„Ich hab hier angefangen mit 40 Jahren. Ich dachte, den Wunsch muss ich mir erfüllen. Und dann hab ich Unterricht genommen, Privatunterricht, und ja, das hat sich alles so mehr oder weniger zusammengefügt.“
Claudia Isabel Moriena Pardo hat auch den Grundstein für den Chor gelegt: Nach einer Fachschaftssitzung der Romanistiker fragte sie Reni Gretsch, ob sie nicht ein paar spanische Weihnachtslieder einüben wollten. Reni Gretsch hat ein Jahr in Argentinien gelebt und anschließend in Potsdam Spanisch und Musik studiert – damit war sie genau die richtige für das kleine Weihnachtsprojekt. Daraus ist der Coro Pura Vida entstanden, mittlerweile ist der Chor sogar ins Studium integriert.
„Wir haben ab dieses Semester die Möglichkeit als Studentenprojekt einen Schein zu erwerben, also das geht innerhalb der Interkulturalität für die neue Prüfungsordnung.“
Der Studentenchor ist fester Bestandteil des Unialltags und lebt und atmet im Rhythmus der Semester. Für die Chorleiterin eine wiederkehrende Herausforderung.
Gretsch: „Das Wintersemester ist anstrengend durch die Dunkelheit, und die Studenten sind müde. Und dann muss man immer irgendwie Weihnachtssachen machen, und dann bleibt so wenig Zeit. Und deshalb ist so die Erfahrung: Wir starten jetzt mit neuen Stücken und tragen die so bis zum Juni, und haben da einen wirklichen Höhepunkt.“
Der Höhepunkt im letzten Sommer war ein Chortreffen. Pura Vida hat zwei andere spanisch singende Chöre aus Berlin und aus Rom eingeladen und natürlich selbst gesungen. In voller Stärke, mit 15 Mann. Überwiegend melancholische Stücke, die nach verlorener Liebe, nach Heimweh und Fernweh klingen. Lieder, wie man sie in Südamerika am Lagerfeuer singt. Und tatsächlich kommt sogar im nüchternen Hörsaal ein wenig Sternenhimmelromantik auf, als Reni Gretsch die Gitarre nimmt und die Zamba para Olvidarte anstimmt, ein argentinisches Lied.
Pardo: „"Einmal kam ein Argentinier zu Besuch, und wir haben alle zusammen gegessen, und nach dem Essen kam eine Gitarre raus, und dann haben wir alle zusammen gesungen. Und er hat gesagt: ‚Ah, das ist so wie in Argentinien.‘ Nur hat er gesagt, wir singen besser. (lacht)“
Deutschlandradio Kultur stellt jeden Freitag um 10:50 Uhr im „Profil“ Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im „Chor der Woche“ stehen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund, sondern die Vielfalt der „normalen“ Chöre in allen Teilen unseres Landes, jeden Alters, jeder Formation und Größe oder Stilrichtung, seien sie Mitglied eines Chorverbands oder auch nicht.
Mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Chorverbands
Nach und nach kommen fünf Studentinnen in den riesigen Hörsaal, holen sich glänzende Alu-Stühle aus der Cafeteria nebenan und stellen sie zwischen der Tafel und den aufsteigenden Sitzreihen im kleinen Kreis auf. Zusammen machen sie sich locker und singen sich ein. Karolin ist 25 Jahre alt. Sie studiert Spanisch und Englisch auf Lehramt.
„Mir macht das totalen Spaß, hier zu singen und ich fühl‘ mich hier immer wohler. Also ich hab angefangen, da war ich noch sehr sehr schüchtern, ganz am Anfang des Studiums, und wollte mich auch unbedingt in Spanisch verbessern. Hab das auch erst hier an der Uni gelernt, und dachte, der Chor in Verbindung mit Gesang ist die perfekte Gelegenheit dafür.“
Reni Gretsch: „Und einmal Lippenflattern … Wir machen heute ein komplett Neues, das heißt ‚Pal abrojal‘ und ist aus Uruguay. Das ist ein fröhliches Lied. Das hab ich über einen Freund kennengelernt, der ist Argentinier, und der singt das in einer Band.“
Reni Gretsch verteilt die Noten, Kopien eines handgeschriebenen Chorsatzes, den sie selbst arrangiert hat.
„Das ist mir total wichtig, und das ist für mich eins der wesentlichen Merkmale von dem Chor auch. Und ich kann mich so ausprobieren und machen und tun und probieren und kann gucken, zu wem passt welche Stimme. Und weil´s mir total Spaß macht.“
Reni Gretsch singt die Stimmen erst mal vor, weil sie weiß, dass es den meisten geht wie Karolin, die wenig Chorerfahrung hat und kaum Noten lesen kann.
Karolin: „Ich orientier‘ mich zwar an den Noten – es geht jetzt rauf, es geht jetzt runter –, aber ich könnte nicht nach dem Chorsatz singen.“
Langsam arbeiten sie sich durchs Stück. Erste Stimme, zweite Stimme. Bis zu vierstimmig singt der Coro Pura Vida. Die spanischen Texte gehen allen leicht von den Lippen, entweder studieren sie Spanisch oder haben schon mal in einem spanischsprachigen Land gelebt, so wie Anne, die Informatik studiert.
„Ich war zwischen der zehnten und elften Klasse in Argentinien für einen Schüleraustausch, und danach wollte ich Spanisch beibehalten, da kam der Chor mir grade recht.“
Wenn´s mal Unklarheiten gibt, wegen der Aussprache, dann schauen alle zu Claudia. Claudia Isabel Moriena Pardo ist in Argentinien geboren und aufgewachsen, jetzt ist sie Dozentin für Spanisch an der Uni Potsdam. Hier hat sie nicht nur Deutsch gelernt, sondern auch singen.
„Ich hab hier angefangen mit 40 Jahren. Ich dachte, den Wunsch muss ich mir erfüllen. Und dann hab ich Unterricht genommen, Privatunterricht, und ja, das hat sich alles so mehr oder weniger zusammengefügt.“
Claudia Isabel Moriena Pardo hat auch den Grundstein für den Chor gelegt: Nach einer Fachschaftssitzung der Romanistiker fragte sie Reni Gretsch, ob sie nicht ein paar spanische Weihnachtslieder einüben wollten. Reni Gretsch hat ein Jahr in Argentinien gelebt und anschließend in Potsdam Spanisch und Musik studiert – damit war sie genau die richtige für das kleine Weihnachtsprojekt. Daraus ist der Coro Pura Vida entstanden, mittlerweile ist der Chor sogar ins Studium integriert.
„Wir haben ab dieses Semester die Möglichkeit als Studentenprojekt einen Schein zu erwerben, also das geht innerhalb der Interkulturalität für die neue Prüfungsordnung.“
Der Studentenchor ist fester Bestandteil des Unialltags und lebt und atmet im Rhythmus der Semester. Für die Chorleiterin eine wiederkehrende Herausforderung.
Gretsch: „Das Wintersemester ist anstrengend durch die Dunkelheit, und die Studenten sind müde. Und dann muss man immer irgendwie Weihnachtssachen machen, und dann bleibt so wenig Zeit. Und deshalb ist so die Erfahrung: Wir starten jetzt mit neuen Stücken und tragen die so bis zum Juni, und haben da einen wirklichen Höhepunkt.“
Der Höhepunkt im letzten Sommer war ein Chortreffen. Pura Vida hat zwei andere spanisch singende Chöre aus Berlin und aus Rom eingeladen und natürlich selbst gesungen. In voller Stärke, mit 15 Mann. Überwiegend melancholische Stücke, die nach verlorener Liebe, nach Heimweh und Fernweh klingen. Lieder, wie man sie in Südamerika am Lagerfeuer singt. Und tatsächlich kommt sogar im nüchternen Hörsaal ein wenig Sternenhimmelromantik auf, als Reni Gretsch die Gitarre nimmt und die Zamba para Olvidarte anstimmt, ein argentinisches Lied.
Pardo: „"Einmal kam ein Argentinier zu Besuch, und wir haben alle zusammen gegessen, und nach dem Essen kam eine Gitarre raus, und dann haben wir alle zusammen gesungen. Und er hat gesagt: ‚Ah, das ist so wie in Argentinien.‘ Nur hat er gesagt, wir singen besser. (lacht)“
Deutschlandradio Kultur stellt jeden Freitag um 10:50 Uhr im „Profil“ Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im „Chor der Woche“ stehen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund, sondern die Vielfalt der „normalen“ Chöre in allen Teilen unseres Landes, jeden Alters, jeder Formation und Größe oder Stilrichtung, seien sie Mitglied eines Chorverbands oder auch nicht.
Mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Chorverbands