Sozialkritisches Album von Christian Haase

"Die Leute wetzen ihre Messer"

Der Schatten eines Mannes mit einem großen Küchenmesser in der Hand wird an eine weiße Wand geworfen.
Eine Gesellschaft mit dem Messer in der Hand - so sieht es Christian Haase. © picture alliance / ZB - Thomas Eisenhuth
Von Wolfgang Meyering  · 07.03.2016
Der Songpoet Christian Haase ist bekannt für seine Neuinterpretationen alter Lieder von Gerhard Gundermann . Das neue Solo-Album "Träum doch mal von Blumen" dreht sich dagegen um die heutige Gesellschaft und die aggressive Atmosphäre, die sich breitgemacht hat.
"Stelle Dir doch einmal vor, wenn wir jetzt alle plötzlich nicht mehr Spiegel Online lesen würden. Und nicht mehr dieses bange Gefühl haben, was man hat, wenn man immer nur die Katastrophenmeldungen liest. Sondern nur einfach etwas Schönes machen würde, wie "Träum doch mal von Blumen". So etwas ganz naives. Wenn wir also alle ganz naiv sind und alle unsere Gedanken in Richtung Frieden lenken. Sollte es dann nicht möglich sein, das zu schaffen? Ich denke mit ein paar positiven Gedanken kann man viel mehr erreichen, als wenn man sich nur an diese schlechten Sachen hängt."
Und bei genau solchen Gedanken fiel Christian Haase der alte Song wieder ein, den er mit 14 Jahren für seine Freundin geschrieben hatte, die scheinbar eine Tendenz zum "schwarzsehen" hatte. "Träum doch mal von Blumen" ist aber nicht wirklich so etwas wie der Titelsong des neuen Albums. Die CD hätte auch ohne ihn so heißen können. Oder vielleicht auch ganz anders. Es ist auch kein Konzeptalbum geworden, das sich nur mit diesen Gedanken des Schönen und Guten beschäftigt. Denn viele der Songs auf dem Album waren schon da, bevor die Idee des CD-Titels überhaupt aufkam. Viel Inspiration für das neue Album ergab sich auch durch Christian Haases Umzug von Leipzig nach Berlin.

Miliestudien aus Neukölln

"Ich habe in den letzten zwei Jahren sehr viel Spaß gehabt, mir meine Umwelt mal noch genauer anzusehen, als ich es vorher gemacht habe. Es sind einige Milieustudien drauf aus Berlin-Neukölln, wo ich jetzt lebe."
Auch wenn Christian Haase sich in Genres wie Rock oder Folk ebenfalls zuhause fühlt, so betrachtet er sich doch in erster Linie als Liedermacher, der seine Songs alleine zur Gitarre oder zum Piano schreibt. Und seine Band wird zu dem, was er sich ausgedacht hat, sozusagen dazu addiert. Wie der Rohbau und die Einrichtung eines Gebäudes.
"Ich baue die Außenmauern eines Hauses und sorge dafür, dass es nicht einstürzt. Das sind also Text und Komposition. Und meine Band soll einfach die Innenarchitektur machen. Das du da reinkommst und sagst: 'Das ist aber schön hier'. Also da mal Streicher mit rein. Und da ein kleines Solo. Das sind dann so die Vorhänge oder die Sitzmöbel oder ein Bettchen in dem man sich ausruhen kann."
In den Liedern auf der neuen CD geht es um vertane Chancen ebenso, wie um Orte der Zuflucht in schweren Zeiten. Und zwischen den Zeilen kann man auch herauslesen, dass das, was politisch in unserer Gesellschaft und mit uns selbst gerade passiert, auch immer ein Thema ist. Die Dinge die wir täglich in den Zeitungen lesen.
"Die Leute sitzen zuhause und wetzen ihre Messer. Und die einen machen das, weil sie sie schützend vor sich halten wollen und die anderen, weil sie sie werfen wollen. Und wollen damit sich schützen oder etwas verteidigen, von dem, was sie glauben, was ihnen gerade weggenommen wird."

Hippie-Beschimpfungen sind ihm egal

Das neue Album von Christian Haase kommt akustischer und zurückgenommener daher, als sein Vorgänger. Und das tut den Songs ausgesprochen gut. Immer dort, wo die hörbare Basis in erster Linie der Sänger und sein Instrument sind, wirken die Lieder am authentischsten. Es ist gut, dass Haase sich auf seine "Liedermacherwurzeln" für dieses Album besonnen hat. Dadurch strahlen die Songs eine ganz eigene Kraft aus. Die Texte sind assoziativ und dort am stärksten, wo sie der Fantasie des Zuhörers möglichst viel Freiraum lassen. Texte, die trotz aller unterschwelliger Sozialkritik immer auch einen positiven Geist spüren lassen, der einen dann doch wieder an den Albumtitel "Träum` doch mal von Blumen" denken lässt.
"Ich glaube wenn man sich ein bisschen wieder mehr auf die Liebe konzentriert, dass es auch wieder mehr strahlen kann und andere Menschen mehr mitnimmt. Egal, ob mich da jetzt jemand einen Hippie schimpft. Ich glaube fest daran, dass das so ist. Das Gute wird siegen, wenn man es nicht vergessen hat."
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