"Sonst gibt es nur noch die Kalaschnikow"

Von Margarete Blümel |
Im Februar des Jahres 1999 verabschiedeten Indiens damaliger Premierminister und sein pakistanischer Kollege die ”Deklaration von Lahore”. Die Unterzeichnung des Vertrages galt als wichtiges Signal für eine Annäherung der miteinander verfeindeten Länder. Wenige Monate später aber eskalierte der alte Streit erneut und mündete wieder einmal in militärische Auseinandersetzungen.
”Das Grauen begann im Jahr 1947” heißt es bei dem im späteren Grenzgebiet von Indien und Pakistan geborenen Autor Khushwant Singh in seinem Klassiker ”Zug nach Pakistan”. Damals wurden die auf dem Subkontinent lebenden Menschen ihrer Religionszugehörigkeit entsprechend aufgeteilt. ”Zug nach Pakistan” berichtet über die Züge voller Menschen, die, wenn es sich um Hindus handelte, in Richtung Indien unterwegs waren. Oder die, falls sie muslimischer Abstammung waren, gen Pakistan strebten. Hunderttausende fanden damals in den Zügen ihren Tod. Heute leben in Pakistan um die 160 Millionen Menschen. Der Islam ist Staatsreligion.

Korrupte Politiker und konservative religiöse Vertreter verstellen ihren Landsleuten den Weg zu einer funktionierenden Zivilgesellschaft – und oft genug auch den Zugang zu einer Literatur, die diese Hintergründe kritisch begleiten könnte. Die klassische, von den Persern und Arabern übernommene Gedichtform, die sich in einem Ghazal niederschlägt, ist dagegen leicht zugänglich und bei vielen Pakistanern sehr beliebt. Ebenso weit verbreitet sind die Verse der Sufis, der mystischen Sucher. ”Der Mystizismus der Sufis”, so ein pakistanischer Sozialwissenschaftler, ”ist die letzte Zuflucht für die Menschen hier. Sonst gibt`s nur noch die Kalaschnikow!"

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