Sommersprossen sind auch Gesichtspunkte

Von Fritz-Jochen Kopka · 08.04.2008
Ein Weltmeisterschaftsjahr: Deutschland unterliegt Schweden und ist empört wegen des verlorenen Fußballspiels. Heinrich Böll, Klaus Roehler, Friedrich Dürrenmatt und Wolfdietrich Schnurre schreiben kleine Erzählstücke. Der große Roman kommt von einem Ostdeutschen. Bruno Apitz: "Nackt unter Wölfen".
Ein polnisches Waisenkind wird von Häftlingen des KZ Buchenwald versteckt und umsorgt. Die Geschichte erzählt, dass Menschlichkeit über den faschistischen Terror siegen kann, dabei aber auch kommunistische Parteidisziplin aushebeln muss. Zunächst als Film geschrieben und von der DEFA abgelehnt, wird der Roman in 28 Sprachen übersetzt, aber in der Bundesrepublik nur zögerlich und voller Misstrauen wahrgenommen.

Hannah Arendt reist durch Deutschland, vergleicht die Verhältnisse mit ihrer zweiten Heimat Amerika und amüsiert sich über den saturierten Universitätsbetrieb. Sommersprossen sind auch Gesichtspunkte, schreibt sie mokant, und überlegt, ob sie eine Laudatio für Karl Jaspers halten soll, der den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält und mit seinem eindringlichen Buch "Die Atombombe und die Zukunft des Menschen" Aufsehen erregt.

In Dresden blickt der große Gelehrte Victor Klemperer resigniert auf ein Leben zurück, das durch zwei deutsche Diktaturen gründlich beeinträchtigt wurde. Noch tragischer die Laufbahn Johannes R. Bechers, des Dichters, der sich mit der Macht verbündete und Minister wurde. Am Ende sehnt er sich nur noch danach, in Ruhe gelassen zu werden, und kann sich dem stalinistischen Pathos doch nicht verweigern.

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