"Snowpiercer" als Serie bei Netflix

Mühsam ist der Klassenkampf

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Szenenfoto aus Snowpiercer: Daveed Diggs und Sheila Vand.
Vorgeschichte als Serie: "Snowpiercer" mit Daveed Diggs und Sheila Vand. © picture alliance/dpa/Everett Collection
Sebastian Dörfler im Gespräch mit Massimo Maio · 25.05.2020
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Bong Joon-hos Film "Snowpiercer" erzählt von einem Klassenkampf in einem Zug, der durch eine post-apokalyptische Welt fährt. Nun gibt es den Stoff als Serie bei Netflix. Den Kritiker Sebastian Dörfler hat das nicht ganz überzeugt.
Mit "Parasite" räumte Regisseur und Autor Bong Joon-ho bei den diesjährigen Oscars ab. Doch schon 2013 hatte er sich kritisch mit der Klassengesellschaft auseinandergesetzt. In "Snowpiercer" ist die Welt nach einer Klimakatastrophe vereist und der kleine Rest der Menschheit fährt in einem sehr langen Zug durch diese bitterkalte Wüste – vorne die Reichen, hinten die Armen. Der Film handelt vom Aufstand. Zwar war "Snowpiercer" ein Kinoflop, dafür aber ein Kritikerliebling und erlangte schnell Kultstatus.
Nun gibt es eine TV-Serie dazu, produziert für den US-Pay-TV-Sender TNT, hierzulande bei Netflix zu sehen. Die Serie spielt im Jahr 2021, sieben Jahre vor dem Film, allerdings ist der Zug diesmal komplexer aufgebaut: Es gibt vier Klassen, die miteinander konkurrieren, manche Waggons sind drei Stockwerke hoch, außerdem ist der Zug mit 1001 Waggons insgesamt länger.

Arg konstruiert und oberflächlich

Im Mittelpunkt steht der Held Layton, der einen Aufstand plant, aber diesmal planmäßiger vorgeht und sich Bündnispartner sucht. Layton fungiert als Detektiv, um einen Serienmörder zu finden. Kritiker Sebastian Dörfler hat das aber nicht überzeugt: Das sei "weit hergeholt" und "arg konstruiert".
Doch die Serie beleuchtet auch andere Perspektiven. Im Ansatz sei das zwar gut, so Dörfler.: "Aber das wird leider nicht konsequent gemacht. Anstatt in einer Folge den Fokus auf eine Person zu legen und ein paar Rückblenden zu erzählen, um Personen greifbarer zu machen, warum sie so geworden sind, warum sie so handeln, bleiben wir leider nur an der Oberfläche."

Schwierige Produktionsbedingungen

Man merke der Serie an, welche Schwierigkeiten es bei der Entstehung gegeben habe. Zunächst hat Scott Derrickson ("Doctor Strange") einen Pilotfilm drehen sollen, dann wollte TNT Nachdrehs, Derrickson und der Drehbuchautor sind abgesprungen. "Da wurde sehr viel reingeredet und umgeworfen."
Im Mittelpunkt der Serie steht wie im Film auch die Frage, ob man das gesellschaftliche System verändern könne. Die Serie verneint das zwar, zeige aber auch, wie fragil die Ordnung sei, sagt Dörfler.
"Trotz all der Abstriche: Wer sich für die Frage interessiert, soll reingucken, auch wenn es teilweise etwas mühsam ist. Aber so ist der Klassenkampf eben."
(leg)
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