Skandalbuch über Donald Trump

Deutsche Übersetzung von "Fire and Fury" in Arbeit

Ein Stapel mit Ausgaben von "Fire and Fury"-Büchern.
Das Buch über Trump wird für den Journalisten Michael Wolff in den USA zum Bestseller © AP / Steve Helber
Thomas Rathnow im Gespräch mit Ute Welty · 06.01.2018
Das Enthüllungsbuch "Fire and Fury" über Donald Trump ist in den USA ein Kassenschlager. Verlagsgeschäftsführer Thomas Rathnow ist skeptisch, ob sich ein solcher Erfolg auch in Deutschland einstellt, wenn die deutsche Übersetzung erscheint. Die Rechte wurden gerade erst verkauft.
Das Skandalwerk des US-Journalisten Michael Wolff über Präsident Donald Trump sorgt nach seinem vorgezogenen Verkaufsstart für einigen Wirbel. In Washington hatten sich gleich nach dem Erscheinen am Freitag lange Schlangen vor Buchhandlungen gebildet, weil so das Interesse an "Fire and Fury" (Feuer und Wut) so groß ist. In zahlreichen Buchhandlungen war es bereits innerhalb von Stunden ausverkauft.

Random House war nicht interessiert

Auch in Deutschland wurden die Rechte an dem Werk am gleichen Tag an einen Verlag verkauft, der es nun schnell in deutscher Übersetzung auf den Markt bringen will. Thomas Rathnow, Mitglied der Geschäftsführung bei der Verlagsgruppe Random House zeigte sich skeptisch, ob das Buch auch in Deutschland ein solcher Kassenschlager werden kann. "Was die von mir zu verantwortenden Verlage angeht, wir haben uns entschieden, nicht zu bieten"; sagte Rathnow im Deutschlandfunk Kultur.

Später Verkauf der deutschen Rechte

Er sei skeptisch, dass man "nach diesem Medienhype und der Enthüllung dessen, was Neues an diesem Buch zu finden ist" das Buch auch in Deutschland erfolgreich genug verlegen könne. Es wäre für deutsche Verlage attraktiver gewesen, wenn die Rechte bereits früher zum Verkauf gestanden hätten und man zeitgleich zum Erscheinen in den USA auch in Deutschland die deutsche Übersetzung von "Fire und Fury" hätte auf den Markt bringen können. Über die Qualität des Buches war Rathnow voll des Lobes: "Das Buch ist ja – so umstritten es natürlich jetzt auch ist in manchen Details, aber es ist ausgezeichnet geschrieben", sagte er "Es ist eine tolle, sehr populäre Lektüre."

Das Interview im Wortlaut:

Ute Welty: Michael Wolff ist durchaus das, was man erfolgsverwöhnt nennt. Schon seine Bücher "Goldrausch" und "Der Medienmogul" waren Bestseller, aber der aktuelle Hype um "Fire and Fury", der stellt alles Dagewesene in den Schatten. Das sogenannte Enthüllungsbuch über den amerikanischen Präsidenten und sein Weißes Haus wird Tage vor dem ursprünglich geplanten Termin veröffentlicht, wohl auch, weil der Präsident damit droht, das Buch verbieten zu lassen. Die Neugier wächst also, und damit auch die Frage, ob wir dieses Buch zeitnah auch auf Deutsch lesen können – eine Frage, die auch Thomas Rathnow beschäftigt, Mitglied der Geschäftsführung bei der Verlagsgruppe Random House. Guten Morgen!
Thomas Rathnow: Guten Morgen, Frau Welty!
Welty: Sind die Rechte für Deutschland denn jetzt noch zu haben oder wurden sie in den letzten Stunden vergeben?
Rathnow: Meiner Information nach wurden die Rechte im Laufe des gestrigen Tages oder am gestrigen Abend an einen deutschen Verlag vergeben.
Welty: Wie muss ich mir das denn vorstellen? Sprechen da Lektoren vor und haben dicke Umschläge in der Hand, oder wie geht das?
Rathnow: Dicke Umschläge sind da nicht notwendig, nein. Es wurde das Buch von dem amerikanischen Agenten, der die Rechte vertritt, gestern, also am Tag des vorgezogenen Erscheinungstermins in den USA, auch deutschen Verlagen angeboten. Da gibt es ja feste Beziehungen, wem man ein solches Buch gut anvertrauen kann, und offenbar haben Kollegen aus anderen Verlagen sich entschieden, das Buch veröffentlichen zu wollen, und auch den Zuschlag bekommen. Was die von mir zu verantwortenden Verlage angeht, wir haben uns entschieden, nicht zu bieten, weil wir skeptisch sind, dass man nach diesem Medienhype und der Enthüllung dessen, was Neues an diesem Buch zu finden ist, dass man danach noch das Buch erfolgreich genug verlegen kann.
US-Präsident Donald Trump (links) gratuliert seinem frischernannten Chefstrategen Stephen Bannon, Archivbild vom 22.1.2017.
US-Präsident Donald Trump (links) gratuliert seinem frischernannten Chefstrategen Stephen Bannon, Archivbild vom 22.1.2017.© AFP / Mandel Ngan
Welty: Über das Buch ist ja in den vergangenen Tagen schon einiges geschrieben worden, es ist auch zitiert worden, und das deckt sich so ungefähr mit dem schlimmsten Vorstellungen, die man vom Alltag im Weißen Haus unter Trump haben kann. Wie groß ist das Risiko für einen deutschen Verlag, dass sich das Buch quasi selbst überholt?
Rathnow: Na ja, zunächst würde ich sagen, ist es auch für mich eine Freude zu sehen, dass eben auch das alte Medium Buch, das viele in der Medienkonkurrenz ja immer wieder mit großer Skepsis betrachten oder den Untergang prophezeien, dass ein Buch weltweit die Aufmerksamkeit entfachen kann, und dass es ganz offensichtlich so ist, dass die lange narrative Form immer noch hoch geeignet ist, auch wenn viele Informationen teilweise schon da waren, zu bündeln, in einen erzählerischen Rahmen zu bringen und so für Aufmerksamkeit zu sorgen.
Das finde ich eine sehr gute Nachricht. Was nun das Risiko des einzelnen Verlags angeht: In der Tat ist es nicht leicht, ein zweites Mal so eine Medienwelle zu entfachen. Soweit ich den Text überblicken kann, enthält es wenig faktisch Neues. Die Sensation liegt in der Offenheit, mit der offenbar erstaunlich viele, auch Top-Leute aus dem Trump-Team, sich Michael Wolff geöffnet haben, allen voran Steve Bannon, der geheime, finstere Held dieses Buches ist.
Ein Teil der sogenannten Jackson-Magnolie am Weißen Haus in Washington.
Die Innenansichten aus dem Weißen Haus haben den US-Präsidenten so erbost, dass er mit einem Verbot des Buches drohte © dpa-Bildfunk / AP / Andrew Harnik

Die Verbotsdrohung hilft beim Marketing

Welty: Wo wir gerade bei Risiken sind: Für wie groß halten Sie das andere Risiko, nämlich dass das Buch auf Bestreben des Präsidenten hin tatsächlich verboten wird?
Rathnow: Das kann ich mir nicht vorstellen, ohne jetzt ein Jurist zu sein und da die amerikanischen Verhältnisse im Detail unter juristischen Gesichtspunkten beurteilen zu können. Ich glaube, dass schon jetzt die Reaktion des Weißen Hauses aus Sicht des Weißen Hauses falsch war, für Michael Wolff ein großartiges Marketing und für den amerikanischen Verlag Holt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es zu einem Verbot käme, das würde den Skandal nur vergrößern – so schätze ich die amerikanische Lage nicht ein.
Welty: Wenn es um die Rechte an einem potenziellen Bestseller dieses Formats geht, um wie viel Geld es denn da, um welche Größenordnung?
Rathnow: Das kann man nicht generell sagen, es kommt drauf an, wie viel Konkurrenz im Ringen um die Rechte zu entfachen ist. Wie viele Verlage womöglich im Laufe des gestrigen Tages geboten haben, das kann ich nicht wissen. Das Buch wäre aus meiner Sicht interessanter gewesen, wenn man es früher hätte anbieten wollen, wenn man das Risiko, das damit immer ein bisschen verbunden ist, dass früher was rauskommt, eingegangen wäre, um bei einem deutschen Verlag das gleichzeitige Erscheinen mit der Originalausgabe zu ermöglichen. Diesen Weg ist man nicht eingeschlagen, das mindert aus zumindest meiner Sicht den Marktwert.
Welty: Vielleicht auch, weil es ein uramerikanisches Thema ist?
Rathnow: Na ja, wir sehen ja jetzt an den Reaktionen auf das Erscheinen, dass es schon weltweit natürlich auf Interesse stößt. Man muss allerdings auch sagen – jedenfalls ist das aus meiner Sicht so –, dass die Fokussierung auf die Anfänge der Trump-Regierung, auf das Chaos im Weißen Haus, das womöglich in Teilen immer noch besteht. Aber die Absicht Wolfs war vor allem über die ersten hundert Tage, dann wurde es etwas länger, zu berichten.
Darüber ist allerdings auch schon sehr viel geschrieben worden. Also ein investigativ-journalistisches Buch, das wirklich nur Fakten hervorbringt, ist es aus meiner Sicht nicht, da sind Bücher wie das zuletzt erschienene von Luke Harding über die Verbindungen der Trump-Truppe mit russischen Verbindungen und russischen Regierungspersonal aus meiner Sicht spannender. Aber die Aufmerksamkeit ist ja da.

Populäre Lektüre

Welty: Wie schnell kann es denn am Ende gehen? Glauben Sie, dass schon irgendwo eine Übersetzung in einer deutschen Schublade liegt?
Rathnow: Nein, das definitiv nicht, der Text war wirklich nicht zugänglich. Da wird ab sofort jetzt vermutlich mit mehreren Übersetzern dran gearbeitet, um das Buch in wenigen Wochen auf den Markt zu bringen. Aber das dauert, das muss ja auch in einer entsprechenden Qualität sein. Das Buch ist ja – so umstritten es natürlich jetzt auch ist in manchen Details, aber es ist ausgezeichnet geschrieben. Es ist eine tolle, sehr populäre Lektüre. Diese literarische Qualität, auch diese Süffigkeit, wenn man das so nennen will, die muss ja auch in der deutschen Übersetzung erst mal erzielt werden – das ist schon Arbeit.
Welty: Wie angel ich mir einen Bestseller? Darüber habe ich gesprochen mit Thomas Rathnow von Random House. Danke für diese Einblicke in das deutsche Verlagswesen!
Welty: Und einen Einblick ins Buch, den unternehmen wir dann ausführlich in "Studio 9" am Montag, denn Nana Brink wird "Fire and Fury" übers Wochenende lesen und uns dann berichten, was wirklich drinsteht.
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