Sinneswandel bei Produkten

Reparieren statt Wegwerfen

06:28 Minuten
Der Diplom-Ingenieur und leidenschaftliche Bastler Martin Kramer (l) repariert im Repair-Café zusammen mit Johann Schütt (M) eine Nähmaschine von Wolfgang Rogoll.
Diese Nähmaschine lässt sich retten: Im Repair-Café ist oft Team-Arbeit angesagt. © picture-alliance/dpa/Roland Holschneider/
Katrin Meyer im Gespräch mit Julius Stucke  · 28.04.2020
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Einen Trend zum Reparieren beobachtet Katrin Meyer vom Verein "Runder Tisch Reparatur" in der Coronakrise. Sie wünscht sich mehr Druck auf die Hersteller, eine niedrigere Mehrwertsteuer für Ersatzteile und eine höhere Achtsamkeit der Verbraucher.
In Corona-Zeiten scheinen die Bürger wieder auf den Gedanken zu kommen, kaputte Geräte zu reparieren, anstatt neue zu kaufen - das ist zumindest die Beobachtung von Katrin Meyer, Leiterin der Geschäftsstelle des Vereins "Runder Tisch Reparatur" in Berlin. "Ich glaube, reparieren ist jetzt schon ein bisschen Trend geworden im Homeoffice", sagt sie. Wenn es gelinge, könne das auch Spaß machen.
Katrin Meyer, Leiterin der Geschäftsstelle des Berliner Vereins "Runder Tisch Reparatur", lächelt in die Kamera. Sie ist Politik- und Wirtschaftswissenschaftlerin.
Die Leiterin der Geschäftsstelle des Vereins "Runder Tisch Reparatur", Katrin Meyer, kämpft gegen die Wegwerfgesellschaft.© Mark A Phillips
Leider seien immer mehr Produkte so gestaltet, dass sie nur noch schwer oder gar nicht mehr repariert werden könnten, kritisiert die Politologin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Das liege teilweise daran, dass Teile so miteinander verbaut oder verklebt seien, dass ein Einzelteil nicht mehr einfach so ausgetauscht werden könne. Das gelte vor allem für elektronische Geräte, beispielsweise Smartphones. "Die kann inzwischen nur noch ziemlich schwer reparieren." Manchmal brauche man auch Spezialwerkzeug, um ein Gerät zu öffnen.

Kühlschränke müssen bald reparierbar sein

Die EU habe deshalb im vergangenen Jahr erstmals Standards für verschiedene Produktgruppen verabschiedet, damit Hersteller sie ab März 2021 so herstellen müssen, dass sie auch repariert werden können, berichtet Meyer. Das gelte bisher für Kühlschränke oder Waschmaschinen: "Jetzt arbeitet die EU daran, diese Standards auf andere Produktgruppen auszuweiten."
Für den Verbraucher sei es nicht einfach, selber festzustellen, ob ein Produkt repariert werden könne oder nicht, weiß Meyer. Es lohne sich deshalb, beim Hersteller nachzufragen und sich zu erkundigen, ob es Ersatzteile gebe. Ihr Verein wünsche sich, dass sich Verbraucherinnen oder Verbraucher noch öfter für eine Reparatur entscheiden, sagt Meyer. Leider sei das bislang oft zu teuer. Um das zu verändern, wäre es gut, die Mehrwertsteuer auf Reparaturdienstleistungen und Ersatzteile zu senken.
(gem)

Das Gespräch ist Teil unserer Reihe: "Wirtschaft nach der Coronakrise".

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