Shalosh-Album "Onwards and Upwards"

Sound ohne Regeln

09:22 Minuten
Die Band Shalosh
Jazz, beeinflusst von Rock, zwischen Orient und Afrobeat und Elektro: So ungefähr klingt die Musik von Shalosh. © ZOHAR RON
Von Luigi Lauer |
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Das Trio Shalosh besteht erst seit knapp fünf Jahren und doch veröffentlichen die Musiker bereits ihr viertes Album. Mit Piano, Schlagzeug, Bass und einem richtigen Label wagen sie den nächsten Schritt. Das Ergebnis ist fesselnder Jazz.
Die Geschichte von Shalosh begann, wie so manches andere auch, in Jerusalem. Matan Assayak, Schlagzeug, und Gadi Stern, Piano, wuchsen hier als beste Freunde zu stattlichen Musikern heran. Nach einem gemeinsamen Jugendprojekt studierte Assayak Musik in Tel Aviv, Stern Jazzpiano in New York. In Tel Aviv traf man sich wieder. Kontrabassist David Michaeli kam hinzu, wodurch genug Personal vorhanden war, um die Band Shalosh zu nennen. Denn Shalosh heißt auf Hebräisch drei. War der Name nun Zufall oder Plan oder Vorhersehung?
"Ich glaube fest an die Kraft des Unbewussten. Als wir uns Shalosh nannten, haben wir nicht groß darüber nachgedacht. Wir saßen in einer Bar und haben uns ein paar Dutzend Namen ausgedacht, denn wir brauchten einen, der erste Auftritt stand an. Als dann jemand ‚Shalosh‘ sagte, machte es bei uns Klick, ohne sagen zu können, warum. Erst nachher kamen uns Gedanken zu Kraft und Magie und Mystik der Zahl drei. Es ist zwar nur eine Zahl, sie symbolisiert in unserem Fall auch die Einheit, wie ein Dreieck."

Einfluss der Rockmusik

Ein gleichschenkliges Dreieck, darf man hinzufügen. Die drei Männer, alle Anfang 30, schreiben die Stücke gemeinsam und musizieren auch auf Augenhöhe. Shalosh ein Jazztrio zu nennen, griffe entschieden zu kurz. Das neben Jazz dominanteste Element ist zweifellos Rockmusik, wenn auch bevorzugt mit ungeraden Metren.
"King Crimson, Yes, Cream - ich bin mit Progressive Rock aufgewachsen, auch Classic Rock, Nirvana zum Beispiel oder 90er-Jahre-Grunge. Wir sind alle von Rockmusik beeinflusst, deshalb findet sie sich bei uns auch wieder."
Daneben gibt es auch orientalische Anhaftungen, elektronisch-poppige Einwürfe sowie kammermusikalische, melodiestarke und durchaus kontemplative Momente.

Die Mischung macht es interessant

"Das ist halt so in der Musik, besonders in instrumentaler Musik, man entscheidet nicht, welche Einflüsse zum Tragen kommen sollen, man spielt einfach. Wenn das Stück fertig ist, entdeckst du, oh, das kommt daher, das daher. Da wir alle auch noch in verschiedenen Projekten spielen, kommen ganz natürlich unterschiedliche Einflüsse zusammen. Matan zum Beispiel spielt in einem Afrobeat-Orchester, das findet man bei uns wieder. Wenn ich mit einem Hiphop-Produzenten an Beats arbeite, dann hört man auch das. Oder Davids Arbeit mit einem arabischen Orchester. Das ist das Schöne an dieser Band, es gibt keine Regeln für den Sound, wir können machen, was wir wollen. Alles ist möglich."
Gadi Stern und seine Mitmusiker wohnen in einem beschaulichen Viertel in Tel Aviv, dort gibt es viele Immigranten und man kennt noch seine Nachbarn. Was als Nachbarschaft kuschelig ist, wird auf das Land hochgerechnet jedoch zum Problem.
"It’s a small country. You can only play four to five times a year, not more."

Willkommen in Deutschland

Deshalb hatten Shalosh von Beginn an Europa als Spielwiese im Blick. Deutschland habe es ihnen dabei besonders angetan, sagt Gadi Stern weiter, und das nicht nur aus familiären Gründen.
"Meine Familie ist deutsch. Mein Großvater stammt aus Aachen, eine Großmutter aus Frankfurt am Main. Mein Opa spielte 'Hoppe, hoppe Reiter' mit mir, er mochte gerne Hering - echt deutsch also. Natürlich wurde Israel unter großer Angst infolge des Holocaust-Schreckens gegründet, und man kann das am Handeln dieses Landes immer noch ablesen. Aber mein Blick geht weiter, ich sehe auch die Verbindung, die ich zu Deutschland habe. Zudem ist die deutsche Kultur beeindruckend und das Publikum einfach fantastisch. Wir spielen nirgendwo so oft wie in Deutschland. Ich witzele gerne mit den Menschen in Deutschland und sage, dass ich vermutlich in mehr deutschen Städten gewesen bin als sie. Wir kennen Deutschland ziemlich gut, selbst die Unterschiede zwischen Ost und West, Nord und Süd."
Seit einigen Monaten kennen die drei von Shalosh auch noch etwas anderes in Deutschland: die überaus renommierte Jazz-Plattenfirma ACT aus München. Der berühmte Produzent Siggi Loch hatte das Trio für ihr aktuelles Album "Onwards and Upwards" unter Vertrag genommen.
"Für die Band ist es ein großer Schritt nach vorne. Wir waren vorher ja eine Indie-Band. Es kam genau zur rechten Zeit, denn wir hatten die Reife erreicht, eine Meinung von außen zuzulassen und wir wollten nicht mehr um jeden Preis alles kontrollieren. Es war eine großartige Erfahrung. Die Mannschaft besteht aus tollen, sehr klugen Leuten, die ein umfassendes Wissen haben. Es ist ein Privileg, mit ihnen arbeiten zu dürfen."

Freiheit bewahren

Auf ein anderes Privileg wollen die Musiker auf keinen Fall verzichten: das der freien Meinungsäußerung. Das erscheint schwierig für eine Instrumentalband. Shalosh haben dennoch einen Weg gefunden.
"Wir sind definitiv politische Menschen, die beeinflusst sind von dem, was hier so los ist. Wir sind gegen die aktuelle Regierung und die Besetzungen. Und das drücken wir über die Songtitel aus. 'After The War' zum Beispiel haben wir nach einem Krieg in Israel geschrieben, eine Art Protestlied gegen die Idiotie von Kriegen. Zugleich ist es aber auch ein hoffnungsvolles Stück, es heißt ja 'Nach dem Krieg' und nicht 'Vor dem Krieg'. Wir versuchen also, mit einem positiven Ton zu enden."
Positive Töne gibt es reichlich in den Konzerten von Shalosh, und sie sind anders, als von den Platten gewohnt. Denn live nehme sich die Band die Freiheit, die Arrangements zu ändern und mit ihnen zu spielen.
"There is also a lot of freedom in concerts. In concerts we change the arrangements and play with them."

Nächste Tourtermine in Deutschland

27.09.2019 Berlin
28.09.2019 Schweinfurt
17.10.2019 Tübingen
19.10.2019 Illingen
14.11.2019 - 18.11.2019 Elmau
13.05.2020 München

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