Serie "Industry"

Wie kaputt sind Jungbanker?

07:23 Minuten
Im Still zu "Industry" starren zwei Frauen auf einen Computerbildschirm.
Die Nachwuchsbanker müssen sich erst ein halbes Jahr lang beweisen, bevor eine Londoner Investmentbank ihnen möglicherweise einen Job anbietet. © HBO Entertainment
Jörg Taszman im Gespräch mit Jana Münkel · 30.12.2020
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Work hard, play hard: In der Serie "Industry" müssen sich Uniabsolventen in der knallharten Finanzwelt beweisen. Und sie suchen nach Feierabend in Sex und Drogen ein Ventil. Unterhaltsam, aber nicht so sehenswert wie "Bad Banks", findet Jörg Taszman.
Wer versteht schon wirklich, was an den Börsen und auf Finanzmärkten geschieht? Wer wettet gegen wen, was sind Subprime-Hypotheken und Short-ETFs? Versuche dieses für die Gesellschaft so relevante Haifischbecken filmisch aufzuarbeiten gibt es viele. Nach der deutschen Serie "Bad Banks" folgt nun mit "Industry" eine britische Serie über die Londoner Hochfinanz, die ab dem 30. Dezember bei Sky Atlantic zu sehen ist.
Im Mittelpunkt der Produktion von BBC und HBO stehen einige Twentysomethings. Der Ansatz der Serie sei durchaus originell, sagt Jörg Taszman, der bereits alle acht Folgen von "Industry" gesehen hat. Uniabsolventen würden als Praktikanten – sprich billige Arbeitskräfte – eingesetzt, die sich sechs Monate lang zu bewehren haben. Erst anschließend wird entschieden, ob sie einen festen Job bei dem Unternehmen "Pierpoint" bekommen.
Im Vergleich mit "Bad Banks" und der italienisch-britischen Investmentbanking-Serie "Devils" sei "Industry" weniger politisch. "Die Macher halten sich mit direkter politischer Kritik ziemlich zurück", sagt Taszman. Die Serie sei nicht unkritisch, aber es gebe nicht unbedingt Kritik am System, sondern eher auf einer persönlichen Ebene, an einzelnen Figuren, "an Chefs oder Big Playern, die ihre Macht missbrauchen".

Sex und Drogen als Ventil

Viel wichtiger als in den anderen beiden Banker-Serien seien in "Industry" auch Sex und Drogenkonsum nach der Arbeit als Ventil, sagt Taszman. Es gebe auch viele explizite Darstellungen von Sex: ob hetero, bi- oder homosexuell.
"Und diese persönlichen Affären oder Liebesbeziehungen fand ich teilweise sogar interessanter als die Hauptgeschichte, weil das was da in der Bank spielt an Intrigen und Konflikten, fand ich doch eher überschaubar."

Kaum Sympathieträger

Die Macher hätten sich um eine gewisse Ambivalenz in der Figurenzeichnung bemüht, sagt Taszman: Je länge man schaue, desto weniger Sympathieträger gebe es. Die größtenteils unbekannten Darstellerinnen und Darsteller spielten sehr überzeugend.
Allerdings sei "Industry" mit acht Folgen doch ziemlich lang geraten für die erzählten Konflikte. Die Serie zu schauen sei wie Fast Food essen, findet Taszman: "Man hat so einen gewissen Heißhunger auf diese Serie, man schaut die auch durch. Aber so richtig nachhaltig und tiefgründig fand ich sie nicht." Sein Fazit: Das deutsche "Bad Banks" sei die sehenswertere Serie.
(jfr)
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