Sie waren ungemein wichtig und dennoch lange unbeachtet. Zum 100. Geburtstag der berühmtesten Kunstschule der Welt erinnern wir täglich an Frauen im Bauhaus: Mit der Fotografin und Bauhaus-PR-Frau Ise Gropius starten wir am Mittwoch unsere Serie.
Im Frühjahr erscheint zum Thema im Elisbeth-Sandmann-Verlag auch der Bildband "Bauhaus-Frauen" von Ulrike Müller.
Verdrängte Schöpfung
Frauen stellten die Mehrheit der Studierenden am Bauhaus, dann wurden sie in Nischen abgedrängt. Dort zeigten sie ihr Können, doch den Platz in den Geschichtsbüchern nahmen die Männer ein. Wir stellen ab heute täglich eine Bauhaus-Pionierin vor.
Im ersten Semester 1919 gab es am Bauhaus mehr weibliche als männliche Studierende. Ulrike Müller, die ein Standardwerk über Frauen im Bauhaus geschrieben hat, verknüpft diese überraschende Tatsache mit dem gesellschaftlichen Aufbruch, der die Zeit der Gründung der Weimarer Republik prägte - und mit der Tatsache, dass 37 Frauen als Abgeordnete in der Nationalversammlung saßen: "Nur ein paar Straßen weiter gibt es dann die Möglichkeit für Frauen, am Bauhaus zu studieren."
In die Weberei gedrängt
Doch aus der anfänglichen Frauenmehrheit wurde schnell eine Minderheit. Das lag nach Müllers Ansicht an thematischen und strukturellen Veränderungen der Schule und auch daran, dass Frauen davon abgehalten wurden, in bestimmten Werkstätten mitzuwirken. Von Gropius und Carl Schlemmer wisse man zum Beispiel, dass sie Frauen nicht gerne in der Architektur sahen, berichtete Müller im Deutschlandfunk Kultur.
So sei es durchaus als "große Eroberung" zu werten, dass Frauen in der Wandmalerei, einer Metallwerkstatt oder der Möbeltischlerei ihren Platz einnahmen. Aber "das Gros wurde gedrängt, in die Webereiwerkstatt zu gehen".
Patriarchale Geschichtsschreibung
In eben diesem Textilbereich schufen Frauen dann mit ihren Prototypen für die Industrie Innovationen, die wir heute als selbstverständlich erachten, von denen aber kaum jemand die Autorinnenschaft kennt.
Otti Berger, Anni Albers und Gunta Stölzl: Die Schöpferinnen sind entweder aus den Geschichtsbüchern verschwunden oder wurden erst gar nicht mit aufgenommen. Das liegt Müller zufolge daran, dass Frauen sich aufgrund ihrer Sozialisation stärker zurückstellten und weniger an einer Karriere interessiert waren. Zudem bemühten sich die Männer stärker darum, Meister zu werden und schoben so ihre Konkurrentinnen aktiv an den Rand.
Letztlich habe dann auch noch die patriarchale Geschichtsschreibung dazu beigetragen, die Bauhaus-Frauen aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verdrängen, betonte Müller.