Sendungsüberblick

Überwachung galore

George Orwells Roman »1984« galt lange als furchtbare Dystopie. Ein abschreckendes Beispiel wider den Überwachungsstaat, für Privatsphäre und Datenschutz.
George Orwells Roman »1984« galt lange als furchtbare Dystopie. Ein abschreckendes Beispiel wider den Überwachungsstaat, für Privatsphäre und Datenschutz. Der Roman von 1948 verkauft sich seit vergangener Woche wieder blendend. Vielleicht, weil die Menschen verstehen wollen, was da bitte los ist, im freien, demokratischen Amerika. Und wer weiß wo noch auf der Welt.
Vergangene Woche enthüllte der Whistleblower und ehemalige NSA-Analyst Edward Snowden einen riesigen Datenspionage-Skandal: Ein Gesetz erlaubt es der US-Regierung über ihren Geheimdienst NSA Informationen über ihre Bürger abzurufen. Und die tut das ausgiebig, unfassbare Mengen an E-Mails-,Foto-, Handy, Facebook-, VoIP-Daten und vieles mehr wurden in den letzten sechs Jahren automatisch getrackt (siehe die Zusammenfassung des Guardian). Die großen Internet-Dienstleister wie Google, Facebook, Yahoo, Microsoft, Apple, Skype, Youtube und AOL kooperieren - auch wenn sie wie Facebooks Mark Zuckerberg alles abstreiten.
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Und was machen die Medien? Stürzen sich auf die kinoreife Story des furchtlosen Helden im Kampf gegen das System - Edward Snowden wird mittlerweile in einem Atemzug mit Julian Assange genannt, dessen schillernde Person immer noch die Idee Wikileaks in den Hintergrund drängt - und vergessen darüber zuweilen den eigentlichen Skandal: Hier überwacht ein Staat klammheimlich seine Bürger! Und zwar einer der sich rühmt, kein Schurkenstaat zu sein.
Wie konnte es so weit kommen? Und wie massiv sind unsere täglichen Begleiter Google, Facebook und Co an dem Skandal beteiligt? Darüber sprechen wir mit Frank Rieger vom Chaos Computer Club, der schon 2005 prophezeite: Den Krieg gegen die Überwachung durch den Staat und private Firmen haben wir verloren.
Eine Frage bleibt: Was kann man dagegen tun? Vorsichtig mit den eigenen Daten umgehen, etwa indem man Alternativen zu proprietärer Software nutzt - und zum Beispiel in Aktion treten! Wer jetzt Teil einer Whistleblower-Bewegung werden will, der erfährt im anschließenden Gespräch mit Guido Strack, dem Gründungsvorsitzendem vom Whistleblower Netzwerk, wie das geht - und warum es überhaupt einen Verein für Whistleblower geben muss.
Was sagen die anderen dazu? Die Medien und Meinungen zum Thema PRISM stellt Kollegin Silke Hahne zusammen.
Und noch etwas würde uns interessieren: Wie sieht es denn mit der Datenschnüffelei in Europa aus? Was ist aus dem Forschungsprojekt zu automatisierten Überwachungssystemen, Indect, geworden? Darüber sprechen wir mit dem Journalisten Peter Welchering.
Zu guter Letzt: Wenn diese abgefahrenen Paranoia-Szenarien von George Orwell und Frank Rieger tatsächlich wahr geworden sind (oder auf dem schlimmsten Weg dahin) - was ist dann noch alles möglich? Laf Überland blinzelt verstört in die Zukunft.
Durch die Sendung leitet Marcus Richter, an seiner Seite, nur durch eine dünne Scheibe getrennt, die Redakteurin Christine Watty.
Die Netzmusik kuratiert Vivian Perkovic, das Netz betreut Julia Eikmann.

Foto: cc by-nc-sa 2.0 flickr/walt74