Sehnsucht nach weißen Flecken auf der Landkarte

Moderation: Dorothea Westphal · 18.10.2006
Der österreichische Schriftsteller wurde mit seinem Roman "Die letzte Welt" über die Verbannung Ovids ans Schwarze Meer international bekannt. Inzwischen ist der 52-jährige passionierte Bergwanderer viel gereist – unter anderem in Begleitung von Bergsteiger Reinhold Messner.
Messner hatte dem Schriftsteller nach dessen Debüt angeboten, dass er ihn auf einer Expedition begleiten könne. Seit 20 Jahren unternehmen die beiden nun Touren miteinander. Aus diesem Stoff entstand Ransmayrs neues Buch.

Im Zentrum des Romans "Der fliegende Berg" stehen zwei irische Brüder, die sich aufmachen, um einen Berg zu besteigen, den es auf keiner Landkarte gibt. Er soll in Osttibet liegen und höher sein als der Mount Everest. Sie suchen den sagenhaften Berg, den die Bewohner der Region den fliegenden Berg nennen. Ransmayr erzählt eine Geschichte, die optimistisch beginnt und nach einem Wettersturz in einer Tragödie endet.

Deutschlandradio Kultur sprach mit Christoph Ransmayr über sein neues Buch "Der fliegende Berg". Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch:

Westphal: Was treibt die beiden Brüder an – die Sehnsucht, einen Ort zu betreten, an dem noch kein Mensch war?

Ransmayr: Solche Orte gibt es natürlich nach wie vor. Aber nun liegt ja die Welt geradezu auf einem Millimeterpapier vor uns. Also die Sehnsucht nach tatsächlichen weißen Flecken, die früher von so genannten Entdeckern befriedigt wurde, die wird jetzt irgendwann hinfällig. (…) Beide Brüder, die mit der Welt der Computer, der Satelliten und Lasertechnik mehr als vertraut sind, wissen, dass es keinen unentdeckten Ort mehr geben kann. Aber selbst wenn die Welt bis auf die Fingerbreiten vermessen ist, bleibt immer noch die Frage: Wo bin ich? Wo schreibe ich mich ein in dieser Welt?

(…)

Westphal: Diese Berggeschichte ist eine Brudergeschichte. Man muss unwillkürlich an die Tragödie 1970 am Nanga Parbat denken, als Reinhold Messners Bruder Günther umkam. Hat Ihre Geschichte damit etwas zu tun?

Ransmayr: Wir haben auf unseren gemeinsamen Reisen, die nicht nur durch Berge, sondern auch die großen Ströme entlang führte wie den Mekong oder im Jemen oder in Brasilien immer wieder auch über diese Geschichte gesprochen. Und ich selbst führe ein Leben mit zwei Brüdern. Und diese Brudergeschichten begleiten mich mein ganzes Leben.

Sie können das vollständige Gespräch für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
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