Schwedische Akademie in der Krise

Der König soll es richten

Sitzung der Schwedischen Akademie im Jahr 2011. Dabei wurde das neue Mitglied Professor Tomas Riad vom damaligen ständigen Sekretär Peter Eglund eingeführt.
Die Tafelrunde der Mitglieder der Schwedischen Akademie - 2011, als noch alles in bester Ordnung zu sein schien. © picture alliance / dpa / Henrik Montgomery
Von Carsten Schmiester · 13.04.2018
Die Schwedische Akademie ist derzeit nicht zu beneiden: Dem Gremium, das über die Vergabe des Literaturnobelpreises entscheidet, kommen die Mitglieder abhanden. Einige distanzierten sich wegen diverser Skandale der Akademie von ihrer Mitarbeit. Jetzt soll der König er erlösendes Machtwort sprechen.
Zwei weitere Rücktritte - und am Morgen danach Katerstimmung bei der Schwedischen Akademie, die gerade die schwerste Krise seit ihrer Gründung 1786 erlebt und ums Überleben kämpfen muss. Nach einem vertraulichen Treffen der verbliebenen aktiven Mitglieder gestern Abend in Stockholms historischer Altstadt gab die bisherige und erste weibliche Vorsitzende des Gremiums, die Literaturwissenschaftlerin Sara Danius, das wichtigste Ergebnis bekannt:
"Ich verlasse den Posten der Ständigen Sekretärin. So hat es die Akademie gewollt. Der Beschluss bedeutet für mich auch, dass ich mit sofortiger Wirkung meinen Stuhl verlasse, Stuhl Nummer Sieben. Und wie fühlt sich das an? Ganz gut!"

Wieder ein Stuhl vakant

Die Akademiemitglieder sind in Schweden allesamt Berühmtheiten, gelten als Kulturbotschafter des Landes. Ihr Gremium wurde bisher als eine Art Geheimbund der Erleuchteten verehrt. "Die Achtzehn", oft werden sie nur mit der Nummer der von ihnen nach bisherigen Statuten auf Lebenszeit besetzten Stühle bezeichnet. Neben Danius‘ Stuhl Nummer Sieben, ist seit gestern auch die Nummer 18 vakant.
Die Lyrikern Katarina Frostenson war ebenfalls zur Aufgabe gedrängt worden. Ihr Mann steht im Zentrum der Krise: Er soll 18 Frauen aus dem Umfeld der Akademie sexuell belästigt, sieben Mal jeweils noch geheime Namen von künftigen Trägern des Literaturnobelpreises ausgeplaudert und für einen von ihm betriebenen Kulturklub Gelder der Akademie angenommen haben. Ein Versuch, Frostenson per Abstimmung aus der Akademie auszuschließen, war gescheitert. Auch an Ex-Akademiechef Horace Engdahl, der im Radio vom großen Krach gestern berichtete:
"Wir hatten eine sehr tiefgehende Diskussion über die Tatsache, dass die Mehrheit der Akademie ein schwerwiegenes Problem mit der Führung hatte. Das hat zu einem derart tiefen Riss geführt, dass es einfach unmöglich war, so weiterzumachen. Ein radikaler Schnitt war nötig, damit es einen Neubeginn geben kann."

Wie kann der Neubeginn aussehen?

Nur, wie könnte dieser Neubeginn aussehen? Weil vor Danius und Frostenson bereits drei Mitglieder im aktuellen Streit ihre Mitarbeit für beendet erklärt und zwei weitere sich zuvor aus anderen Gründen zurückgezogen hatten, sind von den 18 Akademiemitgliedern derzeit nur elf aktiv. Zu wenig für die Wahl neuer Mitglieder und wohl auch für die Vergabe des Literaturnobelpreises. Die Institution ist dabei, sich selbst zu zerstören, der Ruf ist bereits ruiniert. Heute trifft sich der kommissarische Leiter der Akademie, Anders Olsson, mit dem König.
"Wir arbeiten jetzt am Übergang zu einer neuen Akademie und müssen versuchen, sie wieder aufzubauen. Wir tun das in einer enorm kritischen Lage."
Ein Machtwort des Königs, des Schirmherren der Akademie, würde sicher helfen. Carl-Gustav hat bereits erklärt, dass er bereit ist, die Statuten zu ändern, um inaktiven Mitgliedern vor ihrem Tod den Ausstieg zu ermöglichen. Nur so könnten neue Mitglieder gewählt und damit auch ein Neubeginn möglich werden. Sollte das nicht passieren, will Olsson versuchen, möglichst viele der "Aussteiger" zur Rückkehr zu überreden, auch Sara Danius. Das klingt eher verzweifelt, denn dafür dürfte inzwischen zu viel Porzellan zerschlagen worden sein.
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