Schulschließungen

"Kein Schüler will Überträger sein"

07:44 Minuten
Schüler nehmen in der Aula vom Gymnasium Mellendorf in der Region Hannover an der Abiturzulassung teil.
Der Landesschülersprecher aus dem Saarland fordert Unterstützung: durch Förderprogramme, Lernbrücken und qualifizierte Fachkräfte. © picture alliance / Moritz Frankenberg
Oliver Neuroth und Lennart Seimetz im Gespräch mit Axel Rahmlow · 19.04.2021
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Die Schwellen für Wechsel- und Distanzunterricht werden gesenkt. Der saarländische Landesschülersprecher hält Schulschließungen bei hohen Inzidenzen für notwendig. Es seien aber längst nicht alle Mittel ausgeschöpft, um sicher in der Schule zu lernen.
Die Koalitionsfraktionen haben sich auf zahlreiche Änderungen an der geplanten bundeseinheitlichen Corona-Notbremse verständigt. Die vielfach als zu hoch kritisierte Schwelle für das Ende des Präsenzunterrichts in Schulen wird dem Änderungsantrag zufolge herabgesetzt. Statt erst bei einer Inzidenz von 200 soll es bereits ab dem Wert von 165 nur noch Distanzunterricht geben. Schon ab einer Inzidenz von 100 soll Wechselunterricht vorgeschrieben werden.
Ein Blick nach Madrid: Hier sind die Schulen tatsächlich ohne Pause seit September offen, berichtet Korrespondent Oliver Neuroth. Eine Rolle dabei dürfte spielen, dass man den harten Lockdown vom vergangenen Frühjahr nicht wiederholen möchte. "Auch Kinder durften nicht aus den Wohnungen raus. Online-Unterricht war das Schlagwort, und das eben über viele, viele, viele Wochen. Das hat den Kindern nicht gerade gutgetan, so lange weggesperrt zu sein. Das hat Traumata bei vielen ausgelöst, sagen Mediziner. Und Eltern waren natürlich auch sehr gefordert", sagt Neuroth.

Schulschließungen als letztes Mittel

Lennart Seimetz geht in die elfte Klasse eines Gymnasiums in Saarbrücken, ist Landesschülersprecher im Saarland und Mitglied der Bundesschülerkonferenz. Ihm bereitet ein solcher Schulalltag wie in Madrid in Corona-Zeiten eher Bauchschmerzen. "Letztendlich will kein Schüler Überträger sein und Familienmitglieder anstecken, die dann tatsächlich stark erkranken. Von daher weiß ich nicht, wo das hinführt", sagt er.
Schulschließungen sollten grundsätzlich immer das letzte Mittel sein. "Aber der Einsatz vom Wechselunterricht, die Nutzung von leer stehenden Räumlichkeiten in den Gemeinden, der Ausbau von Luftfilteranlagen, die Testmöglichkeiten vor Ort – all das sind eben Dinge, die ja einen Unterricht möglichst sicher gestalten können." Diese Maßnahmen solle man auf jeden Fall erst mal ausschöpfen. "Aber wenn wir eben bei einer Inzidenzzahl sind, wo wir sagen, da wird es jetzt schwer nachzusteuern, da wird es schwer nachzuverfolgen. Dann muss eben im letzten Fall so ein Schritt gegangen werden."
Seimetz sieht allerdings großen Verbesserungsbedarf. "Wir haben teilweise einen ähnlichen Stand an den Schulen bei Unterrichts- und Hygienekonzepten wie März 2020. Und das kann einfach nicht sein."

Keiner soll "vom Tellerrand" fallen

Zudem gelte es, Schülerinnen und Schüler aufzufangen und keine Lücken im Unterrichtsstoff entstehen zu lassen. Es müsse geschaut werden, wie durch Förderprogramme, Lernbrücken und qualifizierte Fachkräfte nachgesteuert werden könne.
"Da geht es darum, das Ausmaß der Lehrpläne anzupassen. Es geht um innere und außerschulische Nachhilfeangebote wie zum Beispiel freiwillige Angebote einer Sommerschule. Wir im Saarland arbeiten zum Beispiel auch mit den Hochschulen zusammen, die während der Ferienzeit Nachhilfeangebote geben. Und das ist ganz wichtig, damit hier quasi keiner vom Tellerrand fällt."
(cwu)
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